Akademiekonferenzen für junge Wissenschaftler
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nativem Milieu und Neuen Sozialen Bewegungen hielt Rucht fest, dass das alterna-
tive Milieu als „Lebensweltrevolution“ gescheitert sei, die Neuen Sozialen Bewe-
gungen zwar Einzelerfolge, jedoch keine unmittelbare Gesellschaftsveränderung
erreicht hätten. Des Weiteren seien die durch Soziale Bewegungen erreichten gesell-
schaftlichen Auswirkungen „hinter dem Rücken der Akteure“ erst zeitverzögert
gesellschaftliche Wirklichkeit geworden.
Das erste Panel „Der Milieubegriff und die Ausdifferenzierung des linken
Milieus/1970er“ wurde von Sebastian Gehrig (Heidelberg) eröffnet. In seinem Vor-
trag entwickelte Gehrig auf der Grundlage eines kurzen Überblicks über die sozial-
wissenschaftliche und historische Bewegungs- und Milieuforschung Fragen für die
Tagung: Inwiefern kann man linksalternative Milieus in Europa als nationale oder
transnationale Phänomene verstehen? Ab wann waren linksalternative Milieus in der
Lage, ihren Protest auf die Straße zu bringen und in welchen Allianzen? Kam es nach
1968/69 zur sofortigen Ausdifferenzierung der Studentenbewegung in einzelne
Gruppierungen oder aber haben sich die Akteure bis Ende der 1970er-Jahre als Teil
eines Milieus gesehen? Welche Rolle spielten die Medien in der Konstituierung und
Bewertung der Linksalternativen und Neuen Sozialen Bewegungen? Kann die
Untersuchung der (medialen) Selbst- und Fremdinszenierung der Milieus und
Bewegungen zu einem besseren Verständnis der Konstituicrungs- und Auflösungs-
prozesse milieuinterner Gruppen und Bewegungen beitragen? In der Diskussion
plädierte Rucht für eine schärfere Trennung der Phänomene und Begriffe „Linksal-
ternatives Milieu“ und „Neue Soziale Bewegungen“. DesWeiteren zeigte die Dis-
kussion, dass sowohl die Rolle des Staates als auch der gesamtgesellschaftliche Rah-
men, in den sich das Milieu einbettete, berücksichtigt werden muss. Nur so könnten
die Besonderheiten der gesellschaftlichen Entwicklung seit Ende der 1960er-Jahre
vollständig in den Blick genommen werden. Im Anschluss stellte Saskia Richter
(Berlin) ihr neues Forschungsprojekt vor, in dem sie „Diskontinuitäten im Milieu“
in der Bundesrepublik, Großbritannien und den Niederlanden im Vergleich sowie
Schnittstellen zwischen den sozialen Milieus und den Grünen untersucht. Richter
zeichnete die Genese der Grünen Parteien in der Bundesrepublik, Großbritannien
und den Niederlanden nach und setzte sich in ihrem Vortrag kritisch mit der These
auseinander, dass die Grünen quasi aus dem alternativen Protestmilieu hervorgegan-
gen seien. Nicht das linksalternative Milieu, sondern neue Konfliktlinien und das
Entstehen neuer Mittelschichten hätten den Aufstieg der Grünen und ihrer Wähler-
schaft entscheidend beeinflusst. In der Diskussion wies Graf Kielmansegg (Heidel-
berg) darauf hin, dass die Studentenbewegung sich im Unterschied zu den Neuen
Sozialen Bewegungen in konstitutiver Weise durch ihren Antifaschismus legitimiert
habe. Dr. Claudia Lindner-Leporda (München) analysierte in ihrem Vortrag, wie sich
die Frauen in der Bundesrepublik der siebziger Jahre durch die Aneignung des
öffentlichen Raumes (Young) für ihre politischen Rechte engagiert hätten. Frauen-
gruppen hätten Zentren gegründet, in denen alte organisatorische Formen in Frage
gestellt und dezentralisierte Handlungsräume geschaffen worden seien. Mit diesen
Treffpunkten seien alternative Organisationsformen geschaffen und mehr Flexibilität
und dezentralisiertes Netzwerken ermöglicht worden. Die Diskussion offenbarte
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nativem Milieu und Neuen Sozialen Bewegungen hielt Rucht fest, dass das alterna-
tive Milieu als „Lebensweltrevolution“ gescheitert sei, die Neuen Sozialen Bewe-
gungen zwar Einzelerfolge, jedoch keine unmittelbare Gesellschaftsveränderung
erreicht hätten. Des Weiteren seien die durch Soziale Bewegungen erreichten gesell-
schaftlichen Auswirkungen „hinter dem Rücken der Akteure“ erst zeitverzögert
gesellschaftliche Wirklichkeit geworden.
Das erste Panel „Der Milieubegriff und die Ausdifferenzierung des linken
Milieus/1970er“ wurde von Sebastian Gehrig (Heidelberg) eröffnet. In seinem Vor-
trag entwickelte Gehrig auf der Grundlage eines kurzen Überblicks über die sozial-
wissenschaftliche und historische Bewegungs- und Milieuforschung Fragen für die
Tagung: Inwiefern kann man linksalternative Milieus in Europa als nationale oder
transnationale Phänomene verstehen? Ab wann waren linksalternative Milieus in der
Lage, ihren Protest auf die Straße zu bringen und in welchen Allianzen? Kam es nach
1968/69 zur sofortigen Ausdifferenzierung der Studentenbewegung in einzelne
Gruppierungen oder aber haben sich die Akteure bis Ende der 1970er-Jahre als Teil
eines Milieus gesehen? Welche Rolle spielten die Medien in der Konstituierung und
Bewertung der Linksalternativen und Neuen Sozialen Bewegungen? Kann die
Untersuchung der (medialen) Selbst- und Fremdinszenierung der Milieus und
Bewegungen zu einem besseren Verständnis der Konstituicrungs- und Auflösungs-
prozesse milieuinterner Gruppen und Bewegungen beitragen? In der Diskussion
plädierte Rucht für eine schärfere Trennung der Phänomene und Begriffe „Linksal-
ternatives Milieu“ und „Neue Soziale Bewegungen“. DesWeiteren zeigte die Dis-
kussion, dass sowohl die Rolle des Staates als auch der gesamtgesellschaftliche Rah-
men, in den sich das Milieu einbettete, berücksichtigt werden muss. Nur so könnten
die Besonderheiten der gesellschaftlichen Entwicklung seit Ende der 1960er-Jahre
vollständig in den Blick genommen werden. Im Anschluss stellte Saskia Richter
(Berlin) ihr neues Forschungsprojekt vor, in dem sie „Diskontinuitäten im Milieu“
in der Bundesrepublik, Großbritannien und den Niederlanden im Vergleich sowie
Schnittstellen zwischen den sozialen Milieus und den Grünen untersucht. Richter
zeichnete die Genese der Grünen Parteien in der Bundesrepublik, Großbritannien
und den Niederlanden nach und setzte sich in ihrem Vortrag kritisch mit der These
auseinander, dass die Grünen quasi aus dem alternativen Protestmilieu hervorgegan-
gen seien. Nicht das linksalternative Milieu, sondern neue Konfliktlinien und das
Entstehen neuer Mittelschichten hätten den Aufstieg der Grünen und ihrer Wähler-
schaft entscheidend beeinflusst. In der Diskussion wies Graf Kielmansegg (Heidel-
berg) darauf hin, dass die Studentenbewegung sich im Unterschied zu den Neuen
Sozialen Bewegungen in konstitutiver Weise durch ihren Antifaschismus legitimiert
habe. Dr. Claudia Lindner-Leporda (München) analysierte in ihrem Vortrag, wie sich
die Frauen in der Bundesrepublik der siebziger Jahre durch die Aneignung des
öffentlichen Raumes (Young) für ihre politischen Rechte engagiert hätten. Frauen-
gruppen hätten Zentren gegründet, in denen alte organisatorische Formen in Frage
gestellt und dezentralisierte Handlungsräume geschaffen worden seien. Mit diesen
Treffpunkten seien alternative Organisationsformen geschaffen und mehr Flexibilität
und dezentralisiertes Netzwerken ermöglicht worden. Die Diskussion offenbarte