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Philosophie und Offenbarungsglaube
Die Aufgabe des Pfarrers wird in der Stille gestellt und erfüllt. Sie ist ohne Lärm. Sie liegt
dort, wo im Ursprung die menschliche Existenz sich entscheidet.
Der Pfarrer kann den Mut verlieren vor der Höhe des Anspruchs. Er kann Zutrauen gewin-
97 nen nur durch das Maß, in dem erspürt, daß er | auf dem Wege ist, den Eigenwillen in sich zu
tilgen, die Daseinsinteressen unter unverletzliche Bedingungen zu stellen, zum Opfer bereit zu
sein, allen Ästhetizismus und alle Eitelkeit hinter sich zu lassen. Der protestantische Pfarrer
hatkeinen priesterlichen unpersönlichen Charakter indelebilis. Er selbst, nicht sein Amt ist we-
sentlich. Er wirkt durch seine persönliche Wahrhaftigkeit, sein Ethos, seine Glaubenskraft...
Wer es wagt, den Pfarrerberuf zu ergreifen, weil er sich berufen glaubt, bezeugt einen im
Interesse der Gemeinschaft höchst wünschenswerten Willen. Er trotzt den heute öffentlich gel-
tenden Wertschätzungen. An diesen Pfarrern, nicht an den Theologen liegt es, was aus der
Kirche wird. Die theologischen Fakultäten vermitteln Kenntnisse, aber erzeugen keinen Glau-
ben. Sie sind ein dienendes Hilfsmittel für die Pfarrer, die allein über den Gang der kirchlichen
Wirklichkeit entscheiden. Was durch Organisation der Kirchen und durch dogmatisches und
historisches Wissen entsteht, ist nicht diese Wirklichkeit.
Es ist heute leichtgemacht, Kirchen und Pfarrer zu verachten, sie einzuschätzen als einen
98 Beruf wie andere, der unter Schutz der Standes | interessen zur Pflege bürgerlich-konventionel-
len, theologisierten Christentums gegen anständige Bezahlung besorgt wird, ehrenwert wie
jede andere Tätigkeit, nur mit dem ungeheuren, niederschlagenden und beschwingenden An-
spruch, daß man es keineswegs wie andere Berufe mit endlichen Zwecken zu tun hat. Es ist
leicht, Nein zu den Kirchen zu sagen und nichts anderes aufweisen zu können, zu meinen, die
Menschenwelt könne in ihrer Weltlichkeit sich überlassen werden, der Bezug des Menschen
auf das Transzendente, das in diesem Ursprung begründete Ethos komme von selbst...
Das alles sind abstrakte Erörterungen, die nur umkreisen, welche Aufgaben Menschen, wenn
sie heute im Ernst Pfarrer werden, vorfinden und die sie ergreifen können. Solche Erörterungen
können die Besinnung veranlassen, aber nicht sagen, was geschehen soll (Seite 522-525).
Sie entwerfen hier ein Decorum pastorale,693 wie es kein Bischof oder Theologe bes-
ser zu tun vermöchte. Natürlich könnte man gegen Einzelheiten Einwendungen ma-
chen, aber das ist jetzt gar nicht entscheidend. Entscheidend ist das Ganze, ist der
99 Geist, aus dem das Bild entworfen ist. Sie | geben dem Beruf des Pfarrers seinen Ernst
zurück, daß er wieder ganz und gar das werde, was er sein soll: Pfarrer, Geistlicher, Seel-
sorger. Sie ahnen nicht, wie groß die Sehnsucht unter vielen Pfarrern danach ist. Aber
wie soll es geschehen? Nun, ganz gewiß nicht durch organisatorische Maßnahmen.
Diese Wege sind längst alle ausgeschritten. Wenn es überhaupt noch geschehen kann,
dann allein auf dem Weg, den Sie anzeigen, durch eine Erneuerung des Christentums
aus seinem biblischen Grund.
Bleibt am Ende unseres Gesprächs die Frage nach dem möglichen Ergebnis. Schlie-
ßen sich philosophischer Glaube und Offenbarungsglaube gegenseitig aus, oder kön-
nen sie Zusammentreffen, ja womöglich einen Bund eingehen? Wenn dies möglich
ist, wie kann es dann geschehen?
Philosophie und Offenbarungsglaube
Die Aufgabe des Pfarrers wird in der Stille gestellt und erfüllt. Sie ist ohne Lärm. Sie liegt
dort, wo im Ursprung die menschliche Existenz sich entscheidet.
Der Pfarrer kann den Mut verlieren vor der Höhe des Anspruchs. Er kann Zutrauen gewin-
97 nen nur durch das Maß, in dem erspürt, daß er | auf dem Wege ist, den Eigenwillen in sich zu
tilgen, die Daseinsinteressen unter unverletzliche Bedingungen zu stellen, zum Opfer bereit zu
sein, allen Ästhetizismus und alle Eitelkeit hinter sich zu lassen. Der protestantische Pfarrer
hatkeinen priesterlichen unpersönlichen Charakter indelebilis. Er selbst, nicht sein Amt ist we-
sentlich. Er wirkt durch seine persönliche Wahrhaftigkeit, sein Ethos, seine Glaubenskraft...
Wer es wagt, den Pfarrerberuf zu ergreifen, weil er sich berufen glaubt, bezeugt einen im
Interesse der Gemeinschaft höchst wünschenswerten Willen. Er trotzt den heute öffentlich gel-
tenden Wertschätzungen. An diesen Pfarrern, nicht an den Theologen liegt es, was aus der
Kirche wird. Die theologischen Fakultäten vermitteln Kenntnisse, aber erzeugen keinen Glau-
ben. Sie sind ein dienendes Hilfsmittel für die Pfarrer, die allein über den Gang der kirchlichen
Wirklichkeit entscheiden. Was durch Organisation der Kirchen und durch dogmatisches und
historisches Wissen entsteht, ist nicht diese Wirklichkeit.
Es ist heute leichtgemacht, Kirchen und Pfarrer zu verachten, sie einzuschätzen als einen
98 Beruf wie andere, der unter Schutz der Standes | interessen zur Pflege bürgerlich-konventionel-
len, theologisierten Christentums gegen anständige Bezahlung besorgt wird, ehrenwert wie
jede andere Tätigkeit, nur mit dem ungeheuren, niederschlagenden und beschwingenden An-
spruch, daß man es keineswegs wie andere Berufe mit endlichen Zwecken zu tun hat. Es ist
leicht, Nein zu den Kirchen zu sagen und nichts anderes aufweisen zu können, zu meinen, die
Menschenwelt könne in ihrer Weltlichkeit sich überlassen werden, der Bezug des Menschen
auf das Transzendente, das in diesem Ursprung begründete Ethos komme von selbst...
Das alles sind abstrakte Erörterungen, die nur umkreisen, welche Aufgaben Menschen, wenn
sie heute im Ernst Pfarrer werden, vorfinden und die sie ergreifen können. Solche Erörterungen
können die Besinnung veranlassen, aber nicht sagen, was geschehen soll (Seite 522-525).
Sie entwerfen hier ein Decorum pastorale,693 wie es kein Bischof oder Theologe bes-
ser zu tun vermöchte. Natürlich könnte man gegen Einzelheiten Einwendungen ma-
chen, aber das ist jetzt gar nicht entscheidend. Entscheidend ist das Ganze, ist der
99 Geist, aus dem das Bild entworfen ist. Sie | geben dem Beruf des Pfarrers seinen Ernst
zurück, daß er wieder ganz und gar das werde, was er sein soll: Pfarrer, Geistlicher, Seel-
sorger. Sie ahnen nicht, wie groß die Sehnsucht unter vielen Pfarrern danach ist. Aber
wie soll es geschehen? Nun, ganz gewiß nicht durch organisatorische Maßnahmen.
Diese Wege sind längst alle ausgeschritten. Wenn es überhaupt noch geschehen kann,
dann allein auf dem Weg, den Sie anzeigen, durch eine Erneuerung des Christentums
aus seinem biblischen Grund.
Bleibt am Ende unseres Gesprächs die Frage nach dem möglichen Ergebnis. Schlie-
ßen sich philosophischer Glaube und Offenbarungsglaube gegenseitig aus, oder kön-
nen sie Zusammentreffen, ja womöglich einen Bund eingehen? Wenn dies möglich
ist, wie kann es dann geschehen?