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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0229
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Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung

können nicht zweifeln an der Unmittelbarkeit ihrer Erfahrung. Die anderen hören
von ihnen, gläubig oder ungläubig. Der Glaube an die Offenbarung der Propheten
ist daher nicht von dem Charakter der den Propheten selber zuteil gewordenen Of-
fenbarung.
In der Tat ist die Erscheinung der Propheten auch für den, der nicht die Offenba-
rung glaubt, von gewaltigem Eindruck: Sie haben sich wirklich von Gott überwältigt
gefühlt. Viele leisteten ihrer Berufung Widerstand. Die Last war zu groß, der Schrecken
zu ungeheuer. Sie wollten entrinnen, sie konnten sich nicht entziehen. Die Ergriffen-
heit der Propheten ergreift noch uns als eine unter den Bedingungen jenes Zeitalters
ohne Unredlichkeit und ohne Wahnsinn mögliche Erscheinung.
Der tiefe Gehalt ihrer Worte, bis heute unüberboten, einige von ewiger Gültigkeit,
der wir uns nicht verschließen können, war ihnen selber, wenn sie nachdachten, wohl
unbegreiflich groß: dieser Sinn konnte nicht ihre Erfindung, nicht Menschenwerk
sein. Sie beugten sich dem Größeren, Umgreifenden, als dessen Werkzeug sie sich fühl-
ten. Und was hätte es für die Menschen bedeutet, wenn sie bloß als ihre Meinung, ihre
Einsicht, ihre Forderung vorgebracht hätten, was gültig für alle war! Der Sinn dessen,
was sie zu sagen hatten, wäre als bloßes Menschenwerk verdorben. Er konnte die Men-
schen nur erreichen, wenn er von Gott selber kam. Nur durch Berufung auf Gott konn-
ten sie wagen, solche Dinge zu sagen.
Die Erfahrung solcher Offenbarung kann man deuten als Chiffer des Geheimnis-
ses: wie kann im Menschen der Sprung erfolgen aus dem Dämmer seiner gewohnten,
bewußtlosen Ordnungen zur Höhe der einfachen und wesentlichen sittlichen Gesetz-
gebung, - zur Einsicht in das Dasein von Mensch und Welt - zum Entschluß in der
konkreten Situation - zum Wissen von der Notwendigkeit der Umkehr aller? (Griechi-
sche Denker haben denselben Sprung getan ohne die Offenbarungschiffer, aber nicht
weniger mit der Erfahrung des Rätsels in diesem Sprung).
47 | Zu 2. Die Bezeugung durch die Apostel ist ihr Glaube und erzeugt durch Verkün-
digung diesen Glauben. Sie wollen nicht durch Angabe nachprüfbarer historischer Tat-
sachen beweisen, sondern das verkündigen, worin ihnen historische und geglaubte
Tatsachen, empirische Geschichte und Heilsgeschehen unkritisch in eins zusammen-
fallen. Paulus spricht die Situation der verkündigenden Predigt aus: »Wie aber sollen
sie den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem
sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Wie sollen sie aber
predigen, wo sie nicht gesandt werden? ... So kommt der Glaube aus der Predigt, das
Predigen aber durch das Wort Gottes.« (Römer io, 14 ff.)45
Die Apostel stehen in Analogie zu den Propheten; aber sie verkünden nicht die Of-
fenbarung von Gottes Willen und Wort, die ihnen zuteil wurde, sondern sie verkün-
den den Auferstandenen, den Gott, der Mensch geworden ist. Sie beziehen sich nicht
auf Gott, sondern auf Christus. Christus ist für sie dasselbe wie Gott. Das war unerhört
neu, »für die Juden ein Skandal, für die Griechen eine Torheit«.46
 
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