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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0307
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206

Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung

munikation nicht Faßlichen, eines in jedem Umgreifenden unverläßlichen Nichtseins
eines »Ich« zu sein, eine Weise des Skeptizismus, der Nihilismus geworden ist.
An dieser Grenze aber zögern wir wieder. Was uns nicht zu sein scheint, was in der
Welt auf Anspruch verzichtet, das liegt zwar außerhalb des Horizonts der von uns ver-
suchten Vergewisserung der Weisen des Umgreifenden, bleibt aber als Möglichkeit -
wie die Möglichkeit der Offenbarung - eine für uns unbeantwortbare Frage.
4. Skepsis als Weg der Philosophie. - Skepsis ist ein unerläßlicher Weg im Philosophie-
ren. Eigentliche Philosophie muß daher einem philosophischen Dogmatiker als Skep-
tizismus erscheinen.
144 | Es ist skeptische Bewegung, aber kein Skeptizismus, wenn wir in den Wissenschaf-
ten methodische Kritik üben, um das Maximum der uns jeweils möglichen Richtig-
keit zu erreichen. Skeptische Bewegung ist es auch, aber nicht Skeptizismus, wenn wir
in der Philosophie die Aussagen, die den Charakter wissenschaftlicher Erkenntnis an-
nehmen, ohne zu einer methodischen allgemeingültigen Wissenschaft werden zu
können, als objektive Erkenntnis verwerfen.
Skeptizismus aber ist es, jeden Sinn solcher Aussagen zu verneinen. Weil sie nicht
Wissenschaft sind, sind sie nicht als Spielerei überhaupt zu verwerfen. Sie sind ihrer
Form nach rückgängig zu machen, ihrem Gehalt nach aber zu prüfen.
5. Skepsis als Weg des Offenbarungsglaubens. - Vielleicht ist auch dem Offenbarungs-
gläubigen die Skepsis ein unerläßlicher Weg des Glaubens selber. Wer nicht »bekennt«,
braucht noch kein Skeptiker zu sein. Vielleicht kann der Glaube selbst das formulierte
Bekenntnis verwehren. Das Bekennen scheint, sofern es absolute Wahrheit in Form
von Sätzen in menschlicher Sprache ausdrückt, ein verhängnisvolles Tun zu sein. Denn
es trennt die Menschen, öffnet den Abgrund der Kommunikationslosigkeit, wenn mit
dem Bekenntnis der Anspruch erhoben wird, die anderen sollten an ihm als der Spra-
che der absoluten Wahrheit teilnehmen.
Nicht Skeptizismus wendet sich gegen das Bekennen in Sätzen (statt in Handlun-
gen und Leben), sondern der Glaube selber, der skeptisch auf dem Wege seiner Aus-
sagen bleibt.
6. Der unentschiedene Skeptizismus. - Eine Verwässerung des Philosophierens ist der
unentschiedene Skeptizismus, der, obwohl in skeptischer Manier verfahrend, doch
nicht skeptisch sein will. Ein durchschnittliches Denken Gebildeter kann das, was in
ihm philosophischer Glaube ist, mangels der Unterscheidung der Weisen des Umgrei-
fenden nicht angemessen aussprechen. Es pflegt in den Formulierungen zwischen
Skeptizismus und Dogmatismus hin und her zu gehen. Dafür sind Sätze Ciceros und
der sogenannten akademischen Skepsis ein BeispieL Wenn Cicero etwa darstellt, was
Epikureer, Stoiker, Akademiker über die Götter meinen,133 so sagt er: »Wohl kann mög-
lich sein, daß keine einzige dieser Meinungen, nicht aber, daß mehr als eine die Wahr-
heit sei.«134 Philosophisch ist das von demselben Range wie der des Vortrags eines Phi-
losophieprofessors über Unsterblichkeit, den ich in meiner Jugend hörte, staunend
 
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