Άμφικτύονες (fr. 4)
89
diesem Rahmen ist κομψός bestenfalls als ambivalentes Kompliment aufzufas-
sen.92 Eine doppelte Beschimpfung des Publikums - wonach die ,Gewitztheit“
der Zuschauer nicht unbedingt besser davonkäme als ihre ,Naivität“ - läßt
sich in einem parabatischen Kontext unschwer vertreten. In Anbetracht der
Gegenüberstellung von κομψός / φαύλος, wozu φαυλίων μήλων (v. 2) nichts
mehr als eine wortspielerische Erweiterung ist, erscheint ein Insistieren auf
den Vergleich mit Äpfeln/Quitten für die Charakterisierung der Zuschauer
überflüssig (dies suggeriert hingegen Kock 1211: „non pravitatem spectatorum,
sed pinguem quasi simplicitatem reprehendit, quia nimirum praemio alium
poetam ornaverant“; vgl. Farioli 2001, 87 A. 147): natürlich wird die Einfalt und
nicht die pravitas der Zuschauer gebrandmarkt, doch dazu reichte das Wort
φαύλος hin. Ob die topische Dichotomie städtisch/ländlich daher auch hier
spürbar sei und die ländliche Note von der Präsenz der Früchte, die raffinierte
Urbanität von der κομψότης herrühre, bleibe dahingestellt.
Hier liegen Daktyloepitriten vor, wobei mit -λων in v. 2 vermutlich
eine weitere d-Sequenz beginnt (für da-ep in parabatischen Kontexten vgl.
Pirrotta 2009, 210 zu Plat. fr. 96 [Xantai e Kerköpes] [d - e - d], angeführt vom
Zitatträger Hephaistion als einziges stichisches Beispiel für ein Platonicum).
Die Verwendung von Daktyloepitriten in der Komödie ist keine Seltenheit
(dieses wäre das einzige Beispiel in einem Kommation): Ar. Equ. 1265-73
(Oden der zweiten Parabase), Nub. 457-75 (Amoibaion in der Tradition der
Enkomien), Vesp. 275a-8. 284-8b, Pac. 775-817 (Oden aus der Parabase; fast
ganz daktyloepitritisch), Av. 454. 542. 950. 1337-8, Lys. 1251, Ran. 218-9b. 676.
680. 707. 710-1. 1344, Eccl. 571-80, fr. 716 (vgl. Zimmermann 19852,1 99. 186;
zu den da-ep als Mittel der Parodie lyrischer oder tragischer Dichtung - etwa
in Ar. Vesp. 273-89, Pac. 775, Av. 1337, - vgl. bereits Spiro 1888, 257, der allzu
leichthin daraus schließt, es habe dies gleichfalls für kontextlose Fragmente zu
gelten: von den Fragmenten, die er zu diesem Zweck zitiert, scheidet Cratin.
fr. 30 [Deliades] [archil] aus; es bleiben Pher. fr. 2 [Agathoi] und Telekleides’
Fragment).
1 κομψοί Das Adj. ist sophistisch gefärbt (wie sich zeigen wird) und
somit nur beschränkt als eindeutig positives Kompliment zu rezipieren. Bevor
die κομψότης in die Terminologie der Literaturkritik einging, und zwar auf
dem Gebiet des ισχνός χαρακτήρ (Demetr. De eloc. 36; Dion. Hal. Dem. 38),
92 An eine grundsätzliche Ehrlichkeit in den Lobesworten für die Athener glaubt
hingegen Bergk 1838, 10: „id possis probabiliter in malam partem accipere, ut
sit iudex pravus et improbus: at vero praestat haec in laudem et praeconium
convertere. Athenienses enim, quamquam summa erant levitate, at erant tarnen
magno ingenii acumine, erant incorrupto et eleganti iudicio“.
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diesem Rahmen ist κομψός bestenfalls als ambivalentes Kompliment aufzufas-
sen.92 Eine doppelte Beschimpfung des Publikums - wonach die ,Gewitztheit“
der Zuschauer nicht unbedingt besser davonkäme als ihre ,Naivität“ - läßt
sich in einem parabatischen Kontext unschwer vertreten. In Anbetracht der
Gegenüberstellung von κομψός / φαύλος, wozu φαυλίων μήλων (v. 2) nichts
mehr als eine wortspielerische Erweiterung ist, erscheint ein Insistieren auf
den Vergleich mit Äpfeln/Quitten für die Charakterisierung der Zuschauer
überflüssig (dies suggeriert hingegen Kock 1211: „non pravitatem spectatorum,
sed pinguem quasi simplicitatem reprehendit, quia nimirum praemio alium
poetam ornaverant“; vgl. Farioli 2001, 87 A. 147): natürlich wird die Einfalt und
nicht die pravitas der Zuschauer gebrandmarkt, doch dazu reichte das Wort
φαύλος hin. Ob die topische Dichotomie städtisch/ländlich daher auch hier
spürbar sei und die ländliche Note von der Präsenz der Früchte, die raffinierte
Urbanität von der κομψότης herrühre, bleibe dahingestellt.
Hier liegen Daktyloepitriten vor, wobei mit -λων in v. 2 vermutlich
eine weitere d-Sequenz beginnt (für da-ep in parabatischen Kontexten vgl.
Pirrotta 2009, 210 zu Plat. fr. 96 [Xantai e Kerköpes] [d - e - d], angeführt vom
Zitatträger Hephaistion als einziges stichisches Beispiel für ein Platonicum).
Die Verwendung von Daktyloepitriten in der Komödie ist keine Seltenheit
(dieses wäre das einzige Beispiel in einem Kommation): Ar. Equ. 1265-73
(Oden der zweiten Parabase), Nub. 457-75 (Amoibaion in der Tradition der
Enkomien), Vesp. 275a-8. 284-8b, Pac. 775-817 (Oden aus der Parabase; fast
ganz daktyloepitritisch), Av. 454. 542. 950. 1337-8, Lys. 1251, Ran. 218-9b. 676.
680. 707. 710-1. 1344, Eccl. 571-80, fr. 716 (vgl. Zimmermann 19852,1 99. 186;
zu den da-ep als Mittel der Parodie lyrischer oder tragischer Dichtung - etwa
in Ar. Vesp. 273-89, Pac. 775, Av. 1337, - vgl. bereits Spiro 1888, 257, der allzu
leichthin daraus schließt, es habe dies gleichfalls für kontextlose Fragmente zu
gelten: von den Fragmenten, die er zu diesem Zweck zitiert, scheidet Cratin.
fr. 30 [Deliades] [archil] aus; es bleiben Pher. fr. 2 [Agathoi] und Telekleides’
Fragment).
1 κομψοί Das Adj. ist sophistisch gefärbt (wie sich zeigen wird) und
somit nur beschränkt als eindeutig positives Kompliment zu rezipieren. Bevor
die κομψότης in die Terminologie der Literaturkritik einging, und zwar auf
dem Gebiet des ισχνός χαρακτήρ (Demetr. De eloc. 36; Dion. Hal. Dem. 38),
92 An eine grundsätzliche Ehrlichkeit in den Lobesworten für die Athener glaubt
hingegen Bergk 1838, 10: „id possis probabiliter in malam partem accipere, ut
sit iudex pravus et improbus: at vero praestat haec in laudem et praeconium
convertere. Athenienses enim, quamquam summa erant levitate, at erant tarnen
magno ingenii acumine, erant incorrupto et eleganti iudicio“.