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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2009 — 2010

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II. Die Forschungsvorhaben
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Tätigkeitsberichte
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7. Wörterbuch der altgaskognischen Urkundensprache/DAG
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https://doi.org/10.11588/diglit.66333#0214
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230 | TÄTIGKEITSBERICHTE

zu mittelalterlichem Leben und Kultur in der Gaskogne sollen hier zwei Ausschnitte
präsentiert werden.
Ein Blick auf den Lebensmittelhandel in der Gaskogne des 13. Jahrhunderts
zeigt, dass „Gammelfleischskandale“ damals wie heute ein aktuelles Thema waren,
was die zahlreichen Verordnungen zur Qualitätssicherung des Fleischs erkennen las-
sen. Der Verkauf von verdorbenem Fleisch carn mala (1280 „schlechtes Fleisch“)
wurde allerorten mit empfindlichen Geldstrafen belegt. Sic betrafen Fleisch, dessen
Haltbarkeit überschritten war oder minderwertiges, für den menschlichen Verzehr
nicht geeignetes Fleisch: am Geruch feststellbar in Form von carn pudenta ca. 1280 <
1t. putescere „vermodern", oder generell schädlich als carn grauada ca. 1280 < 1t.
gravare „beschweren“ |altgaskognisch gravar „Schaden zufügen“ 1353]; Fleisch von
an Krankheit verendeten Tieren (carns de mala mort 1270); finniges, trichinöses Fleisch
(carn lebrosa 1276 < 1t. lepra „Aussatz"; carn gaffera vor 1300 < galloroman. *gaffare
„ergreifen“ [Bedeutungsverschiebung über „Haken“ zu „leprös, verstümmelt", weil
bei manchen Aussätzigen die Hände krumm und steif werden]; carn milhargoza ca.
1300 < 1t. milium „hirse“ [weil die Krankheit sich durch hirseähnliche Granuli
manifestiert]; carn mesera 1279 und 1296 < 1t. misellus „sehr unglücklich“ [Bedeu-
tungsentwicklung zu „krank, aussätzig“]; carn infecide 1300 < 1t. inficere „anstecken“);
oder allgemein als verdorben/krank deklariertes Fleisch carn malausa (1275 „krankes,
faules Fleisch“ < 1t. male habitus „schlecht genährt“), carn enferma (1288 „krankes,
ungesundes Fleisch“ < 1t. infirmus „schwach, krank“), carn biciosa (1276 „Fleisch mit
Mängeln“ < 1t. vitium „läster“), carn estadissa „verdorbenes, übergangenes Fleisch“
ca. 1280 (< 1t. stare „stehen“). Nahezu alle Belege fehlen in den einschlägigen Wör-
terbüchern und sind im DAG als lexikographischc Neueinträge zu finden.
Eine weitere Art der Lebensmittelverfälschung ist im Wortschatz des frühen
Gaskognisch zum Panschen von Wein nachweisbar: afolar „die Qualität mindern“
1265 (< 1t. fullare „walken“ mit Bedeutungsverschiebung zu „schädigen, verder-
ben“), entemenar 1220 „durch Zufuhr von unerlaubten und minderwertigen Zu-
gaben in betrügerischer Absicht verfälschen“ (< 1t. intaminare „besudeln“) und far
afaitamentz a 1261 (< 1t. *affactare „herrichten“), JÄr mesclantia en lo vin 1300 „Wein
durch Wasser vermischen oder Weine unterschiedlicher Herkunft verschneiden“
(< 1t. misculare „mischen“), mectre malbada sabor 1255 und 1261 „den Wein durch
Zusätze und Mischungen, die den Geschmack mindern, manipulieren“, mesclar bin
bilh an lo noed 1255—1280 „neuen Wein mit älterem vermischen“, meter ayga 1288
und 1300, ulhar d’ayga 1261 „verwässern, mit Wasser strecken". Die hohen Strafen für
die Verfälschung von Lebensmitteln sind jedoch keineswegs zwingend als Indiz für
einen generell schlechten Qualitätsstandard zu werten, sondern kennzeichnen eher
eine Gesellschaftsform, die fähig und bereit war, intervenierend einzugreifen, um
hohe Produktqualität zu sichern.
Den diesjährigen Arbeitsschwerpunkt der Redaktion bildete B II „Intellekt
und affektiver Bereich“: „Intelligenz und Wissen“ (a), „Wahrnehmung“ (b), „Bewusst-
sein“ (c), „Gedächtnis/Erinnerung“ (d), „Phantasie“ (e), „das Denken“ (f), „Fühlen/
Affekte“ (g), „Wollen und Handeln“ (h).
 
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