Metadaten

Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0152
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Der philosophische Glaube angesichts der christlichen Offenbarung

51

im Gehorsam gegen ein in der Welt forderndes Absolutes, Totales, Absurdes faktisch
sich verschließt.
3. Die Weisen des Umgreifenden begründen und bestätigen die Unterscheidung
von Wissenschaft, Philosophie, Offenbarung.
Wissenschaft erkennt im Bewußtsein überhaupt, gegenständlich zwingend, ge-
meinsam mit jedem andern, beliebig vertretbaren Bewußtsein überhaupt. In dessen
Formen und Methoden werden alle anderen Weisen des Umgreifenden mit ihren Er-
scheinungen zum Material objektivierenden Erkennens. Wissenschaft erreicht die Ein-
mütigkeit aller in den Gültigkeiten für das Bewußtsein überhaupt.
Philosophie bringt im Medium des Bewußtseins überhaupt aus den Ur | Sprüngen al- 49
ler Weisen des Umgreifenden diese in ihrem Gehalt selber zum Sprechen in Gedan-
ken. Philosophie bleibt im Kampf der Mächte, die sie nicht überblickt, sondern in dem
sie steht, grenzenlos Kommunikation suchend.
Offenbarung wäre der Einbruch der Transzendenz in die Welt zur direkten Mittei-
lung durch die nun zeitlich und örtlich gebundene Realität, die die Wirklichkeit Got-
tes selbst sein solL Offenbarung erhebt den Anspruch der einzigen absoluten Wahr-
heit, die als letztes den Gehorsam und Unterwerfung verlangt. Obgleich dieser
Anspruch in der Welt immer nur von Menschen erhoben wird, behaupten diese, er
komme von Gott.
f. Skeptizismus?
Als Skeptiker gilt, wer in der Philosophie nicht eine systematisch entwickelte Überzeu-
gung in unantastbaren, weil der Meinung nach endgültig begründeten Sätzen zuläßt,
und im Offenbarungsglauben, wer nicht durch ein Bekenntnis den einen wahren
Glauben ausspricht und festhält. Skeptizismus ist ein Scheltwort. Der Vorwurf macht
den damit Getroffenen verdächtig. Er ist kein verläßlicher Mensch. Er führt ein verlo-
renes Leben. Er ist gefährlich, weil er zersetzt. - Einige Erörterungen über Skepsis und
Skeptizismus scheinen angemessen:
1. Die Vergewisserung der Weisen des Umgreifenden, damit des Erscheinens, in
dem wir uns finden, hebt die Sicherheit unseres natürlichen Seinsbewußtseins auf, so-
fern dieses die Realität in faßlicher Weise endgültig vor Augen zu haben meint. Sie
zieht uns den gewohnten Boden weg.
Aber solche Vergewisserung will nicht Skeptizismus, sondern Glaubensvergewisse-
rung. Sie erlaubt, uns gleichsam zu befreien aus der Gefangenschaft in der Subjekt-Ob-
jekt-Spaltung dadurch, daß wir uns ihrer bewußt werden. Sie löst uns aus der Verfan-
genheit in die Objektivierungen dadurch, daß wir jede in ihrer Besonderheit begreifen.
Sie löst uns aus der Bindung an das Ich dadurch, daß wir jede gedachte Form des »ich«
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften