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Heeßel, Nils P.; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 5): Divinatorische Texte: II. Opferschau-Omina — Wiesbaden: Harrassowitz, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.32174#0069
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Divinatorische Texte II: Opferschau-Omina

I 48-49
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Verbindung tatsächlich in einigen Belegen aufgezeigt werden kann und auch im vorliegenden Omen vorliegt, ist es doch
keineswegs immer so, daß ein eristu in der Protase auf ein eristu in der Apodose verweist (siehe beispielsweise Nr. 13-15,
Vs. 7, Nr. 29, Vs. 12 und Nr. 36 Vs. 1-54). Wahrscheinlicher dürfte die Erklärung sein, daß das eristu „Samenkom“ über
die Homophonie zu eristii „Verlangen“ sekundär mit der Sphäre des Göttlichen verbunden wurde.

Ob eristu „Samenkorn“ pathologisch tatsächlich einen Lymphknoten beschreibt, wie R. Leiderer, Anatomie 27 vermutet,
oder ob es sich mit J.-W. Meyer, Untersuchungen 77 um Knötchen infolge des Paratyphus handelt, muß durch weitere
Evidenz geklärt werden.

// BLO 10/3’-4\ 20/18 und I. Starr, SAA IV, S. 278, Nr. 296, Z. 1-3.

Zur Apodose vgl. VAT 9488 (Nr. 84, KAR 434) Rs. 16’, und siehe die Leseprobleme und Deutungsvorschläge in BLO
S. 437, Anm. 1004, CAD I/J 65a und CAD S 140a.

Der vorliegenden Beleg wurde wie auch alle anderen Belege des Verbums kabäsu in Opferschau-Texten in CAD K 181b
zum Verbum kapäsu „umschlagen, gebogen sein“ gebucht. Auch in AHw 443a werden viele Belege für kabäsu unter
kapäsu gebucht, und zahlreiche Bearbeiter sind den Wörterbüchern darin gefolgt (vgl. z. B. L. R. Kraus, JCS 37 [1985]
197). Tatsächlich ist es, wie schon J. Aro und J. Nougayrol, RA 67 (1973) 51 zu Z. 7-13 bemerkt haben, sehr oft, insbeson-
dere im Dopplungsstamm, sehr schwer, die beiden Verben zu unterscheiden. U. Jeyes hat dann die grundlegende Unter-
scheidung getroffen, daß kapäsu zur Beschreibung von Zuständen anatomischer Merkmale verwendet wird, insbesondere
des Schwertfortsatz des Brustbeins, bestimmter Teile der Leber und von ganzen Organen wie der Leber (siehe zu diesem
Verbum auch oben unter I 18-19), während das Verbum kabäsu ihr zufolge vor allem bei normalen Rillen oder Lurchen
auf der Leber wie manzäzu, padänu etc. Verwendung findet.

Trotz dieser überzeugenden, alle Belegstellen befriedigend deutenden Unterscheidung, werden nach wie vor viele Belege
falsch zugeordnet. So bucht beispielsweise I. Starr, SAAIV, S. 14, Nr. 12 Rs. 7 und S. 267, Nr. 285/4 dieselben Belege im
D-Stamm zu kapäsu, die U. Koch-Westenholz, BLO 20/71 und 99/5’ zu kabäsu schlägt. Da sich diese Belege ausschließ-
lich auf Lurchen wie manzäzu oder padänu beziehen, ist die Deutung von U. Koch-Westenholz eindeutig vorzuziehen.
Weiterhin ist auch der von R. Leiderer, Anatomie, S. 60, Nr. 183 zitierte Beleg nicht zu kapäsu, sondem zu kabäsu zu stel-
len, ebenso wie sämtliche von Th. Richter, in: B. Böck et al. (Hrsg.), Ls. J. Renger, 409 Anm. 22 zitierten Belege, die damit
nichts zur negativen Bewertung von kapäsu beitragen können.

Die Schwierigkeiten bei der Einordnung der Belege gehen natürlich vor allem auf die gleichartige Schreibung der beiden
Verben zurück. So ist die Schreibung ka-bi-is für den maskulinen Stativ in der 3. Ps. Sg. von kabäsu identisch mit der
Schreibung ka-pi-is für dieselbe Lorm von kapäsu.

Die Deutung von kabäsu, das in Opferschau-Texten als „ecraser“ (J. Aro und J. Nougayrol, RA 67 [1973] 50) oder „to obli-
terate“ (U. Jeyes, OBE 142, U. Koch-Westenholz, BLO 507) übersetzt wird, wird auch durch den von U. Jeyes, OBE 142
zitierten Kommentar K 3324 + K 3926 (unp.) + K 8325 (CT 31/44) vi ! 1-2 erhellt: sä-ma'-tu vpa-sä'-tu ka-ba-su ha-liq GIM
iq-bu-u „spitz zulaufen heißt ausradieren, wegdrücken heißt es fehlt, wie man sagt“. Da das von kabäsu abgeleitete Nomen
kibsu den Lußabdruck, den der Luß beim Gehen hinterläßt, bezeichnet, liegt es nahe, an „weggedrückte“ oder „zerdrückte“
und damit wie ausradierte Leberteile zu denken, wodurch auch die Gleichung mit haläqu „fehlen“ verständlich wird.

Die Apodose ist mir unverständlich geblieben. Die neue Kopie auf S. 370 zeigt, daß W. von Sodens Annahme eines Hapax
üqu mit der Lesung ü-qu M\J-sü in AHw 1427b auszuschließen ist. Ist die Apodose vielleicht korrupt für GUR-ma i-kam-
mu-sül Siehe zu einer ähnlichen Apodose BLO 20/11.

// VAT 10536 (Nr. 13, KAR 456) Vs. 6’, BLO 16/6 und SAA IV, Nr. 156 Rs. 19. Zum Ausdruck ana x täru, der in
Opferschau-Texten kaum mit „zu x werden“ übersetzt werden kann, siehe die Diskussion bei J. Nougayrol, RA 40 (1945-
46) 61, R. D. Biggs, RA 63 (1969) 163 Anm. 2 und I. Starr, BiOr 48 (1991) 178. Hier wird diese Wendung mit Nougayrol
als „sich zu x umdrehen“ wiedergegeben.

Zur Korrektur der von Ebeling kopierten Zeichen BE MES zu BÜR.MES siehe bereits R. D. Biggs, JNES 33 (1974) 353,
Anm. 8. Vgl. die ähnlichen Omina in BLO 6/46-51. Zum Ausreißen der Augen siehe U. Jeyes, OBE 36 und zur Inter-
pretation der Apodose ausführlich J. Nougayrol, RA 44 (1950) 35.

// BLO 19/40.

// U. S. Koch, Secrets 58/63-66 und STT 308 ii 73-76. Mehrfach erscheinen im Lolgenden noch vergleichbare Omina, beim
Pfad (ii 9-12), der Stärke (ii 29-31) und dem Wohlbefinden (ii 62-64). Jedesmal ist ein Bereich des entsprechenden
Leberteils „weggedrückt“ (kabis), und in der Apodose werden „Hände“ verschiedener Gottheiten genannt. Damit erschei-
nen diese Omina wie Zitate aus den Tafeln Rm 130, K 220 (beide A. Boissier, DA 209-212) und K 2896 (unp.), die
U. S. Koch, Secrets, S. 381-391 unter Nr. 58 bearbeitet hat. Dieser Text stellt nach ca. 60 anderen Omina weitere 35 Omina
zusammen, die alle in der Apodose eine „Hand“ von verschiedenen Gottheiten aufweisen. Interessant sind in diesem
Zusammenhang die Zeilen 12-14 des Textes BM 134522 (CT 51/155), den U. Koch-Westenholz in BLO, S. 118f„ Nr. 9
bearbeitet hat, da sie zeigen, daß dieselben Protasen auch andere Apodosen aufweisen konnten.

Die Lesung und Deutung des Gottesnamens von U. S. Koch, Secrets, S. 386, Nr. 58/64 als dPAP NUN.NA kl „Enlil von
Babylon“ kann nicht überzeugen, da die syllabische Lesung dPap-nun-na-ki gut belegt ist. Nach Kollation der vorliegen-
den Stelle ist gegen die Kopie Ebelings eher APap-nun- ran'-ki zu lesen, was auch deshalb gut in den Kontext paßt, da
Papnunanki eine Erscheinungsform der Zarpänltu, der Gattin Marduks, der in der vorhergehenden Zeile genannt wird, ist.
Zu Papnunanki siehe Th. Richter, Panthea 351. In K 220, Rs. 2 und Rm 130, Rs. 2 (U. S. Koch, Secrets 58/64) ist jedoch
eindeutig äPap-nun-na-ki zu lesen.
 
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