Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
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noch nicht machen können, bald werden wir es können. Schon bemächtigen wir uns
des Weltalls; schließlich werden wir vielleicht den Tod abschaffen. Am Ende wird der
Mensch den Menschen herstellen, wie er will, damit der vollendete Mensch entstehe.
Politisch scheinen Herrscher totalitärer Staaten keine Grenze ihrer möglichen
Macht anzuerkennen. Noch ist das Ziel nicht erreicht. Heute geschehen die unerhör-
ten Machtumwälzungen. Das Drängen der blinden Massen und aller irgendwie Revol-
tierenden wird in den Bereich der modernen totalen Herrschaft gelenkt, die sie alle
versklavt. Die Herrscher, selber Sklaven geworden, verwirklichen eine Macht der Ge-
waltherrschaft, so groß, wie sie noch nie in der Geschichte war, und gelangen zur Mög-
lichkeit eines Machtanspruches, dem es um die Erdherrschaft geht. Einer wird der Herr
der Erde sein. Er wird den Planeten gestalten nach seinem Willen.
Schließlich ist auch geistig ein Herrschaftsgefühl ohne Vorbild erwachsen. Wir ken-
nen das Faktische aller Geschichte wie kein Zeitalter vor uns. Wir verstehen Sinnwirklich-
keiten in einem noch nie so weiten geschichtlichen Horizont. Was je groß war, wir se-
hen es in einem Hochgefühl universalen Verstehens. Alles kann neu gegenwärtig werden.
Damit verbindet sich in totalitären Herrschaftsformen ein anderes Machtgefühl:
Was je war, es liegt an uns, ob es weiter wirken wird oder ob es zu Nichts werden wird.
Das Ungeheure wird möglich: die geschichtliche Erinnerung zu manipulieren. Der
Geist als Werkzeug nimmt auch seine Vergangenheit in die Hand. Er kann sie vernich-
ten, d.h. zum Vergessen bringen. Er kann das Bild der Vergangenheit nach Belieben
prägen und umprägen und aufzwingen.
All diesem unerhörten Machtgefühl entspricht heute ein ebenso | gesteigertes Ge-
fühl der Ohnmacht: Der Natur, die wir zu bezwingen scheinen, sind wir wie von jeher
am Ende völlig preisgegeben. Alle Sicherungen bezeugen und bestätigen die Unsicher-
heit. Die täglichen Unfälle in der technischen Welt, an Toten mehr fordernd als alle
bisherigen Kriege, sind wie die Hekatomben von Menschenopfern, die einst von eini-
gen Religionen, heute in weit größerem Umfang von der Technik verlangt werden. Die
Menschen können von Menschen zerstört und verderbt, aber keineswegs zu einer
höheren Gestalt gezüchtet werden. Der Tod ist nicht abzuschaffen.
Auch der politischen Macht in ihrer maßlosen Realität antwortet das Gefühl der
Ohnmacht. Die blinde Unterwerfung hat eine nie gekannte totale Abhängigkeit zur
Folge. Sie dringt bei jedem bis in den letzten Winkel seines Hauses und seiner Seele.
Sichaufbäumen bedeutet Selbstvernichtung. Man gehorcht und verliert das Bewußt-
sein eigenständiger freier Verantwortung.
Der Geist unseres Zeitalters kann erscheinen als der letzte Augenblick des Dahin-
schwindens aller Größe des Menschen und als das Aufhören der Schöpfung von Wer-
ken, während das Maß des technisch Machbaren schnell und unaufhaltsam wächst.
Mehr noch: als der letzte Augenblick des Verstehenkönnens dessen, was einst war. Es
wird vergessen, weil es infolge des Erlöschens der Fähigkeit des Verstehens nicht mehr
wahrnehmbar ist, auch wenn man äußerlich noch so reichliche Kunde von Schöpfun-
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noch nicht machen können, bald werden wir es können. Schon bemächtigen wir uns
des Weltalls; schließlich werden wir vielleicht den Tod abschaffen. Am Ende wird der
Mensch den Menschen herstellen, wie er will, damit der vollendete Mensch entstehe.
Politisch scheinen Herrscher totalitärer Staaten keine Grenze ihrer möglichen
Macht anzuerkennen. Noch ist das Ziel nicht erreicht. Heute geschehen die unerhör-
ten Machtumwälzungen. Das Drängen der blinden Massen und aller irgendwie Revol-
tierenden wird in den Bereich der modernen totalen Herrschaft gelenkt, die sie alle
versklavt. Die Herrscher, selber Sklaven geworden, verwirklichen eine Macht der Ge-
waltherrschaft, so groß, wie sie noch nie in der Geschichte war, und gelangen zur Mög-
lichkeit eines Machtanspruches, dem es um die Erdherrschaft geht. Einer wird der Herr
der Erde sein. Er wird den Planeten gestalten nach seinem Willen.
Schließlich ist auch geistig ein Herrschaftsgefühl ohne Vorbild erwachsen. Wir ken-
nen das Faktische aller Geschichte wie kein Zeitalter vor uns. Wir verstehen Sinnwirklich-
keiten in einem noch nie so weiten geschichtlichen Horizont. Was je groß war, wir se-
hen es in einem Hochgefühl universalen Verstehens. Alles kann neu gegenwärtig werden.
Damit verbindet sich in totalitären Herrschaftsformen ein anderes Machtgefühl:
Was je war, es liegt an uns, ob es weiter wirken wird oder ob es zu Nichts werden wird.
Das Ungeheure wird möglich: die geschichtliche Erinnerung zu manipulieren. Der
Geist als Werkzeug nimmt auch seine Vergangenheit in die Hand. Er kann sie vernich-
ten, d.h. zum Vergessen bringen. Er kann das Bild der Vergangenheit nach Belieben
prägen und umprägen und aufzwingen.
All diesem unerhörten Machtgefühl entspricht heute ein ebenso | gesteigertes Ge-
fühl der Ohnmacht: Der Natur, die wir zu bezwingen scheinen, sind wir wie von jeher
am Ende völlig preisgegeben. Alle Sicherungen bezeugen und bestätigen die Unsicher-
heit. Die täglichen Unfälle in der technischen Welt, an Toten mehr fordernd als alle
bisherigen Kriege, sind wie die Hekatomben von Menschenopfern, die einst von eini-
gen Religionen, heute in weit größerem Umfang von der Technik verlangt werden. Die
Menschen können von Menschen zerstört und verderbt, aber keineswegs zu einer
höheren Gestalt gezüchtet werden. Der Tod ist nicht abzuschaffen.
Auch der politischen Macht in ihrer maßlosen Realität antwortet das Gefühl der
Ohnmacht. Die blinde Unterwerfung hat eine nie gekannte totale Abhängigkeit zur
Folge. Sie dringt bei jedem bis in den letzten Winkel seines Hauses und seiner Seele.
Sichaufbäumen bedeutet Selbstvernichtung. Man gehorcht und verliert das Bewußt-
sein eigenständiger freier Verantwortung.
Der Geist unseres Zeitalters kann erscheinen als der letzte Augenblick des Dahin-
schwindens aller Größe des Menschen und als das Aufhören der Schöpfung von Wer-
ken, während das Maß des technisch Machbaren schnell und unaufhaltsam wächst.
Mehr noch: als der letzte Augenblick des Verstehenkönnens dessen, was einst war. Es
wird vergessen, weil es infolge des Erlöschens der Fähigkeit des Verstehens nicht mehr
wahrnehmbar ist, auch wenn man äußerlich noch so reichliche Kunde von Schöpfun-
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