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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0228
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Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung

127

| Erster Teil

Aus der Geschichte des Glaubens und der Kirche:
Der Begriffskreis um den Offenbarungsglauben

Aus der Realität der dreitausendjährigen biblischen Religion und des fast zweitau-
sendjährigen Christentums hebe ich wenige, für unseren Zweck wesentliche Züge he-
raus. Es ist alles unermeßlich viel reicher, auch wieder anders als es in solcher Skizze
sichtbar wird, die der Vereinfachungen und Schematisierungen sich bedient. Der
Geschichtswissenschaft verdanken wir die Bereitstellung der Dokumente, ihre kriti-
sche Analyse, die Nachschlagewerke und die Darstellungen. Aber auch diese Wissen-
schaft kann niemals die Wirklichkeit selber in ihrer Unendlichkeit sowohl der Rea-
litäten wie der Deutbarkeiten zeigen. Auch sie selber braucht Vereinfachungen und
Schematisierungen.
Unsere Aufgabe ist bescheiden: Durch Betonung bekannter Dinge soll für die
Betrachtung ein historischer Horizont sichtbar werden, innerhalb dessen jene Dinge
liegen, die zu kennen für unsere weiteren Erörterungen wichtig ist.
a. Der vielfache Ursprung des Offenbarungsbegriffs
Offenbarung hat, von außen Gesehen, mehrere Gestalten:
1. Die Propheten verkündeten, was Gott ihnen sagt und durch sie fordert.
2. Apostel bezeugten, daß Gott in Christus auf Erden erschienen, gekreuzigt und
auferstanden sei. Sie bezeugen das Heilsgeschehen.
3. Kirchen und Priester erklärten Texte für inspiriert und für das Wort Gottes.
Durch ihren Ursprung sind sie von allem anderen Schrifttum grundsätzlich zu unter-
scheiden.
Die drei Weisen der Offenbarung sind Sache des Glaubens. Die kritische Auffassung
möchte sie sich deutlicher machen. Dann kann sie - für den Glaubenden wie für den
Nichtglaubenden - um so entschiede |ner den Sprung zum Glauben wahrnehmen. 46
Denn der Glaube meint etwas radikal anderes als das, was ein kritischer Zweifel etwa
übrigläßt. Diese Kritik ist in den drei Fällen verschieden:
Zu 1. Die Propheten verkünden, daß sie Gottes Stimme gehört haben. Die ande-
ren glauben, daß den Propheten von Gott kundgeworden sei, was sie sagen. Die Pro-
pheten erfahren selber, die Offenbarungsgläubigen glauben ihnen. Die Propheten
 
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