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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0080
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Einleitung des Herausgebers

LXXIX

bloß als »geschenkt«, sondern als »bejaht und angenommen« erfährt.374 Ihm war be-
wusst, damit über Jaspers hinauszugehen, aber im Unterschied zu Buri suchte er nicht
die positionierende Auseinandersetzung. Mit der Erkenntnis, dass vom Sichgeschenkt-
werden wohl doch kein Weg zur christlichen Gnade führte, wie auch er zunächst ge-
dacht hatte,375 ging er anders um. Solange Jaspers nicht thematisch im Zentrum stand,
nahm Neuenschwander die von ihm empfangenen Impulse auf und entwickelte sie in
seinem Sinne weiter, ohne die Problematik dieser Anverwandlung eigens zu reflektie-
ren. Dass die Dinge bei Jaspers selbst komplizierter lagen, indem er zwischen verdank-
ter und geforderter Existenz changierte, erläuterte Neuenschwander dagegen dort, wo
es angebracht war: in zwei Porträts, die den ganzen Jaspers in den Blick nahmen.376
Dass er von den Schweizer liberalen Theologen als Einziger ein unverkrampftes, von
Enttäuschung weitgehend freies Verhältnis zu Jaspers pflegte, zeigt nicht zuletzt sein
Nachruf: »Es ist zu hoffen, dass seine Gedanken nach seinem Tode in der Welt - aber
auch in der protestantischen Kirche - noch stärker zur Geltung kommen. Wir bleiben
dem grossen Menschen und unbestechlichen Denker in tiefer Dankbarkeit ver-
bunden.«377
Erzeugte Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung in der Theologie noch
eine gewisse Resonanz, kann das für die Philosophie nicht gesagt werden. Hier nahm
man von dem Buch schlicht keine Notiz. In den einschlägigen Organen wie der Zeit-
schrift für philosophische Forschung, der Philosophischen Rundschau oder dem Philosophi-
schen Jahrbuch wurde es nicht besprochen. Als Helmut Fahrenbach 1983 versuchte, Jas-
pers über die Idee des philosophischen Grundwissens wieder anschlussfähig zu
machen und dabei auf den dritten Teil des Buches als die maßgebliche Äußerung zur
Sache verwies, musste er einräumen, dass dieser Teil »wohl kaum besonders viele pri-
mär philosophisch interessierte Leser«378 gefunden hatte. Umso höher ist sein eigenes
Engagement einzuschätzen, an dieser Rezeptionslage etwas zu ändern. Ausgehend von
der geistigen Situation der Zeit, die er durch eine postmoderne Vernunftkritik be-
stimmt sah, verortete er die Idee des philosophischen Grundwissens in der Tradition

374 Ebd., 154-156.
375 Vgl. U. Neuenschwander: Glaube. Eine Besinnung über Wesen und Begriff des Glaubens, Bern 1957,
231.
376 Vgl. U. Neuenschwander: »Karl Jaspers 1883-1969«, in: ders.: Denker des Glaubens, 117-141, hier:
133; »Transzendenz als das Umgreifende. Karl Jaspers (1883-1969)«, in: ders.: Gott im neuzeitlichen
Denken, Bd. 2, Gütersloh 1977,218-229, hier: 226-227.
377 U. Neuenschwander: »Karl Jaspers«, in: Schweizerisches Reformiertes Volksblatt, Nr. 6,21. März 1969,
41-42, hier: 42.
378 H. Fahrenbach: »Das »philosophische Grundwissen< kommunikativer Vernunft - Ein Beitrag zur
gegenwärtigen Bedeutung der Philosophie von Karl Jaspers«, in: J. Hersch u.a. (Hg.): Karl Jaspers.
Philosoph, Arzt, politischer Denker. Symposium zum 100. Geburtstag in Basel und Heidelberg, Mün-
chen, Zürich 1986,232-280, hier: 246. Vgl. aber G. Knauss: »Die Dialektik des Grundwissens und
der Existenzerhellung bei Jaspers«, in: Studium Generale 21 (1968) 571-590.
 
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