4. Juli 2009
45
ANSPRACHE VON
HERRN MINISTER PROF. DR. PETER FRANKENBERG
Sehr geehrter Herr Akademie-Präsident,
sehr geehrter Graf Kielmansegg,
sehr geehrte Herren Rektoren,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Präsident der Union der deutschen Akademien,
sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren Akademie-Präsidenten,
sehr geehrter Herr Landesbischof,
sehr geehrte Damen und Herren Bundes- und Landtagsabgeordnete,
sehr geehrter Prinz Ludwig von Baden,
sehr geehrte Vertreter des Bundes und der GemeinsamenWissenschaftskonferenz,
sehr geehrter Herr Lanz,
sehr geehrte Jubiläumsgäste,
geboren im Jahr 1909 — hundertstes Wiegenfest im Jahr 2009. Für einen Menschen ein
selten erreichtes, stolzes Alter. Gilt das auch für eine Akademie der Wissenschaften?
Meine Antwort ist ein dezidiertes: Jein. Nein und Ja. Warum Nein? Wenn wir
auf die lange Geschichte des Akademiegedankens blicken, können wir nicht von
einem stolzen Alter sprechen. Platons Akademie bestand, je nach Forschungsansatz,
von 385 v. Chr. bis 529 n. Chr. Auch die neuzeitlichen Gründungen können bereits
auf eine lange Tradition zurückblicken, so etwa die Academie francaise, gegründet
1635, oder die 1652 ins Leben gerufene Deutsche Akademie der Naturforscher Leo-
poldina, unsere heutige Nationalakademie, oder die Akademie in Berlin, gegründet
1700, oder jene in Göttingen, gegründet 1751.
Oder denken wir an die im Jahr 1759 in München gegründete Bayerische
Akademie, die ja in einem gewissen Zusammenhang mit der Geschichte der HAW
steht. Immerhin könnten wir in diesem Jahr den 246. Geburtstag feiern, wenn nicht
der pfälzische Kurfürst Karl Theodor, der 1763 die Akademie in Mannheim gegrün-
det hatte, 1777 den bayerischen Thron geerbt und 1778 seinen Hof nach München
verlegt hätte. Trotz solch hervorragender Mitglieder, wie etwa Johann Jakob Hem-
mer, Vorreiter der wissenschaftlich forschenden Meteorologie und Vollender des
Blitzableiters, welkte die einst blühende Akademie in den folgenden Jahren dahin.
1802 wurden ihre Sammlungen und ihr Vermögen nach München überführt und
der Bayerischen Akademie überlassen. Somit können wir in Bezug auf die 1909
gegründete Akademie in Heidelberg nicht von einer „echten Kontinuität“ sprechen,
worauf Herr Prof. Eike Wolgast bei seinem Vortrag über die HAW im April dieses
Jahres zu Recht hingewiesen hat. So feiert man in München das 250. Jubiläum und
in Heidelberg erst das hundertste.
Tröstlich immerhin, dass es der HAW somit erspart blieb, als „Vieille Dame“
bespöttelt zu werden, wie es einst der Academie francaise widerfuhr. Im übrigen
wäre es für Akademiemitglieder auch nicht erstrebenswert gewesen, sich von ihrem
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ANSPRACHE VON
HERRN MINISTER PROF. DR. PETER FRANKENBERG
Sehr geehrter Herr Akademie-Präsident,
sehr geehrter Graf Kielmansegg,
sehr geehrte Herren Rektoren,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Präsident der Union der deutschen Akademien,
sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren Akademie-Präsidenten,
sehr geehrter Herr Landesbischof,
sehr geehrte Damen und Herren Bundes- und Landtagsabgeordnete,
sehr geehrter Prinz Ludwig von Baden,
sehr geehrte Vertreter des Bundes und der GemeinsamenWissenschaftskonferenz,
sehr geehrter Herr Lanz,
sehr geehrte Jubiläumsgäste,
geboren im Jahr 1909 — hundertstes Wiegenfest im Jahr 2009. Für einen Menschen ein
selten erreichtes, stolzes Alter. Gilt das auch für eine Akademie der Wissenschaften?
Meine Antwort ist ein dezidiertes: Jein. Nein und Ja. Warum Nein? Wenn wir
auf die lange Geschichte des Akademiegedankens blicken, können wir nicht von
einem stolzen Alter sprechen. Platons Akademie bestand, je nach Forschungsansatz,
von 385 v. Chr. bis 529 n. Chr. Auch die neuzeitlichen Gründungen können bereits
auf eine lange Tradition zurückblicken, so etwa die Academie francaise, gegründet
1635, oder die 1652 ins Leben gerufene Deutsche Akademie der Naturforscher Leo-
poldina, unsere heutige Nationalakademie, oder die Akademie in Berlin, gegründet
1700, oder jene in Göttingen, gegründet 1751.
Oder denken wir an die im Jahr 1759 in München gegründete Bayerische
Akademie, die ja in einem gewissen Zusammenhang mit der Geschichte der HAW
steht. Immerhin könnten wir in diesem Jahr den 246. Geburtstag feiern, wenn nicht
der pfälzische Kurfürst Karl Theodor, der 1763 die Akademie in Mannheim gegrün-
det hatte, 1777 den bayerischen Thron geerbt und 1778 seinen Hof nach München
verlegt hätte. Trotz solch hervorragender Mitglieder, wie etwa Johann Jakob Hem-
mer, Vorreiter der wissenschaftlich forschenden Meteorologie und Vollender des
Blitzableiters, welkte die einst blühende Akademie in den folgenden Jahren dahin.
1802 wurden ihre Sammlungen und ihr Vermögen nach München überführt und
der Bayerischen Akademie überlassen. Somit können wir in Bezug auf die 1909
gegründete Akademie in Heidelberg nicht von einer „echten Kontinuität“ sprechen,
worauf Herr Prof. Eike Wolgast bei seinem Vortrag über die HAW im April dieses
Jahres zu Recht hingewiesen hat. So feiert man in München das 250. Jubiläum und
in Heidelberg erst das hundertste.
Tröstlich immerhin, dass es der HAW somit erspart blieb, als „Vieille Dame“
bespöttelt zu werden, wie es einst der Academie francaise widerfuhr. Im übrigen
wäre es für Akademiemitglieder auch nicht erstrebenswert gewesen, sich von ihrem