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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2003
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 12. Juli 2003
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Akademiepreis
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Emich, Birgit: Territoriale Integration in der frühen Neuzeit - Ferrara und der Kirchenstaat
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https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0069
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12. Juli 2003 | 81

AKÄDEMIEPREiS
Der Präsident verleiht den Akademiepreis 2003 an Frau PD Dr. Birgit Emich für ihre
Arbeit „Territoriale Integration in der frühen Neuzeit — Ferrara und der Kir-
chenstaat“.
Frau Emich stellt ihre Arbeit vor.
Um das Jahr 1500 hatte Europa über 500 mehr oder weniger unabhängige politische
Einheiten zu bieten. Bis zum Jahr 1900 sind davon nur 25 übriggeblieben. Der Rest,
immerhin einige hundert Gebiete, wurde von den Siegern in diesem staatlichen Ver-
drängungswettbewerb „geschluckt“: zunächst durch Ehe, Erbe oder Eroberung in
Besitz genommen, danach in die Strukturen des bestehenden Herrschaftssystems
integriert. Aber wie das Zusammenwachsen bislang unabhängiger Territorien zu
einer neuen politischen Einheit funktionierte, ist gerade für die Frühe Neuzeit (ca.
1500-1800) nicht hinreichend erforscht. Schuld daran sind zwei methodische Pro-
bleme: Die wichtigsten Instrumente der Integration - die Institutionen des Staates,
die Beteiligung der lokalen Eliten an den wirtschaftlichen Gewinnen des Systems,
die klienteläre Verflechtung zwischen Zentrum und Peripherie - werden meist als
exklusive Erklärungsansätze präsentiert und gegeneinander ausgespielt statt nach
ihren Wechselwirkungen befragt. Dagegen findet die mentale Integration der neuen
Untertanen, der Aspekt der Loyalitäten und Gegenidentitäten, kaum Berücksichti-
gung. Beides zugleich läßt sich nur mit einem integrierten Untersuchungsmodell
territorialer Integration beheben. Zum einen muß man nicht nur eines, sondern alle
drei diskutierten Instrumente der Integration untersuchen und nach ihrem je eige-
nen Integrationspotential befragen: die Institutionen und ihre Arbeitsweise, die öko-
nomischen Strukturen und ihre Nutznießer sowie das ureigene Thema der Netz-
werkanalyse, die Personalpolitik. Zum anderen ist auf allen drei Feldern stets nach
dem zu forschen, was Institutionen, Strukturen und Individuen verbindet: nach den
Werten, die das politische Handeln der einzelnen regulieren, nach den Bezugspunk-
ten, denen Behörden wie Individuen folgen, kurz: nach der politischen Kultur. Gete-
stet wurde das Untersuchungsmodell am Beispiel des Kirchenstaats und seiner 1598
an die Päpste gefallenen Provinz Ferrara. Wie also integrierten die Pontifices die
Region in der Poebene und vor allem deren gleichnamige Hauptstadt in ihren Staat?
Zum ersten Untersuchungsfeld, zur ersten Frage: Funktionierte die Integrati-
on Ferraras durch Institutionen? Wenn man hinter dieser Formel einen starken Staat
und eine schwache Provinz vermutet, ist die Antwort em klares Nein. Die Verfassung
der Stadt glich einer Aufforderung, die Anliegen Ferraras selbstbewußt zu vertreten:
Nicht nur, weil sich die alte Elite als neue politische Klasse in einem mächtigen
Stadtrat wiederfand, sondern auch und vor allem, weil der Provinz das erstaunliche
Privileg gewährt wurde, einen eigenen Botschafter in der Zentrale zu unterhalten.
Hinzu kam eine Reihe von Institutionen, die zum Kristallisationspunkt patriotischen
Stolzes zu werden versprachen. So erhielt die Stadt em oberstes Zivilgericht, was tra-
ditionell als Symbol kommunaler Autonomie galt. Und die örtliche Universität
wurde den ersten des Landes gleichgestellt. An einem mangelte es den Ferraresen
 
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