148
Divinatorische Texte II: Opferschau-Omina
39 Wenn an der rechten Seite der Spitze des Fingers eine Finnenblase liegt: Mein Heer wird von Wasser zurückgehalten.
40 Wenn an der linken Seite der Spitze des Fingers eine Finnenblase liegt: Das feindliche Heer - das Gegenteil.
41 Wenn an der Spitze des Fingers (mehrere) Finnenblasen liegen: Heuschreckeninvasion in meinem Land.
42 Wenn im Palast des Fingers (mehrere) Finnenblasen liegen: Heuschreckeninvasion im Feindesland.
43 [Wenn zur] Rechten des Fingers eine Finnenblase eingegraben ist: Eine Seuche wird es im Land geben.
44 [Wenn zur Linken] des Fingers eine Finnenblase eingegraben ist: Eine Seuche wird es im Feindesland geben.
45 [Wenn zur Rechten] des Fingers und links des Fingers dito (= eine Finnenblase eingegraben ist): Heuschrecken-
invasion.
46 [Wenn an der Spitze] des Fingers ein Kreuz da ist: Finstemis.
47 Summe: 52 Eintäge. Zu Ende. Kollationiert. Entsprechend seiner Vorlage.
48 Hand des Samas-zera-iddina, des Sohnes von Samas-sumu-llser, des Opferschauers.
49 Monat Elülu, 11. Tag, Eponymat des Tiglatpileser, [des Königs ?].
Bemerkungen:
Vs. 1-54 Der Abschnitt behandelt das Erscheinen von „Samenkömern“ (sing. eristü, pl. ersetu) auf dem Leberfinger. Es ist unklar,
in welcher Tafel des Kapitels summa ubänu der kanonischen bärütu-Serie diese Beobachtungen verzeichnet waren.
1 Die Ergänzung der Apodose beruht auf Vs. 34. Aufgrund der logographischen Schreibweise der Apodose wäre es auch
möglich, Subjekt und Objekt der Apodose zu vertauschen und „die Vorhut meines Heeres wird den Feind überwältigen“
zu übersetzen, das gleiche gilt für die Apodosen in Vs. 17 und 34.
4 Für die Ergänzung der Apodose siehe Vs. 10.
13 Zur Ergänzung der Apodose siehe BRM 4/22, Rs. 4’ („19“), bearbeitet von B. Böck, Morphoskopie 22, Z. 73.
J. Nougayrol, RA 63 (1969) 149 hat für die Apodose eine Ergänzung amilu bit lali-su [ezzeb] erwogen, die aber mangels
Parallelen unwahrscheinlich ist.
16 Das Omen ist, wie bereits J. Nougayrol, RA 63 (1969) 149 gesehen hat, weitgehend parallel zum Omen K 59+ (A. Boissier,
DA 225-232) Vs. 30-31. Nougayrol hat die Apodose als „Le jours du prince sont courts. Le signe, les signes du poumon
... “ übersetzt und dabei BAR.MES als isütu von „BAR = isu, pour isu“ hergeleitet. U. S. Koch, Secrets 65/24 hat in ihrer
Bearbeitung von K 59+ die Zeilen 30-31 dieses Textes ohne Verweis auf den vorliegenden Beleg mit „The days of the
prince will .... This sign is an extis[pciy concerning? x x x]“ übersetzt. Schwierig bleibt die Lesung von BAR.MES, da sich
hier kein Verbum anbietet, das in den Kontext passen könnte.
17 Zum zweiten Teil der Apodose vgl. I. Starr, SAA IV, Nr. 281 Z. 1.
21 Die Deutung dieser Apodose als sd-nis BAR-fw von J. Nougayrol, RA 63 (1969) 150 kann nicht korrekt sein, da die Zeichen
eindeutig DIS und MAN sind.
23 Zum zweiten Teil der Apodose vgl. K 2714+ (CT 28/50), ein Manuskript der ersten Tafel des Kapitels summa ubänu,
Vs. 17: [KÜR b]i-ib-lat SA-sü KIDINGIR KUR-dd.
25 Gegen die Lesung us-ner von J. Nougayrol, RA 63 (1969) 150 steht auf der Tafel eindeutig us-dak.
26 Zu der änigmatischen Apodose EN.NU.UN GAM-ds vgl. VAT 10418 + A 9 (Nr. 63) Vs. 7’.
33 Zur Ergänzung der Apodose siehe VAT 10159 (Nr. 56, KAR 153) Vs. 21’ und Rs. 14. Zu NIN.DINGIR ustahha siehe die
Diskussion bei J. Nougayrol, RA 44 (1950) 28 und I. Starr, AfO 26 (1978/79) 49 zu Z. 1-2.
40-43 Die Apodosen dieses Abschnitts haben auffällige Parallelen in dem Text A 73 (Nr. 22) Vs. 16’-19’, der ebenfalls das
Auftreten von zwei Samenkömern, die auch noch schwarz sind, behandelt, jedoch an der „Hürde“ (tarbäsu) der Leber.
Siehe dazu die Bemerkungen zu A 73 (Nr. 22) Vs. 16’-19’.
46 J. Nougayrol, RA 63 (1969) 150 hat die schwierig zu deutenden Zeichen gi gä in der Apodose GÄ.GI(.A) gelesen und als
bislang nicht belegte Schreibung für das gagü, den den Priesterinnen vorbehaltenen Tempelkomplex, gedeutet. Diese
Emendation ist aber schwierig, da nicht GÄ GI, sondern GI GÄ geschrieben ist und zudem das folgende A fehlt. Für die
Zeichenfolge GI GÄ bietet sich die Lesung S'PISAN für pis/sannu, den „Kasten“ an, in dem Privatleute ihre wertvollen
Habseligkeiten aufbewahrten, was der Apodose durchaus Sinn verleiht.
51, 54 J. Nougayrol, RA 63 (1969) 150 hat vorgeschlagen, die Apodose zu ü-mas-[sd-ak] zu ergänzen und von masäku „schlecht
machen“ abzuleiten, doch ist dieses Verb selten belegt, dazu noch seltener mit Schin statt Samech geschrieben und wird
vor allem nicht in vergleichbaren Kontexten gebraucht. Hier wird deshalb von mussuru (wasäru D) „loslassen, freigeben,
etc.“ abgeleitet; dieses Verb wird häufig in vergleichbaren Kontexten verwendet, wenn sich auch keine direkte Parallele
aufzeigen läßt.
56-Rs. 45 Dieser Abschnitt behandelt das Erscheinen von Finnenblasen auf dem Finger. Vergleichbare Omina erscheinen in der vier-
ten Tafel des Kapitels summa ubänu der kanonischen bärütu-Serie, siehe hierzu auch die Bemerkungen zu Vs. 56. Zum
Entstehen der Finnenblasen auf dem Finger durch Bandwurmfinnen siehe R. Leiderer, Anatomie 133.
Divinatorische Texte II: Opferschau-Omina
39 Wenn an der rechten Seite der Spitze des Fingers eine Finnenblase liegt: Mein Heer wird von Wasser zurückgehalten.
40 Wenn an der linken Seite der Spitze des Fingers eine Finnenblase liegt: Das feindliche Heer - das Gegenteil.
41 Wenn an der Spitze des Fingers (mehrere) Finnenblasen liegen: Heuschreckeninvasion in meinem Land.
42 Wenn im Palast des Fingers (mehrere) Finnenblasen liegen: Heuschreckeninvasion im Feindesland.
43 [Wenn zur] Rechten des Fingers eine Finnenblase eingegraben ist: Eine Seuche wird es im Land geben.
44 [Wenn zur Linken] des Fingers eine Finnenblase eingegraben ist: Eine Seuche wird es im Feindesland geben.
45 [Wenn zur Rechten] des Fingers und links des Fingers dito (= eine Finnenblase eingegraben ist): Heuschrecken-
invasion.
46 [Wenn an der Spitze] des Fingers ein Kreuz da ist: Finstemis.
47 Summe: 52 Eintäge. Zu Ende. Kollationiert. Entsprechend seiner Vorlage.
48 Hand des Samas-zera-iddina, des Sohnes von Samas-sumu-llser, des Opferschauers.
49 Monat Elülu, 11. Tag, Eponymat des Tiglatpileser, [des Königs ?].
Bemerkungen:
Vs. 1-54 Der Abschnitt behandelt das Erscheinen von „Samenkömern“ (sing. eristü, pl. ersetu) auf dem Leberfinger. Es ist unklar,
in welcher Tafel des Kapitels summa ubänu der kanonischen bärütu-Serie diese Beobachtungen verzeichnet waren.
1 Die Ergänzung der Apodose beruht auf Vs. 34. Aufgrund der logographischen Schreibweise der Apodose wäre es auch
möglich, Subjekt und Objekt der Apodose zu vertauschen und „die Vorhut meines Heeres wird den Feind überwältigen“
zu übersetzen, das gleiche gilt für die Apodosen in Vs. 17 und 34.
4 Für die Ergänzung der Apodose siehe Vs. 10.
13 Zur Ergänzung der Apodose siehe BRM 4/22, Rs. 4’ („19“), bearbeitet von B. Böck, Morphoskopie 22, Z. 73.
J. Nougayrol, RA 63 (1969) 149 hat für die Apodose eine Ergänzung amilu bit lali-su [ezzeb] erwogen, die aber mangels
Parallelen unwahrscheinlich ist.
16 Das Omen ist, wie bereits J. Nougayrol, RA 63 (1969) 149 gesehen hat, weitgehend parallel zum Omen K 59+ (A. Boissier,
DA 225-232) Vs. 30-31. Nougayrol hat die Apodose als „Le jours du prince sont courts. Le signe, les signes du poumon
... “ übersetzt und dabei BAR.MES als isütu von „BAR = isu, pour isu“ hergeleitet. U. S. Koch, Secrets 65/24 hat in ihrer
Bearbeitung von K 59+ die Zeilen 30-31 dieses Textes ohne Verweis auf den vorliegenden Beleg mit „The days of the
prince will .... This sign is an extis[pciy concerning? x x x]“ übersetzt. Schwierig bleibt die Lesung von BAR.MES, da sich
hier kein Verbum anbietet, das in den Kontext passen könnte.
17 Zum zweiten Teil der Apodose vgl. I. Starr, SAA IV, Nr. 281 Z. 1.
21 Die Deutung dieser Apodose als sd-nis BAR-fw von J. Nougayrol, RA 63 (1969) 150 kann nicht korrekt sein, da die Zeichen
eindeutig DIS und MAN sind.
23 Zum zweiten Teil der Apodose vgl. K 2714+ (CT 28/50), ein Manuskript der ersten Tafel des Kapitels summa ubänu,
Vs. 17: [KÜR b]i-ib-lat SA-sü KIDINGIR KUR-dd.
25 Gegen die Lesung us-ner von J. Nougayrol, RA 63 (1969) 150 steht auf der Tafel eindeutig us-dak.
26 Zu der änigmatischen Apodose EN.NU.UN GAM-ds vgl. VAT 10418 + A 9 (Nr. 63) Vs. 7’.
33 Zur Ergänzung der Apodose siehe VAT 10159 (Nr. 56, KAR 153) Vs. 21’ und Rs. 14. Zu NIN.DINGIR ustahha siehe die
Diskussion bei J. Nougayrol, RA 44 (1950) 28 und I. Starr, AfO 26 (1978/79) 49 zu Z. 1-2.
40-43 Die Apodosen dieses Abschnitts haben auffällige Parallelen in dem Text A 73 (Nr. 22) Vs. 16’-19’, der ebenfalls das
Auftreten von zwei Samenkömern, die auch noch schwarz sind, behandelt, jedoch an der „Hürde“ (tarbäsu) der Leber.
Siehe dazu die Bemerkungen zu A 73 (Nr. 22) Vs. 16’-19’.
46 J. Nougayrol, RA 63 (1969) 150 hat die schwierig zu deutenden Zeichen gi gä in der Apodose GÄ.GI(.A) gelesen und als
bislang nicht belegte Schreibung für das gagü, den den Priesterinnen vorbehaltenen Tempelkomplex, gedeutet. Diese
Emendation ist aber schwierig, da nicht GÄ GI, sondern GI GÄ geschrieben ist und zudem das folgende A fehlt. Für die
Zeichenfolge GI GÄ bietet sich die Lesung S'PISAN für pis/sannu, den „Kasten“ an, in dem Privatleute ihre wertvollen
Habseligkeiten aufbewahrten, was der Apodose durchaus Sinn verleiht.
51, 54 J. Nougayrol, RA 63 (1969) 150 hat vorgeschlagen, die Apodose zu ü-mas-[sd-ak] zu ergänzen und von masäku „schlecht
machen“ abzuleiten, doch ist dieses Verb selten belegt, dazu noch seltener mit Schin statt Samech geschrieben und wird
vor allem nicht in vergleichbaren Kontexten gebraucht. Hier wird deshalb von mussuru (wasäru D) „loslassen, freigeben,
etc.“ abgeleitet; dieses Verb wird häufig in vergleichbaren Kontexten verwendet, wenn sich auch keine direkte Parallele
aufzeigen läßt.
56-Rs. 45 Dieser Abschnitt behandelt das Erscheinen von Finnenblasen auf dem Finger. Vergleichbare Omina erscheinen in der vier-
ten Tafel des Kapitels summa ubänu der kanonischen bärütu-Serie, siehe hierzu auch die Bemerkungen zu Vs. 56. Zum
Entstehen der Finnenblasen auf dem Finger durch Bandwurmfinnen siehe R. Leiderer, Anatomie 133.