Mythen, Monumente und Memorialkultur: die ,Corporate Identity* der gens Fabia
23
auf „Beute dieser Art“ verzichtet und habe sogar befohlen, die riesigen Standbilder der
Götter nicht anzutasten, sondern den Tarentinern ihre „erzürnten Götter“ zu lassen?
Jedenfalls wird auch Fabius in seinem Triumph einige repräsentative Beutekunst
gezeigt haben - die Spirale der Steigerung in Bezug auf Opulenz, die im Ritual des
Triumphes ohnehin prinzipiell angelegt war, dürfte gerade um diese Zeit eben durch
Marcellus und die Beute aus Syrakus an Dynamik gewonnen haben. Diese Spirale
manifestierte sich konkret vor allem darin, dass einem fünfmaligen Consul, ehema-
ligen Dictator und Haupt einer der ältesten patrizischen gentes in dieser hochgradig
kompetitiven politischen Kultur der Republik kaum etwas anderes übrig blieb als mit
Marcellus auch in dieser Hinsicht zumindest gleichzuziehen. Tatsächlich ließ auch
Fabius das unterworfene Tarent gründlich ausplündern - und die erwähnten monu-
mentalen Götterstatuen blieben wohl nur aus banalen technischen Gründen davon
ausgenommen: Sie dürften schlicht und einfach kaum zu transportieren gewesen
sein.8
Jedenfalls hatte Fabius keinerlei Skrupel, so Plutarch, doch ein Meisterwerk be-
sonderen Ranges nach Rom bringen zu lassen, um es in einer adäquaten Position
aufstellen zu lassen: Die kolossale, fünffach überlebensgroße Statue des sitzenden und
nachdenkenden Herakles, die von dem berühmten Lysipp geschaffen worden war,
stand nun auf dem Capitol - und direkt daneben ließ Fabius ebenso ostentativ eine
Reiterstatue seiner selbst aus Bronze platzieren.9 Damit schrieb sich Fabius nicht
nur gleich in mehrfacher Hinsicht in eine etablierte Tradition der Selbstdarstellung
triumphierender Imperatoren ein. Schon zuvor waren sprechende Monumente als
Trophäen früherer Triumphe in zentralen öffentlichen Räumen - auf dem Capitol,
am Comitium und auf dem Forum - aufgestellt worden: Dazu gehörten nicht nur die
erwähnten „barbarischen Waffen“ - wie etwa die vergoldeten Samnitenschilde, die L.
Papirius Cursor anlässlich seines Triumphes 309 an den tabernae des neu gestalteten
Forums zur Schau stellen ließ.10 Dazu gehörten auch nicht nur sprechende* Beute-
stücke wie die Schiffsschnäbel der Flotte von Antium, die schon 338 an der Redner-
tribüne angebracht worden waren und ihr den bekannten Namen rostra eingebracht
hatten, und die columnae rostratae, die in foro bzw. in Capitolio errichtet wurden und an
die Siege zur See des C. Duilius und des Μ. Aemilius Paullus in den Jahren 260 bzw.
255 erinnern sollten.11
7 Livius, ab Urbe condita XXVII 16,8; Plinius, Naturalis historia XXXIV 40; Plutarchus, Fabius 22,7 bzw.
Marcellus 21,4-5. Vgl. zu Plutarchs implizit vergleichenden Charakterisierungen der beiden Protago-
nisten Beck (2002), S. 470-486 und passim.
8 So schon Plinius, Naturalis historia XXXIV 40.
9 Strabo, Geographica VI 3,1 (C278); Plutarchus, Fabius 22,8; Plinius, Naturalis historia XXXIV 40;
Ps.-Aurelius Victor, de Viris illustribus urbis Romae 43,6.
10 Livius, ab Urbe condita IX 40,16 und dazu Oakley (2005a) ad loc.; vgl. Livius, ab Urbe condita X 39,13-14.
Vgl. dazu und zum folgenden generell Hölscher (1978), S. 320 bzw. 318-324passim-, ders. (1990) S. 74-79
und passim.
ii Plinius, Naturalis historia XXXIV 20; Quintilian, Institutio oratoria I 7,12 bzw. Livius, ab Urbe condita
XLII 20,1 und dazu Sehlmeyer (1999), S. 117-118 bzw. 119-120.
23
auf „Beute dieser Art“ verzichtet und habe sogar befohlen, die riesigen Standbilder der
Götter nicht anzutasten, sondern den Tarentinern ihre „erzürnten Götter“ zu lassen?
Jedenfalls wird auch Fabius in seinem Triumph einige repräsentative Beutekunst
gezeigt haben - die Spirale der Steigerung in Bezug auf Opulenz, die im Ritual des
Triumphes ohnehin prinzipiell angelegt war, dürfte gerade um diese Zeit eben durch
Marcellus und die Beute aus Syrakus an Dynamik gewonnen haben. Diese Spirale
manifestierte sich konkret vor allem darin, dass einem fünfmaligen Consul, ehema-
ligen Dictator und Haupt einer der ältesten patrizischen gentes in dieser hochgradig
kompetitiven politischen Kultur der Republik kaum etwas anderes übrig blieb als mit
Marcellus auch in dieser Hinsicht zumindest gleichzuziehen. Tatsächlich ließ auch
Fabius das unterworfene Tarent gründlich ausplündern - und die erwähnten monu-
mentalen Götterstatuen blieben wohl nur aus banalen technischen Gründen davon
ausgenommen: Sie dürften schlicht und einfach kaum zu transportieren gewesen
sein.8
Jedenfalls hatte Fabius keinerlei Skrupel, so Plutarch, doch ein Meisterwerk be-
sonderen Ranges nach Rom bringen zu lassen, um es in einer adäquaten Position
aufstellen zu lassen: Die kolossale, fünffach überlebensgroße Statue des sitzenden und
nachdenkenden Herakles, die von dem berühmten Lysipp geschaffen worden war,
stand nun auf dem Capitol - und direkt daneben ließ Fabius ebenso ostentativ eine
Reiterstatue seiner selbst aus Bronze platzieren.9 Damit schrieb sich Fabius nicht
nur gleich in mehrfacher Hinsicht in eine etablierte Tradition der Selbstdarstellung
triumphierender Imperatoren ein. Schon zuvor waren sprechende Monumente als
Trophäen früherer Triumphe in zentralen öffentlichen Räumen - auf dem Capitol,
am Comitium und auf dem Forum - aufgestellt worden: Dazu gehörten nicht nur die
erwähnten „barbarischen Waffen“ - wie etwa die vergoldeten Samnitenschilde, die L.
Papirius Cursor anlässlich seines Triumphes 309 an den tabernae des neu gestalteten
Forums zur Schau stellen ließ.10 Dazu gehörten auch nicht nur sprechende* Beute-
stücke wie die Schiffsschnäbel der Flotte von Antium, die schon 338 an der Redner-
tribüne angebracht worden waren und ihr den bekannten Namen rostra eingebracht
hatten, und die columnae rostratae, die in foro bzw. in Capitolio errichtet wurden und an
die Siege zur See des C. Duilius und des Μ. Aemilius Paullus in den Jahren 260 bzw.
255 erinnern sollten.11
7 Livius, ab Urbe condita XXVII 16,8; Plinius, Naturalis historia XXXIV 40; Plutarchus, Fabius 22,7 bzw.
Marcellus 21,4-5. Vgl. zu Plutarchs implizit vergleichenden Charakterisierungen der beiden Protago-
nisten Beck (2002), S. 470-486 und passim.
8 So schon Plinius, Naturalis historia XXXIV 40.
9 Strabo, Geographica VI 3,1 (C278); Plutarchus, Fabius 22,8; Plinius, Naturalis historia XXXIV 40;
Ps.-Aurelius Victor, de Viris illustribus urbis Romae 43,6.
10 Livius, ab Urbe condita IX 40,16 und dazu Oakley (2005a) ad loc.; vgl. Livius, ab Urbe condita X 39,13-14.
Vgl. dazu und zum folgenden generell Hölscher (1978), S. 320 bzw. 318-324passim-, ders. (1990) S. 74-79
und passim.
ii Plinius, Naturalis historia XXXIV 20; Quintilian, Institutio oratoria I 7,12 bzw. Livius, ab Urbe condita
XLII 20,1 und dazu Sehlmeyer (1999), S. 117-118 bzw. 119-120.