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Stellenkommentar GT 5, KSA 1, S. 42 155

(ca. 700-640 v. Chr.) als Repräsentanten des Dionysischen: Beide zusammen
bilden in dieser kulturgeschichtlichen Konstruktion den „Keim“, aus dem das
„Einheitsmysterium“ der apollinisch-dionysischen Tragödie hervorgeht. Als-
bald übersetzt N. die Begriffe ,apollinisch4 und ,dionysisch4 in die philosophi-
schen Termini ,objektiv4 und ,subjektiv4, um sie ebenfalls auf Homer und
Archilochos anzuwenden. Schon die antike Überlieferung stellt Homer und
Archilochos immer wieder zusammen; so nennt der von N. intensiv studierte
Diogenes Laertius in seinem Werk Leben und Meinungen der Philosophen im
Kapitel über Herakleides Pontikos (4. Jh. v. Chr.) diesen als Verfasser von zwei
Büchern Über Archilochos und Homer (Diog. Laert. 5, 87), worauf der von N.
herangezogene Grundriß der Griechischen Litteratur von Gottfried Bernhardy
(Zweiter Theil, Halle 1845, S. 334) ebenso hinweist wie auf die Zusammenstel-
lung der beiden Dichter in anderen antiken Quellen, S. 337.
42, 22-24 Homer und Archilochos auf Bildwerken, Gemmen u. s. w.
neben einander stellt] In seiner Vorlesung über die griechischen Lyriker (KGW
II 2: Vorlesungsaufzeichnungen SS 1869-WS 1869/70, S. 114 f.) weist N. auf die
Doppelherme in der Galleria Geografien der Vatikanischen Museen hin (Inv.-
Nr. 2890) und dazu auf Friedrich Gottlieb Weickers Abhandlung Archilochos
(in: Kleine Schriften 1, 1844, S. 72-82, hier S. 73). Darin hatte dieser nach dem
Vorbild Viscontis die Herme als Doppelporträt von Homer und Archilochos
gedeutet (Ennio Quirinio Visconti: Iconographie grecque I, S. 80 ff., II, pl. 5. 6.).
Gemmen sind geschnittene Steine, meist weiche Halbedelsteine, mit einem
Bild. Sie waren bei Sammlern beliebt.
42, 24-27 in der sicheren Empfindung, dass nur diese Beiden gleich völlig
originalen Naturen, von denen aus ein Feuerstrom auf die gesammte griechische
Nachwelt fortfliesse, zu erachten seien.] Die Syntax ist defizitär. Gemeint ist:
„daß nur diese Beiden als völlig gleich originale Naturen [...] zu erachten
seien“. In den Aufzeichnungen zu seiner Vorlesung über die griechischen Lyri-
ker beruft sich N. auf eine Aussage des Dion von Prusa (Chrysostomos): „Chry-
sostomos orat. 33: es gibt in allen Zeiten nur zwei originelle Dichter ohne Glei-
che Homeros u. Archilochos“ (KGW II 2, 114). Die Originalität im Sinne einer
ersten Erfindung betont Velleius Paterculus (Historia Romana 1. 5): „neque
quemquam alium, cuius operis primus auctor fuerit, in eo perfectissimum
praeter Homerum et Archilochum reperiemus“ („Bei keinem anderen, der als
erster Urheber eines Kunstwerks ist, werden wir wie bei Homer und Archilo-
chos feststellen können, daß er darin schon die höchste Vollendung erreicht
hat“). Vgl. auch den von N. benutzten Grundriß der Griechischen Litteratur von
Gottfried Bernhardy, Zweiter Theil, Halle 1845, S. 332: „Ueber das Talent eines
so urkräftigen und originalen Mannes gewähren noch jetzt die mehr in Zahl
als im Umfang beträchtlichen Fragmente einen unzweideutigen Aufschluß“.
 
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