Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
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Solches Denken kann unwillig machen. Es wird dann - oft zu Unrecht - als ergeb-
nislose Quälerei, oder - manchmal zu Recht - als täuschende Begriffsschieberei des
Unernstes erfahren. Aber dieses Denken kann, wo es zündet, hinreißen, weil es im Mit-
denken hineinnimmt auf den Gang dorthin, wo das Denken durch das Denken selber
aufhört und woher die Führung für den im Denken Befreiten kommt. Es ist das Den-
ken, das in höchster Abstraktion aufhört, abstrakt zu sein, weil es, das Gegenständli-
che abschüttelnd, existentiell wird.
(3) Ich wiederhole noch einmal: Jede Chiffer begrenzt, macht faßlich, bringt zur
Gestalt in Vorstellung und Gedanke. Was immer gedacht wird, steht dem Denkenden
gegenüber und dem anderen Gedachten.
Gedachte Chiffern stehen in Kategorien. Mögen diese so übergreifend sein wie etwa
Sein, Nichts, Substanz, Sinn usw., sie bleiben Kategorien. Jede Faßlichkeit verengt das
Gedachte. Bestimmtheit ist Begrenztheit.
Jenseits aller Chiffern und Kategorien steht die Transzendenz - und dieses Wort
Transzendenz ist als Bezeichnung schon wieder unangemessen. Es besagt das Hinaus-
gehen über alle Gegenstände und alle Chiffern, das Überschreiten, das Übersteigen,
meint aber nicht den Überschritt, den Überstieg, sondern das, wohin er gelangt und
was gerade nicht mehr in der Aussage zu treffen ist. Daher sind hier Aussagen weder
treffend noch nichttreffend, sondern Übergang im spekulativen Denken, wie »Gott ist
das Sein«, »Gott ist das Nichts«.
Transzendieren bedeutet für uns, sofern wir Menschen sinnliche Vernunftwesen
sind, nicht, daß wir auf Chiffern und Kategorien verzichten, sondern daß wir uns von 420
ihnen nicht fangen lassen, indem wir mit ihnen über sie hinausgelangen, aber auch
sogleich in sie zurückgleiten.
Ein großer moderner Humanist schrieb: »Ich weiß nicht von Gott, ja, ich kann
nicht einmal von ihm aussagen, daß er ist, und dennoch fühle ich mich unaufhörlich
in ihm geborgen.« (Ludwig Curtius, Torso, Stuttgart 1957 S. 287).534
(4) Man kann von einer Selbstaufhebung der Metaphysik sprechen.
Der erste Schritt ist, nachdem sie als objektive Sachmetaphysik entfaltet wurde,
ihre Aufhebung, die Kant, der »Alleszermalmer«,535 vollzog, aber zur Bewahrung ihres
Chifferncharakter s.
Der zweite Schritt ist, nachdem der Sinn der Chiffern und ihres Kampfes verwirk-
licht wurde, ihr Überschreiten in das Jenseits aller Chiffern, wie er seit Jahrtausenden
getan worden ist.
Die Aufhebung der objektiven Sachmetaphysik geschieht durch den Aufweis der
unvermeidlich entstehenden ungewollten und unerkannten Widersprüche, der end-
losen Argumentationen ohne Resultat, der typischen logischen Bahnen dieses Irrens
und der existentiellen Unverbindlichkeit solchen Wissens.
Das Überschreiten der Chiffernwelt verliert diese Welt nicht, verbietet aber, sich in
ihr als der absoluten anzusiedeln.
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Solches Denken kann unwillig machen. Es wird dann - oft zu Unrecht - als ergeb-
nislose Quälerei, oder - manchmal zu Recht - als täuschende Begriffsschieberei des
Unernstes erfahren. Aber dieses Denken kann, wo es zündet, hinreißen, weil es im Mit-
denken hineinnimmt auf den Gang dorthin, wo das Denken durch das Denken selber
aufhört und woher die Führung für den im Denken Befreiten kommt. Es ist das Den-
ken, das in höchster Abstraktion aufhört, abstrakt zu sein, weil es, das Gegenständli-
che abschüttelnd, existentiell wird.
(3) Ich wiederhole noch einmal: Jede Chiffer begrenzt, macht faßlich, bringt zur
Gestalt in Vorstellung und Gedanke. Was immer gedacht wird, steht dem Denkenden
gegenüber und dem anderen Gedachten.
Gedachte Chiffern stehen in Kategorien. Mögen diese so übergreifend sein wie etwa
Sein, Nichts, Substanz, Sinn usw., sie bleiben Kategorien. Jede Faßlichkeit verengt das
Gedachte. Bestimmtheit ist Begrenztheit.
Jenseits aller Chiffern und Kategorien steht die Transzendenz - und dieses Wort
Transzendenz ist als Bezeichnung schon wieder unangemessen. Es besagt das Hinaus-
gehen über alle Gegenstände und alle Chiffern, das Überschreiten, das Übersteigen,
meint aber nicht den Überschritt, den Überstieg, sondern das, wohin er gelangt und
was gerade nicht mehr in der Aussage zu treffen ist. Daher sind hier Aussagen weder
treffend noch nichttreffend, sondern Übergang im spekulativen Denken, wie »Gott ist
das Sein«, »Gott ist das Nichts«.
Transzendieren bedeutet für uns, sofern wir Menschen sinnliche Vernunftwesen
sind, nicht, daß wir auf Chiffern und Kategorien verzichten, sondern daß wir uns von 420
ihnen nicht fangen lassen, indem wir mit ihnen über sie hinausgelangen, aber auch
sogleich in sie zurückgleiten.
Ein großer moderner Humanist schrieb: »Ich weiß nicht von Gott, ja, ich kann
nicht einmal von ihm aussagen, daß er ist, und dennoch fühle ich mich unaufhörlich
in ihm geborgen.« (Ludwig Curtius, Torso, Stuttgart 1957 S. 287).534
(4) Man kann von einer Selbstaufhebung der Metaphysik sprechen.
Der erste Schritt ist, nachdem sie als objektive Sachmetaphysik entfaltet wurde,
ihre Aufhebung, die Kant, der »Alleszermalmer«,535 vollzog, aber zur Bewahrung ihres
Chifferncharakter s.
Der zweite Schritt ist, nachdem der Sinn der Chiffern und ihres Kampfes verwirk-
licht wurde, ihr Überschreiten in das Jenseits aller Chiffern, wie er seit Jahrtausenden
getan worden ist.
Die Aufhebung der objektiven Sachmetaphysik geschieht durch den Aufweis der
unvermeidlich entstehenden ungewollten und unerkannten Widersprüche, der end-
losen Argumentationen ohne Resultat, der typischen logischen Bahnen dieses Irrens
und der existentiellen Unverbindlichkeit solchen Wissens.
Das Überschreiten der Chiffernwelt verliert diese Welt nicht, verbietet aber, sich in
ihr als der absoluten anzusiedeln.