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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2003
DOI chapter:
Wissenschaftliche Sitzungen
DOI chapter:
Sitzung der Phil.-hist. Klasse am 9. Mai 2003
DOI article:
Franz, Wolfgang: Arbeitslosigkeit: Was wir wissen und was wir nicht wissen
DOI chapter:
Gesamtsitzung am 10. Mai 2003
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https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0053
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10. Mai 2003

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te ein Naturwissenschaftler den Effekt eines Einflussfaktors identifizieren, macht er
ein Experiment, in dem er nur diese eine Variable verändert. Diese Möglichkeit
besteht in der Volkswirtschaftslehre auf gesamtwirtschaftlicher Ebene nicht. Mithin
kann die hypothetische Situation ohne eine bestimmte Inflexibilität nicht näher
bestimmt werden, es sei denn, diese Inflexibilität hätte sich in der nicht zu fernen
Vergangenheit signifikant geändert. Dann kann man versuchen, ihren seinerzeitigen
Effekt zu quantifizieren.
Diese missliche Situation bedeutet weit mehr als ein methodisches Problem,
welches für die wirtschaftspolitische Diskussion eine lediglich nachrangige Bedeu-
tung besitzt.Vielmehr drohen wichtige Reformprojekte daran zu scheitern, weil die
Reformgegner auf einem „hieb- und stichfesten Beweis“ bestehen, dass die em oder
andere Inflexibilität eine maßgebliche Verantwortung für die Höhe der hiesigen
Arbeitslosigkeit besitzt. Ohnehin kann es lediglich darum gehen, eine Hypothese
entweder nicht verwerfen oder sie verwerfen zu können, nicht aber um einen
„Beweis“ für ihre Richtigkeit. Das macht die Position der Reformbefürworter
schwer, so dass einige von ihnen verständlicherweise manchmal gleichwohl der Ver-
suchung erliegen, so zu tun, als besäßen sie einen „Beweis“.
Auch wenn das „Nicht-verwerfen-können“ anstelle des nicht erbringbaren
Beweises akzeptiert wird, bereitet selbst dieses häufig große und fast unüberwindba-
re Schwierigkeiten. Es gilt, nur auf Grund von Beobachtungen der Realität aus einer
Vielzahl von potentiellen Einflussfaktoren diejenigen herauszudestillieren, die für die
Höhe und Entwicklung der hiesigen Arbeitslosigkeit verantwortlich sind. Dies macht
es so schwer, wissenschaftlich verantwortbare Aussagen über die Ursachen der
Arbeitslosigkeit zu machen. Es erklärt zudem, warum in Ermangelung stichhaltiger
Nachweise konkurrierende Anschauungen über die „wahren“ Gründe der Arbeits-
losigkeit existieren und der Streit darüber wissenschaftlich kaum entschieden werden
kann. Und es verdeutlicht schließlich, warum Verbandsfunktionäre und Lobbyisten
mitunter em leichtes Spiel haben, ihre Interessen und Werturteile unter dem Deck-
mantel der wissenschaftlichen Analyse unters Volk zu bringen.

Gesamtsitzung am 10. Mai 2003
GESCHÄFTSSITZUNG
Zu ordentlichen Mitgliedern der Akademie (Philosophisch-historische Klasse) wer-
den gewählt: Herr Klaus Fiedler (Psychologie, Heidelberg), Herr Fritz Peter Knapp
(Altere deutsche Philologie, Heidelberg), Herr Rolf Stürner (Rechtswissenschaft,
Freiburg), Herr Stefan Weinfurter (Mittelalterliche Geschichte, Heidelberg).
Herr Eike Wolgast wird als Vertreter der Akademie in der wissenschaftlichen Kom-
mission beim Präsidium der Union bestätigt.
Die Herren Hermann Hahn, Volker Mosbrugger, Ekkehard Ramm und Manfred
Schmidt halten ihre Antrittsreden.
 
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