Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
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fenbarte Gott ist nicht nur einst leibhaftig gewesen, sondern noch in jeder folgenden
Gegenwart leib | haftig. Diese Leibhaftigkeit Gottes begann in der Zeit. Die Chiffer aber, 173
die im offenbarten Gott als »der Ewige« spricht, diese mächtige, fordernde, behütende,
bezwingende Chiffer ist nicht an die Leibhaftigkeit der Offenbarung gebunden.
Auch die Chiffern sind geschichtlich, aber ihre Leibhaftigkeit ist nur die des Daseins
ihrer Sprache, dieser vieldeutigen, geschichtlich bewegten Sprache, die eine Sprache zu
nennen selber ein Gleichnis ist, und die nicht die Sprache eines Sprechenden ist.
(5) Die Wahrheit der Chiffer, die die Entscheidung der Existenz im Augenblick er-
hellt, aber nicht erzwingt, hat ihr Maß daran, ob dieser Augenblick mit seinem Ent-
schluß als die eigene Entscheidung für immer anerkannt und übernommen wird, ob
ich mit ihr identisch bin und mich in der Wiederholung ursprünglich erneuere. Was
alles wir nur verstehend erleben und was wir damit noch unverbindlich tun, hat Ge-
wicht erst, wenn es aufgenommen wird in die Kontinuität einer Existenz, die durch
die Erschütterungen hindurch ihren je eigenen Weg in Gemeinschaft findet.
Aber ich bleibe auf dem Wege und bin nicht im Besitz. Statt der Identität meiner
mit mir selbst kann eine Trennung von mir einsetzen. Was ich in einer Tat, in einer Le-
benspraxis war, das will ich nicht sein. Zwar muß ich sie übernehmen, aber ich voll-
ziehe die Trennung in einer Umkehr meiner selbst. Geschieht das im Ernst, dann muß
ich doch leben mit etwas, das ich nie mehr loswerden kann. Ich bin ein Anderer als zu
Anfang. Die Umkehr gründet ein Leben, das übernehmen muß, was mir fremd gewor-
den ist und doch zu mir gehört. Die Umkehr ist wahr mit dem neuen Blick, der neuen
Urteilskraft, durch die geschieht, was die Umkehr bezeugt. Das Gewesene wird trotz
Wiedergeburt übernommen, nicht abgestoßen, als ob es nicht gewesen sei. Ich bin
nicht befreit in einem absoluten Sinn (solche Befreiung ist weder durch eigenen Ent-
schluß noch durch Gnade möglich). Vielmehr trage ich die Folgen des Getanen und
Gelebten, die ich nicht abwälzen, sondern nur sehen, mit meinen Möglichkeiten ge-
stalten und verwandeln kann. Dies existentielle Geschehen ist selber in Chiffern er-
hellt, die in der Grenzsituation der unumgänglichen Schuld entspringen, durch die
die Existenz in ihrer bleibenden Fragwürdigkeit erst zu sich selbst kommt.
Die Wahrheit der Chiffern bezeugt sich durch keine Erkenntnis, keine Einsicht,
sondern allein durch ihre erhellende Kraft in der existentiellen Geschichte des je Ein-
zelnen.
| 4. Der Kampf um die Reinheit des Reiches der Chiffern 174
(1) »Offenbarung des Wortes Gottes überhaupt ist göttliche Zeichengebung«.1140 Ich frage
nach dem Unterschied dieser Zeichen von allen anderen Zeichen, die wir Chiffern
Karl Barth, Zwischen den Zeiten Jg. 7 (1929) S. 432. Der Theologe möge mir verzeihen, wenn ich auf
den folgenden Seiten einige seiner Sätze in meinem für ihn gewiß törichten Sinn beklopfe, tö-
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fenbarte Gott ist nicht nur einst leibhaftig gewesen, sondern noch in jeder folgenden
Gegenwart leib | haftig. Diese Leibhaftigkeit Gottes begann in der Zeit. Die Chiffer aber, 173
die im offenbarten Gott als »der Ewige« spricht, diese mächtige, fordernde, behütende,
bezwingende Chiffer ist nicht an die Leibhaftigkeit der Offenbarung gebunden.
Auch die Chiffern sind geschichtlich, aber ihre Leibhaftigkeit ist nur die des Daseins
ihrer Sprache, dieser vieldeutigen, geschichtlich bewegten Sprache, die eine Sprache zu
nennen selber ein Gleichnis ist, und die nicht die Sprache eines Sprechenden ist.
(5) Die Wahrheit der Chiffer, die die Entscheidung der Existenz im Augenblick er-
hellt, aber nicht erzwingt, hat ihr Maß daran, ob dieser Augenblick mit seinem Ent-
schluß als die eigene Entscheidung für immer anerkannt und übernommen wird, ob
ich mit ihr identisch bin und mich in der Wiederholung ursprünglich erneuere. Was
alles wir nur verstehend erleben und was wir damit noch unverbindlich tun, hat Ge-
wicht erst, wenn es aufgenommen wird in die Kontinuität einer Existenz, die durch
die Erschütterungen hindurch ihren je eigenen Weg in Gemeinschaft findet.
Aber ich bleibe auf dem Wege und bin nicht im Besitz. Statt der Identität meiner
mit mir selbst kann eine Trennung von mir einsetzen. Was ich in einer Tat, in einer Le-
benspraxis war, das will ich nicht sein. Zwar muß ich sie übernehmen, aber ich voll-
ziehe die Trennung in einer Umkehr meiner selbst. Geschieht das im Ernst, dann muß
ich doch leben mit etwas, das ich nie mehr loswerden kann. Ich bin ein Anderer als zu
Anfang. Die Umkehr gründet ein Leben, das übernehmen muß, was mir fremd gewor-
den ist und doch zu mir gehört. Die Umkehr ist wahr mit dem neuen Blick, der neuen
Urteilskraft, durch die geschieht, was die Umkehr bezeugt. Das Gewesene wird trotz
Wiedergeburt übernommen, nicht abgestoßen, als ob es nicht gewesen sei. Ich bin
nicht befreit in einem absoluten Sinn (solche Befreiung ist weder durch eigenen Ent-
schluß noch durch Gnade möglich). Vielmehr trage ich die Folgen des Getanen und
Gelebten, die ich nicht abwälzen, sondern nur sehen, mit meinen Möglichkeiten ge-
stalten und verwandeln kann. Dies existentielle Geschehen ist selber in Chiffern er-
hellt, die in der Grenzsituation der unumgänglichen Schuld entspringen, durch die
die Existenz in ihrer bleibenden Fragwürdigkeit erst zu sich selbst kommt.
Die Wahrheit der Chiffern bezeugt sich durch keine Erkenntnis, keine Einsicht,
sondern allein durch ihre erhellende Kraft in der existentiellen Geschichte des je Ein-
zelnen.
| 4. Der Kampf um die Reinheit des Reiches der Chiffern 174
(1) »Offenbarung des Wortes Gottes überhaupt ist göttliche Zeichengebung«.1140 Ich frage
nach dem Unterschied dieser Zeichen von allen anderen Zeichen, die wir Chiffern
Karl Barth, Zwischen den Zeiten Jg. 7 (1929) S. 432. Der Theologe möge mir verzeihen, wenn ich auf
den folgenden Seiten einige seiner Sätze in meinem für ihn gewiß törichten Sinn beklopfe, tö-