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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2009 — 2010

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I. Das Geschäftsjahr 2009
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Antrittsreden
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Scheer, Elke: Antrittsrede vom 24. Oktober 2009
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https://doi.org/10.11588/diglit.66333#0142
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158 | ANTRITTSREDEN

rin und meine Eltern mussten sich oft fragen lassen, was sie mit ihren Töchtern ange-
stellt haben, dass sie auf solche abstruse Berufswünsche gekommen sind). Die
meisten meiner Mitschüler, die Naturwissenschaften oder Ingenieurwissenschaften
studiert haben, sind nach Bonn, Köln, Mainz oder Aachen gegangen. An allen diesen
Universitäten habe ich mich ebenfalls umgeschaut und habe mich für Karlsruhe ent-
schieden, weil der Studienplan schon damals 1984 Wahlmöglichkeiten der Mathe-
matikausbildung und der Nebenfächer vorsah, was in Bonn zum Beispiel absolut
undenkbar war. Außerdem war bei meinem Besuch in Karlsruhe wunderbares
Wetter, Professoren wie Studenten waren gutgelaunt, meine Eltern waren zufrieden,
weil mein Patenonkel und meine Patentante ebenfalls in Karlsruhe wohnten und auf
mich aufpassen konnten.
Meine Diplomarbeit und Doktorarbeit durfte ich unter der Betreuung von
Herrn von Löhneysen anfertigen, der sicher mein wichtigster akademischer Lehrer
ist, und dem ich sehr viel zu verdanken habe. Das Thema meiner Dissertation war
„Quanteninterferenzeffekte in metallischen Nanostrukturen bei sehr tiefen Tempe-
raturen“. Ich war damit so eine ArtVersuchskaninchen, denn es handelte sich um die
erste experimentelle Arbeit aus dem Gebiet der Nanophysik in Karlsruhe, nachdem
die Theorie mit Albert Schmid, Peter Wölfle und Gerd Schön in Karlsruhe ja schon
stark vertreten war. Das war eine wunderbare Aufgabe, denn ich konnte nur gewin-
nen. Klar, es musste viel aufgebaut werden, aber ich hatte absolut freie Hand in der
Wahl des konkreten Themas, in der Umsetzung und durch den neuen Sonderfor-
schungsbereich auch Geld zur Verfügung. Es war ein neues spannendes Gebiet und
eine tolle Aufbruchstimmung. Nach der Promotion ging ich 1996 als Postdoktoran-
din für eineinhalb Jahre nach Paris in die „Groupe Quantronique“, die sich wie der
Name schon sagt — mit Quantenelektronik, also Quanteneffekten im elektronischen
Transport beschäftigte. Dort arbeitete ich dann mit Nanostrukturen, die nicht 50 nm
dick sind und deren physikalische Eigenschaften von vielen 1000 oder Millionen
Atomen bestimmt werden, sondern im Extremfall nur noch aus einem einzigen. Der
besondere Reiz liegt darin, dass dieses System einfach genug ist, um wirklich quan-
titative Übereinstimmung zwischen experimentellen Befunden und theoretischer
Beschreibung zu bekommen. Mit unseren Untersuchungen konnten wir nachwei-
sen, dass die im Jahre 1957 von Rolf Landauer entwickelte Theorie, die den elek-
tronischen Transport als Wellenstreuproblem beschreibt, in realen Systemen wirklich
anwendbar ist. Außerdem haben wir eine Methode entwickelt, die es erlaubt, die
grundlegenden probenspezifischen Größen experimentell zu bestimmen und
die man braucht, um das Quantenverhalten der Proben in anderen Messgrößen vor-
herzusagen. Zurück in Karlsruhe konnten wir 1998 gemeinsam mit Kollegen aus
Spanien und Holland ein Modell vorschlagen, das die Stromtransporteigenschaften
mit den chemischen Eigenschaften der Nanostrukturen verbindet. Das wird wichtig,
wenn bei fortschreitender Miniaturisierung zukünftige elektronische Schaltkreise
„bottom up“, also atomweise oder molekülweise zusammengesetzt werden sollen.
In diesem Themenkreis befinden sich auch meine heutigen Forschungsarbei-
ten, die ich seit 2000 als Professorin an der Universität Konstanz durchführe. Meine
Arbeitsgruppe nennt sich „Experimentelle Physik mesoskopischer Systeme“, was die
 
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