Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
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Die Einsicht in den Zustand unserer Welt und unseres Wissens verlangt ein ande-
res Denken, das die Verschleierung durchbricht. Es ist, wenn der Ursprung des Scheins
sich herleitete aus einer Umwendung, die Umwendung der Umwendung, die Umkehr
aus der ersten in die Verdunkelung geratenen Umkehr.
Aber die Vorstellung, daß dies Ganze eine Geschichte des Seins der Welt, unserer
selbst sei, die durch einen unbegreiflichen Abfall | entstand als Schein, und die sich 417
hält durch den Schein des Unwissens, wird selber vielmehr ungeschichtlich gemeint:
die Umwendung und die Umwendung der Umwendung ist das, was zu jeder Zeit, nicht
zu irgendeiner Zeit geschieht. Von dort her, wo Wahrheit ist, wird jeden Augenblick
der Abfall, dorthin jeden Augenblick die Rückkehr vollzogen.
Die Rückkehr geschieht durch ein anderes Denken, sei es die meditative Bewußt-
seinsverwandlung, sei es durch spekulatives, zwar mit dem Verstand vollzogenes, aber
dem Verstand als solchem unzugängliches Denken.
(2) Jenseits aller Chiffern - wer es gespürt hat, erfährt von dorther eine mächtige,
lautlose Anziehungskraft. Er schweigt zunächst, aber er kann nicht schweigen. Denn
er will sich klar werden und noch das Schweigen klären, auch wenn dieses sich nach
jeder Klärung neu wiederher stellt.
Ich denke das Jenseits aller Chiffern. Aber im Augenblick, wo ich es denke, ist es in
der Tat nicht mehr. Es kann nur gedacht werden um den Preis, es dadurch im Denken
zugleich zu verlieren.
Das Denken, das es verliert, ist das gegenständliche Denken, ist das Denken am Leit-
faden von Vorstellungen und Bildern, das Denken in Bestimmbarkeiten, das heißt in
Begriffen, das Denken in Chiffern.
Gibt es ein anderes Denken, das dorthin gelangt? Das wäre ein Denken, das sich
selbst aufhebt. Ihm brechen Gedanken und Gegenstände zusammen. Sie werden ihm
zu nichts, aber so, daß dadurch in dem Denkenden gegenwärtig wird, was eigentlich
und wesentlich und durch sich selbst ist, was nicht für anderes und nicht für uns als
ein Gedachtes ist. Aber schon die Worte »eigentlich«, »wesentlich«, »durch sich
selbst«, »jenseits des Seins« sind zu viel.
Denn sie und alle überlieferten metaphysischen Bestimmungen sind, indem sie
aussagen und nennen, selber schon wieder sogleich Verschleierung. Was das Schwei-
gen aufhebt, klärt es zwar, aber stört es auch. Die Stille, Wort geworden, verliert ihre
Tiefe. Asiatische Philosophie hat daher dies gesamte Denken am Ende nur benutzt, um
sich selber zu vernichten, und es unermüdlich in diesem Selbstvernichtungsdenkpro-
zeß wiederholt.
Was aber dadurch im Denkenden entsteht, ihm zugänglich wird, im wiederherge-
stellten Schweigen der Stille sich offenbart, das erwächst nicht schon mit dem sich auf-
hebenden Denken. Dieses macht | nur den Raum frei. Es verfolgt das gegenständliche 418
Denken bis in die letzte Ecke, in die es sich retten und aus der es von neuem hervortre-
ten will. Denn wir möchten wohl in diesem anderen Denken am Ende doch durch Er-
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Die Einsicht in den Zustand unserer Welt und unseres Wissens verlangt ein ande-
res Denken, das die Verschleierung durchbricht. Es ist, wenn der Ursprung des Scheins
sich herleitete aus einer Umwendung, die Umwendung der Umwendung, die Umkehr
aus der ersten in die Verdunkelung geratenen Umkehr.
Aber die Vorstellung, daß dies Ganze eine Geschichte des Seins der Welt, unserer
selbst sei, die durch einen unbegreiflichen Abfall | entstand als Schein, und die sich 417
hält durch den Schein des Unwissens, wird selber vielmehr ungeschichtlich gemeint:
die Umwendung und die Umwendung der Umwendung ist das, was zu jeder Zeit, nicht
zu irgendeiner Zeit geschieht. Von dort her, wo Wahrheit ist, wird jeden Augenblick
der Abfall, dorthin jeden Augenblick die Rückkehr vollzogen.
Die Rückkehr geschieht durch ein anderes Denken, sei es die meditative Bewußt-
seinsverwandlung, sei es durch spekulatives, zwar mit dem Verstand vollzogenes, aber
dem Verstand als solchem unzugängliches Denken.
(2) Jenseits aller Chiffern - wer es gespürt hat, erfährt von dorther eine mächtige,
lautlose Anziehungskraft. Er schweigt zunächst, aber er kann nicht schweigen. Denn
er will sich klar werden und noch das Schweigen klären, auch wenn dieses sich nach
jeder Klärung neu wiederher stellt.
Ich denke das Jenseits aller Chiffern. Aber im Augenblick, wo ich es denke, ist es in
der Tat nicht mehr. Es kann nur gedacht werden um den Preis, es dadurch im Denken
zugleich zu verlieren.
Das Denken, das es verliert, ist das gegenständliche Denken, ist das Denken am Leit-
faden von Vorstellungen und Bildern, das Denken in Bestimmbarkeiten, das heißt in
Begriffen, das Denken in Chiffern.
Gibt es ein anderes Denken, das dorthin gelangt? Das wäre ein Denken, das sich
selbst aufhebt. Ihm brechen Gedanken und Gegenstände zusammen. Sie werden ihm
zu nichts, aber so, daß dadurch in dem Denkenden gegenwärtig wird, was eigentlich
und wesentlich und durch sich selbst ist, was nicht für anderes und nicht für uns als
ein Gedachtes ist. Aber schon die Worte »eigentlich«, »wesentlich«, »durch sich
selbst«, »jenseits des Seins« sind zu viel.
Denn sie und alle überlieferten metaphysischen Bestimmungen sind, indem sie
aussagen und nennen, selber schon wieder sogleich Verschleierung. Was das Schwei-
gen aufhebt, klärt es zwar, aber stört es auch. Die Stille, Wort geworden, verliert ihre
Tiefe. Asiatische Philosophie hat daher dies gesamte Denken am Ende nur benutzt, um
sich selber zu vernichten, und es unermüdlich in diesem Selbstvernichtungsdenkpro-
zeß wiederholt.
Was aber dadurch im Denkenden entsteht, ihm zugänglich wird, im wiederherge-
stellten Schweigen der Stille sich offenbart, das erwächst nicht schon mit dem sich auf-
hebenden Denken. Dieses macht | nur den Raum frei. Es verfolgt das gegenständliche 418
Denken bis in die letzte Ecke, in die es sich retten und aus der es von neuem hervortre-
ten will. Denn wir möchten wohl in diesem anderen Denken am Ende doch durch Er-