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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2009 — 2010

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IV. Veranstaltungen im Jubiläumsjahr
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Raible, Wolfgang: Kolloquium an der Universität Freiburg "'Information'. Ein Schlüsselbegriff für Natur und Kulturwissenschaften"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66333#0371
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16. Mai 2009 | 387

nen, die im Gehirn verarbeitet werden. Grundlegend auch für die heutigen Arbei-
ten, die auf diesem Sektor geleistet werden, ist immer noch eine Arbeit, die in
derselben Zeitspanne nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist, in der auch die
Informationstheorie Gestalt angenommen hat: The Organization of behavior: a neuro-
psychological theory von Donald Olding Hebb (New York 1949). Bei der Realisierung
des Grundprinzips (sehr vereinfacht ausgedrückt: „fire together — wire together“)
handelt es sich erneut um Prozesse, die in Jahrmillionen optimiert worden sind, die
also, ihrem Zweck geschuldet, in kürzesten Zeitspannen ablaufen, aber gleichwohl
hochkomplex sind, wenn man die chemischen und elektrochemischen Aspekte
berücksichtigt. Stellt man in Rechnung, dass mit den Synapsen zwischen einzelnen
Neuronen nur die unterste Ebene in einer Hierarchie von Prozessen erfasst wird, die
irgendwann in ihrem Verlauf, um ein Beispiel zu wählen, ganz konkret zum Erken-
nen eines Gesichts führen können, so wird deutlich, welchen Parcours die Neuro-
physiologie noch vor sich hat, auch wenn die mit den notwendigen gewaltigen Auf-
wand bis jetzt gewonnen Ergebnisse schon bewundernswert sind. Es handelt sich,
wie in praktisch allen Bereichen der Naturwissenschaften, notwendigerweise um
Teamwork.
Ganz im Bereich des traditionellen, alltagssprachlichen Informationsbegriffs
bewegten sich die beiden juristischen Beiträge am Ende des Symposions. Die erste
kam von Wolfgang Frisch („Information als Rechtsproblem“).Von den vielen mög-
lichen Aspekten, die das Thema der Information im Bereich des Rechtswesens hat,
wählte er diejenigen aus, bei denen es um die vernünftige Abwicklung von Rechts-
geschäften und Rechtshändeln zwischen Parteien geht (wer muss welche Informa-
tionen liefern oder beschaffen?), sowie um den Interessenausgleich, der zwischen
dem Informationsbedürfnis des Staates und dem Schutz der individuellen Sphäre
des Bürgers zu treffen ist. Solche Fragen sind in hohem Maß aktuell durch das Vor-
handensein digitaler Informationsträger beispielsweise in großen Unternehmen, in
Banken, Telekommunikations-Unternehmen; das Gewinnen von Informationen,
die unter Umständen höchst persönlich sind, ist in diesem Kontext viel leichter
möglich als zu früheren Zeiten. Dabei zeigt sich einmal mehr, dass die Rechtswis-
senschaft der beste Indikator bestehender oder neu entstehender gesellschaftlicher
Probleme ist.
Unter dem Titel „Von der Informationskrise zu Wirtschaftskrise“ leistete Rolf
Stürner den letzten - wiederum sehr aktuellen - Beitrag zum Symposion. Er erläu-
terte, dass die Finanzkrise in beträchtlichem Umfang darauf beruht, dass bestimmte
Finanzprodukte aufgrund ihrer komplexen Struktur, die man unter Umständen tage-
lang studieren und analysieren müsste, bevor man sie überhaupt versteht,Transparenz
und Kontrolle unmöglich machen (Stichwort: „Information overload“). Dies kann
leicht dazu führen, dass ein Marktteilnehmer den anderen übervorteilt. Als Jurist plä-
dierte Stürner für eine Standardisierung von Finanzprodukten (die 1.900, von denen
die Rede war, kann kein Einzelner mehr überblicken) und damit zu einer Reduzie-
rung der Informationsmenge auf ein vernünftiges Maß. Zu viel an Information ist ja
so gut wie gar keine Information — dasselbe würde geschehen, wenn wir ein Bild
anhand von 1 Million Pixeln analysieren müssten.
 
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