6. April 2009
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schungsmitteln und in der Erleichterung wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Auch
die Rektoren von Freiburg und Karlsruhe hielten kurze Ansprachen; von den älte-
ren Akademien, denen gleich zu sein die Heidelberger sich doch anstrengten, war
keine einzige vertreten.
Max Weber, der zum außerordentlichen Mitglied gewählt worden war, obwohl
er als Vertreter einer anwendungsorientierten Fachdisziplin zu gelten hatte und
zudem der Heidelberger Universität nur noch am Rande angehörte, erkannte die
Problematik der Festlegung auf traditionelle Inhalte und Formen. Entsprechend
kritisierte er in einem Briefwechsel mit Koenigsberger und Windelband, dass die
Heidelberger Akademie einem „veralteten Muster“ folge und in den Geisteswissen-
schaften einem „alles überwuchernden Historismus“ verpflichtet sei. Eine „moder-
ne Akademie“ brauchte aber nach seiner Überzeugung eine dritte Klasse für Natio-
nalökonomie und Staatsrecht, um die systematischen staats- und gesellschaftswissen-
schaftlichen Disziplinen angemessen zu beteiligen. Als Mitglieder dieser dritten
Klasse stellte sich Weber die Fachvertreter sowie Vertreter der Landesstatistik und
„eventuell noch andere Praktiker“ vor. Diese Klasse musste zudem ein für alle mal
über einen festen Etat verfugen, um die „Existenzbedingungen und Kulturbedeu-
tung“ der „lebendigen Mächte der Gegenwart“ untersuchen zu können. Windel-
band wandte gegen Weber ein, dass dessen materielle Vorstellungen den ganzen
Akademieetat in Anspruch nehmen würden. Seine ursprüngliche Absicht, die Wahl
zum außerordentlichen Mitglied nicht anzunehmen, ließ Weber auf Zureden der
beiden Sekretäre fallen — im Gegenteil beantragte er 1910, die Akademie möge „eine
von der Soziologischen Gesellschaft beabsichtigte Erhebung über Zeitungswesen“
materiell unterstützen. Tatsächlich bewilligte die Akademie 10.000 Mk., verteilt auf
fünf Jahre, und verlangte lediglich, dass ein Teilthema abgetrennt werde, das als
Unternehmen der Akademie auszuweisen war. Es war nicht ihre Schuld, dass das
Projekt nicht zustande kam, weil Weber sich mit dem Verband der Zeitungsverleger
überwarf.
3. Entwicklung bis 1933
Der Alltag des Akademielebens wurde durch die Satzung festgelegt. „In der Regel“
sollten an jedem ersten Samstag des Monats — außer in den Semesterferien — ab
16.15 Uhr Klassensitzungen mit Vorträgen der Mitglieder stattfinden, Gesamtsitzun-
gen viermal im Jahr. Für wissenschaftliche Vorhaben standen der Heidelberger
Akademie jährlich etwa 40.000 Mk. zur Verfügung. Das war erheblich weniger als
der Berliner Etat mit 286.000 Mk. oder der Münchener mit 80.000 Mk. betrug, aber
mehr als Göttingen (28.000 Mk.) und Leipzig (20.000 Mk.) ausgeben konnten.
An eigene wissenschaftliche Unternehmungen wurde zunächst nur zögernd
gedacht. In den ersten Klassensitzungen wurden 1909 stattdessen u.a. folgende
Unterstützungen bewilligt: In der Philosophisch-historischen Klasse 2.000 Mk. für
Prof. Hermann Thiersch (Freiburg) zur Freilegung der Fundamente des Leuchtturms
von Pharos (zusammen mit der Freiburger Wissenschaftlichen Gesellschaft), 500 Mk.
an den Privatdozenten Arnold Rüge (Heidelberg) als Druckkostenzuschuß für seine
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schungsmitteln und in der Erleichterung wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Auch
die Rektoren von Freiburg und Karlsruhe hielten kurze Ansprachen; von den älte-
ren Akademien, denen gleich zu sein die Heidelberger sich doch anstrengten, war
keine einzige vertreten.
Max Weber, der zum außerordentlichen Mitglied gewählt worden war, obwohl
er als Vertreter einer anwendungsorientierten Fachdisziplin zu gelten hatte und
zudem der Heidelberger Universität nur noch am Rande angehörte, erkannte die
Problematik der Festlegung auf traditionelle Inhalte und Formen. Entsprechend
kritisierte er in einem Briefwechsel mit Koenigsberger und Windelband, dass die
Heidelberger Akademie einem „veralteten Muster“ folge und in den Geisteswissen-
schaften einem „alles überwuchernden Historismus“ verpflichtet sei. Eine „moder-
ne Akademie“ brauchte aber nach seiner Überzeugung eine dritte Klasse für Natio-
nalökonomie und Staatsrecht, um die systematischen staats- und gesellschaftswissen-
schaftlichen Disziplinen angemessen zu beteiligen. Als Mitglieder dieser dritten
Klasse stellte sich Weber die Fachvertreter sowie Vertreter der Landesstatistik und
„eventuell noch andere Praktiker“ vor. Diese Klasse musste zudem ein für alle mal
über einen festen Etat verfugen, um die „Existenzbedingungen und Kulturbedeu-
tung“ der „lebendigen Mächte der Gegenwart“ untersuchen zu können. Windel-
band wandte gegen Weber ein, dass dessen materielle Vorstellungen den ganzen
Akademieetat in Anspruch nehmen würden. Seine ursprüngliche Absicht, die Wahl
zum außerordentlichen Mitglied nicht anzunehmen, ließ Weber auf Zureden der
beiden Sekretäre fallen — im Gegenteil beantragte er 1910, die Akademie möge „eine
von der Soziologischen Gesellschaft beabsichtigte Erhebung über Zeitungswesen“
materiell unterstützen. Tatsächlich bewilligte die Akademie 10.000 Mk., verteilt auf
fünf Jahre, und verlangte lediglich, dass ein Teilthema abgetrennt werde, das als
Unternehmen der Akademie auszuweisen war. Es war nicht ihre Schuld, dass das
Projekt nicht zustande kam, weil Weber sich mit dem Verband der Zeitungsverleger
überwarf.
3. Entwicklung bis 1933
Der Alltag des Akademielebens wurde durch die Satzung festgelegt. „In der Regel“
sollten an jedem ersten Samstag des Monats — außer in den Semesterferien — ab
16.15 Uhr Klassensitzungen mit Vorträgen der Mitglieder stattfinden, Gesamtsitzun-
gen viermal im Jahr. Für wissenschaftliche Vorhaben standen der Heidelberger
Akademie jährlich etwa 40.000 Mk. zur Verfügung. Das war erheblich weniger als
der Berliner Etat mit 286.000 Mk. oder der Münchener mit 80.000 Mk. betrug, aber
mehr als Göttingen (28.000 Mk.) und Leipzig (20.000 Mk.) ausgeben konnten.
An eigene wissenschaftliche Unternehmungen wurde zunächst nur zögernd
gedacht. In den ersten Klassensitzungen wurden 1909 stattdessen u.a. folgende
Unterstützungen bewilligt: In der Philosophisch-historischen Klasse 2.000 Mk. für
Prof. Hermann Thiersch (Freiburg) zur Freilegung der Fundamente des Leuchtturms
von Pharos (zusammen mit der Freiburger Wissenschaftlichen Gesellschaft), 500 Mk.
an den Privatdozenten Arnold Rüge (Heidelberg) als Druckkostenzuschuß für seine