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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0077
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LXXVI

Einleitung des Herausgebers

Auf Initiative von Radio Basel vereinbartenJaspers und Buri im April 1963 ein Rund-
funkgespräch über den Philosophischen Glauben angesichts der Offenbarung, das im Juli
oder August, jedenfalls nach dem Ende des Semesterbetriebs aufgezeichnet werden
sollte. Buri, dem wie Zahrnt wenige Monate zuvor die Rolle des Fragenden zukam, ar-
beitete ein fünf Punkte umfassendes Konzept aus und schickte es Jaspers mit den Wor-
ten: »Möglicherweise haben Sie auch noch ganz andere Fragen oder haben welche im
Zusammenhang mit Ihren Antworten zu stellen. Vielleicht aber haben Sie überhaupt
einen ganz anderen Plan. Das hier ist ein Vorschlag.«356 Wie nicht anders zu erwarten,
wies Buri auf den Widerspruch hin, dass Jaspers sein Gesprächsangebot an Theologie
und Kirche mit einer vernichtenden Kritik verknüpfe, was jedes konstruktive Gespräch
unmöglich mache. Echte Verständigung zwischen philosophischem Glauben und Of-
fenbarungsglauben könne nur dann zustande kommen, wenn beide davon ausgingen,
dass »Glaube durch Philosophie verstehen lernt, was Offenbarung ist«.357 Jaspers griff
den Vorwurf auf, um ihn an Buri zurückzugeben. Der Widerspruch liege nicht bei ihm,
sondern in der Sache selbst. Deshalb sei Verständigung, wenn überhaupt, nur mög-
lich, wenn Philosophie anerkennt, dass ihr Offenbarung unzugänglich bleibt. »Wo
aber Theologie die Offenbarung philosophisch versteht, bin ich enttäuscht. Dann ist,
wie mir scheint, Offenbarung verschwunden.«358 Aus dieser Haltung heraus verfasste
Jaspers, unter Verwendung des Konzepts von Buri, einen eigenen Gesprächsentwurf,
in dem er seinerseits unangenehme Fragen stellte, etwa die folgende: »Nun frage ich
Sie, glauben Sie [gestr.: wirklich] an den Mensch gewordenen Gott, der Jesus Christus
heisst. Wenn ja, [gestr.: bitte] sagen Sie mir: Ist hier Gott leibhaftig? Ist Gott an einer
Stelle in Raum und Zeit und nur hier erschienen?«359 Auf die Zusendung dieses Ent-
wurfs sagte Buri das Gespräch ab.
Im Nachgang suchte Jaspers zu klären, was schiefgelaufen war, und nahm sich von
der Verantwortung nicht aus: »Ihr Angriff auf mein Buch war sehr energisch. Dass ich
ihn begriff und entsprechend antwortete, indem ich mich, nun meinerseits angrei-
fend, verteidigte, werden Sie nachträglich vielleicht für selbstverständlicher halten, als
es Ihnen beim Nieder schreiben bewusst war. Sie werden gewiss nicht auf mich die fran-
zösische Redensart verwenden, die etwa so lautet: Cet animal est tres mechant, si Fon
attaque, il se defend.«360 Buri ließ diesen Brief unbeantwortet und äußerte sich erst,
nachdem Jaspers, »etwas besorgt«, einen weiteren geschrieben hatte.361 Er konnte ver-

356 F. Buri an K. Jaspers, 25. Juli 1963, in: »Briefwechsel Fritz Buri/Karl Jaspers 1949 bis 1963«, 59.
357 »Geplantes, nicht ausgeführtes Radio-Gespräch mit Buri 1963«, DLA, A: Jaspers. (Es handelt sich
um ein 30-seitiges Typoskript, in dem Jaspers das in einzelne Teile zerschnittene Konzept Buris
mit eigenen Äußerungen neu arrangiert und handschriftlich überarbeitet hat.)
358 Ebd.
359 Ebd.
360 K. Jaspers an F. Buri, 8. August 1963, in: »Briefwechsel Fritz Buri/Karl Jaspers 1949 bis 1963«, 61.
361 K. Jaspers an F. Buri, 27. August 1963, ebd.
 
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