Andreas Holzem | 167
Die jüngsten Projekte - was mache ich gerade? Eine Antragsskizze für ein
Graduiertenkolleg „Religiöses Wissen im vormodernen Europa (800-1800)“ hat
gerade die Segnungen der Vorauswahl erhalten - wir sind zur Vollantragsstellung
beauftragt und werden alle Hände voll zu tun haben. Unter der Leitperspektive
„Transfers und Transformationen religiösen Wissens als Wege zur Wissensgesellschaft
der Moderne“ fokussiert das Kolleg seine Forschungsidee auf die folgende Annah-
me: Bereits im Rahmen der Produktion und des Transfers religiösen Wissens konn-
ten sich bereits im Europa der Vormoderne jene Institutionen, Konzepte und
Verfahren etablieren, die den Weg zur modernen Wissensgesellschaft mit anbahnten.
Ließe sich das erfolgreich operationalisieren, dann könnte das Kolleg auch unsere
Vorstellung des Verhältnisses von Vormoderne und Moderne verändern, insbesonde-
re im Hinblick auf bestimmte Selbstgewissheiten der heutigen westlichen Welt:
Indem nämlich das Verhältnis von Variabilität und Stabilität, von Kontrolle und Inno-
vation im Zuge von Wissenstransfers ins Zentrum der Untersuchung gerückt wird,
ließe sich jene teleologische Meistererzählung reformulieren, der zufolge die spezi-
fische Rationalität und die systemische Ausdifferenzierung des Wissens im lateini-
schen Europa nur gegen die religiösen Logiken und Geltungsansprüche, also durch
eine Säkularisierung allen Wissens zu erzielen gewesen wäre.
Parallel dazu wird in Tübingen ein neuer SFB zum Thema „Bedrohte Ord-
nungen“ vorbereitet — der Vorantrag ist eingereicht. Die Projekte meiner Arbeits-
gruppe werden sich mit Hungerkatastrophen befassen und begreifen den Hunger als
zentrale Bedrohung der politischen und sozialen wie der religiösen Ordnung. Der
Titel des Projekts: Bedrohtes Leben — bedrohter Glaube (1500—1980). Hungerkata-
strophen als Katalysatoren religiösen und sozialen Bewältigungshandelns . Wir wol-
len das Thema bearbeiten auf der Ebene der (Weiter-)Entwicklung gemeinschaftli-
cher Sicherungssysteme und Institutionen für das möglichst menschenwürdige
(Uber-)Leben möglichst Vieler wie auf der Ebene theologischer Deutung und deren
religionsphänomenologischer Wirkung.
Dafür beabsichtigen wir drei Zeitschnitte zu setzen, in denen sich die Para-
meter des Zusammenwirkens von religiöser Weltdeutung, sozialethischem Gesell-
schaftsentwurf und Nahrungsökonomie jeweils signifikant ändern: zunächst analy-
sieren wir in der Frühen Neuzeit „Hungerbedrohung, Sündenstrafe und Magie im
Zeitalter des zornig-gerechten Gottes (1500-1650)“, sodann in der Phase der Hoch-
industrialisierung „Hungerbedrohung und Sozialstrategie als Konfrontation von
katholischer Sozialmoral und Moderne (1870—1929)“, schließlich in der Bundesre-
publik der 1960er und 70er „Hungerbedrohung, Wohlstandsverteidigung und Ver-
antwortung im Zeitalter eines Theologie der globalen Gerechtigkeit (1960—1980)“
Und von daher ist, jedenfalls in der nachgehenden Reflexion, auf prägende
Erfahrungen der frühen Jahre zurückzukommen: Wenn allen diesen Studien etwas
gemeinsam ist, dann die Bemühung, der Wirksamkeit religiöser Praxis und religiö-
sen Wissens im sozialen Feld einer Breitenreligiosität der Vielen, auch der Margina-
len nachzuspüren und auf diese Weise einen für mein Verständnis elementaren Strang
der Christentumsgeschichte zu prägen.
Die jüngsten Projekte - was mache ich gerade? Eine Antragsskizze für ein
Graduiertenkolleg „Religiöses Wissen im vormodernen Europa (800-1800)“ hat
gerade die Segnungen der Vorauswahl erhalten - wir sind zur Vollantragsstellung
beauftragt und werden alle Hände voll zu tun haben. Unter der Leitperspektive
„Transfers und Transformationen religiösen Wissens als Wege zur Wissensgesellschaft
der Moderne“ fokussiert das Kolleg seine Forschungsidee auf die folgende Annah-
me: Bereits im Rahmen der Produktion und des Transfers religiösen Wissens konn-
ten sich bereits im Europa der Vormoderne jene Institutionen, Konzepte und
Verfahren etablieren, die den Weg zur modernen Wissensgesellschaft mit anbahnten.
Ließe sich das erfolgreich operationalisieren, dann könnte das Kolleg auch unsere
Vorstellung des Verhältnisses von Vormoderne und Moderne verändern, insbesonde-
re im Hinblick auf bestimmte Selbstgewissheiten der heutigen westlichen Welt:
Indem nämlich das Verhältnis von Variabilität und Stabilität, von Kontrolle und Inno-
vation im Zuge von Wissenstransfers ins Zentrum der Untersuchung gerückt wird,
ließe sich jene teleologische Meistererzählung reformulieren, der zufolge die spezi-
fische Rationalität und die systemische Ausdifferenzierung des Wissens im lateini-
schen Europa nur gegen die religiösen Logiken und Geltungsansprüche, also durch
eine Säkularisierung allen Wissens zu erzielen gewesen wäre.
Parallel dazu wird in Tübingen ein neuer SFB zum Thema „Bedrohte Ord-
nungen“ vorbereitet — der Vorantrag ist eingereicht. Die Projekte meiner Arbeits-
gruppe werden sich mit Hungerkatastrophen befassen und begreifen den Hunger als
zentrale Bedrohung der politischen und sozialen wie der religiösen Ordnung. Der
Titel des Projekts: Bedrohtes Leben — bedrohter Glaube (1500—1980). Hungerkata-
strophen als Katalysatoren religiösen und sozialen Bewältigungshandelns . Wir wol-
len das Thema bearbeiten auf der Ebene der (Weiter-)Entwicklung gemeinschaftli-
cher Sicherungssysteme und Institutionen für das möglichst menschenwürdige
(Uber-)Leben möglichst Vieler wie auf der Ebene theologischer Deutung und deren
religionsphänomenologischer Wirkung.
Dafür beabsichtigen wir drei Zeitschnitte zu setzen, in denen sich die Para-
meter des Zusammenwirkens von religiöser Weltdeutung, sozialethischem Gesell-
schaftsentwurf und Nahrungsökonomie jeweils signifikant ändern: zunächst analy-
sieren wir in der Frühen Neuzeit „Hungerbedrohung, Sündenstrafe und Magie im
Zeitalter des zornig-gerechten Gottes (1500-1650)“, sodann in der Phase der Hoch-
industrialisierung „Hungerbedrohung und Sozialstrategie als Konfrontation von
katholischer Sozialmoral und Moderne (1870—1929)“, schließlich in der Bundesre-
publik der 1960er und 70er „Hungerbedrohung, Wohlstandsverteidigung und Ver-
antwortung im Zeitalter eines Theologie der globalen Gerechtigkeit (1960—1980)“
Und von daher ist, jedenfalls in der nachgehenden Reflexion, auf prägende
Erfahrungen der frühen Jahre zurückzukommen: Wenn allen diesen Studien etwas
gemeinsam ist, dann die Bemühung, der Wirksamkeit religiöser Praxis und religiö-
sen Wissens im sozialen Feld einer Breitenreligiosität der Vielen, auch der Margina-
len nachzuspüren und auf diese Weise einen für mein Verständnis elementaren Strang
der Christentumsgeschichte zu prägen.