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Άμφικτύονες (fr. 7)

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Diopeithes in Philetaer. fr. 9,2 [Kynagzs], 4. Jh. v.Chr., mit ihm zu identifi-
zieren sein: vgl. Papachrysostomou 2008, 230-1; zu Diopeithes als Mantis
vgl. auch Kett 1966, 33-4, der ihn mit dem Antragsteller in einem attischen
Volksbeschluß über Methone aus dem J. 428/7 bzw. 426/5 v.Chr. in SIG3 75
Δ[ιοπεί]θης είπε ... [PA 4308; PAA 363095] identifizieren möchte).100 Auf
ihn ist das Dekret zurückzuführen, das wohl kurz vor dem Ausbruch des
Peloponnesischen Krieges Religionsdelikte mit einem Verfahren (eisangelid)
strafrechtlich verfolgen ließ. Dies wird von unserer Quelle mit dem Vorgehen
gegen den Naturphilosophen Anaxagoras in Zusammenhang gebracht und
gestaltete sich in der Tat als eine politische Attacke gegen Perikies, da
Anaxagoras zu dessen Kreis zählte.101 Mit dieser vermeintlich antiperikleischen
Einstellung ließe sich auch die Information in Einklang bringen, Diopeithes
sei ein hetairos des Nikias gewesen (schol. Ar. Equ. 1085). In Ar. Equ. 1084-5
(τήν Κυλλήνην γάρ ό Φοίβος / εις τήν χειρ’ όρθώς ήνίξατο τήν Διοπείθους)
ist die Orakel-Verspottung mit einem Wortspiel über die Deformität seiner
Hand (Κυλλήνη ~ κυλλή) kombiniert. In Ar. Vesp. 380 (δήσας σαυτόν καί τήν
ψυχήν έμπλησάμενος Διοπείθους) bewirkt sein sprechender Name ein etymo-
logisierendes Wortspiel (Διο-πείθης ,Zeus-Gläubiger“): so wird Philokleon
beim Versuch, aus seinem Haus zu fliehen, vom Chor dazu ermuntert, sein
Herz dem Götterglauben anzuvertrauen.102 In Ar. Av. 988, in dessen Scholion
das Telekleides-Fragment überliefert ist, erscheint er, mit dem Epitheton ,der
Große“ jungiert, neben einem weiteren Orakeldeuter der Zeit, Lampon (zu
diesem vgl. Dunbar 1995, zu Ar. Av. 521). In dem bei Telekleides’ Zitatträger
anschließend angeführten Phryn. fr. 9 [Kronos] (άνήρ χορεύει καί τα τού θεού
καλά. / βούλει Δίοπείθη μεταδράμω καί τύμπανα;)103 sind τα τού θεού καλά

100 Wilamowitz 1931, 221 hielt ihn für jemandem, der „von der Leichtgläubigkeit des
Publikums lebte“, Connor 1963 für einen politischen Opportunisten, der sich das
Vertrauen des abergläubischen Nikias erschlichen hatte (über die in schol. Ar. Equ.
1085 bezeugte politische Freundschaft mit Nikias vgl. Farioli 2001, 88-90).
101 Plut. Per. 32,2: das psephisma des Diopeithes sehe die eisangelia vor für diejenigen,
die nicht an die Götter glaubten bzw. Lehren über Himmelserscheinungen ver-
breiteten, und zwar mit dem Zweck, Perikies durch die Verdächtigung des Anaxa-
goras anzugreifen (vgl. Derenne 1930, 19-24); skeptisch gegenüber diesem Dekret
ist Dover 1976, 39-40 (= 1988, 146-7); vgl. auch Mattingly 1976, 40.
102 Vgl. Kanavou 2011, 88; Bergk 1838, 171 glaubte, daß auch die vv. 374-9 auf
Diopeithes zu beziehen seien, und tatsächlich paßte der Hinweis auf die των θεών
ψηφίσματα zum von Diopeithes erlassenen Dekret bestens.
103 Eine Dependenz von v. 1 wird seit Lobeck 1829, 980-1 im lat. Sprichwort salva res
est, saltat seriex (Otto 1898, s.v. senex 4) zu Unrecht erkannt: 1) diese Redensart ist
in der griechischen Kultur nicht bezeugt, 2) das lateinische dictum wurzelt in der
 
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