Stellenkommentar GT 17, KSA 1, S. 109-111 327
der Sieben Weisen: „0 Solon, Solon, ihr Griechen seid immer Kinder, einen
alten Hellenen gibt es nicht“. Solon fragt ihn, was er damit meine, und erhält
die Antwort: „Jung seid ihr in euren Seelen alle, denn ihr habt darin keine aus
alter Überlieferung stammende Gewissheit und kein Wissen, das durch die Zeit
altehrwürdig ist“ (ei) EöAcov, EöAcüv, "EAApvEc; üel naiöcq ectte, yepcov öe "EAApv
ovk eotiv. [...] veoi eote [...] TÖtq tpvxdc; nävTEq' ovöepiav ydp ev avTaiq exete
öl’ äpxaiav ÜKopv naAaidv öö^av ovöe päöppa xpövqj noAiöv ovöev). Platon
gibt mit dieser Anekdote zu verstehen, daß Wissen und Weisheit bei den Ägyp-
tern auf alter Überlieferung beruhen und daß sie sich aufgrund des viel höhe-
ren Alters ihrer Kultur den Griechen überlegen fühlten. N. verwendet diese
Anekdote in einem anderen Sinn.
HO, 30 f. Jenes Ringen des Geistes der Musik nach bildlicher und mythischer
Offenbarung] Vgl. NK 51,18-24, insbesondere zur Problematik des Titelbegriffes
„Geist der Musik“.
111, 4 f. Ob sie nicht aus ihrer mystischen Tiefe einst wieder als Kunst empor-
steigen wird?] In der Reinschrift für die Druckvorlage steht: „In der deutschen
Musik kommt [?] dieser Geist aus seiner mystischen Tiefe wieder heraus zu
künstlerischen Geburten. In der deutschen Philosophie findet derselbe Geist
die begriffliche Selbsterkenntniß“ (KSA 14, 54 f.).
111,14 der Geist der Wissenschaft] In der vorangehenden Partie dieses 17. Kapi-
tels ist mehrmals vom „Geist der Musik“ die Rede (109, 25; 110, 30), als Gegen-
macht erscheint nun der „Geist der Wissenschaft“ (so auch 111, 20 f.; 111, 25;
111, 31), der durch den Geist der Musik überwunden werden soll. In nachgelas-
senen Notizen aus der Entstehungszeit der Tragödienschrift formuliert N.
immer wieder die Opposition von „Wissenschaft“ und „Kunst“ und fordert den
Vorrang der Kunst, weil sie im Gegensatz zur Wissenschaft schöpferisch sei.
Vgl. NL 1869/1870, KSA 7, 3[4], 59: „Der Kampf zwischen Kunst und Wissen-
schaft in Griechenland ist darzustellen“; NL 1872/1873, KSA 7, 19[36], 428: „Die
Bändigung der Wissenschaft geschieht jetzt nur noch durch die
Kunst. [...] Ungeheure Aufgabe und Würde der Kunst in dieser
Aufgabe! Sie muß alles neu schaffen und ganz allein das Leben neu
gebären! “; NL 1872/1873, KSA 7, 19[38], 430, 28-32: „Das Historische und die
Naturwissenschaften waren nöthig gegen das Mittelalter: das Wissen gegen
den Glauben. Wir [N. meint hier sich selbst und Wagner] richten jetzt gegen das
Wissen die Kunst: Rückkehr zum Leben! Bändigung des Erkenntnißtriebes!
Stärkung der moralischen und ästhetischen Instinkte!“; NL 1871, KSA 7, 13[2],
372, 16-27: „Die Musik hat uns wieder den Mythus geboren: damit ist der Geist
der Wissenschaft unterlegen. [...] Allein in der Musik sind wir noch nicht wis-
senschaftliche historische Menschen.“
der Sieben Weisen: „0 Solon, Solon, ihr Griechen seid immer Kinder, einen
alten Hellenen gibt es nicht“. Solon fragt ihn, was er damit meine, und erhält
die Antwort: „Jung seid ihr in euren Seelen alle, denn ihr habt darin keine aus
alter Überlieferung stammende Gewissheit und kein Wissen, das durch die Zeit
altehrwürdig ist“ (ei) EöAcov, EöAcüv, "EAApvEc; üel naiöcq ectte, yepcov öe "EAApv
ovk eotiv. [...] veoi eote [...] TÖtq tpvxdc; nävTEq' ovöepiav ydp ev avTaiq exete
öl’ äpxaiav ÜKopv naAaidv öö^av ovöe päöppa xpövqj noAiöv ovöev). Platon
gibt mit dieser Anekdote zu verstehen, daß Wissen und Weisheit bei den Ägyp-
tern auf alter Überlieferung beruhen und daß sie sich aufgrund des viel höhe-
ren Alters ihrer Kultur den Griechen überlegen fühlten. N. verwendet diese
Anekdote in einem anderen Sinn.
HO, 30 f. Jenes Ringen des Geistes der Musik nach bildlicher und mythischer
Offenbarung] Vgl. NK 51,18-24, insbesondere zur Problematik des Titelbegriffes
„Geist der Musik“.
111, 4 f. Ob sie nicht aus ihrer mystischen Tiefe einst wieder als Kunst empor-
steigen wird?] In der Reinschrift für die Druckvorlage steht: „In der deutschen
Musik kommt [?] dieser Geist aus seiner mystischen Tiefe wieder heraus zu
künstlerischen Geburten. In der deutschen Philosophie findet derselbe Geist
die begriffliche Selbsterkenntniß“ (KSA 14, 54 f.).
111,14 der Geist der Wissenschaft] In der vorangehenden Partie dieses 17. Kapi-
tels ist mehrmals vom „Geist der Musik“ die Rede (109, 25; 110, 30), als Gegen-
macht erscheint nun der „Geist der Wissenschaft“ (so auch 111, 20 f.; 111, 25;
111, 31), der durch den Geist der Musik überwunden werden soll. In nachgelas-
senen Notizen aus der Entstehungszeit der Tragödienschrift formuliert N.
immer wieder die Opposition von „Wissenschaft“ und „Kunst“ und fordert den
Vorrang der Kunst, weil sie im Gegensatz zur Wissenschaft schöpferisch sei.
Vgl. NL 1869/1870, KSA 7, 3[4], 59: „Der Kampf zwischen Kunst und Wissen-
schaft in Griechenland ist darzustellen“; NL 1872/1873, KSA 7, 19[36], 428: „Die
Bändigung der Wissenschaft geschieht jetzt nur noch durch die
Kunst. [...] Ungeheure Aufgabe und Würde der Kunst in dieser
Aufgabe! Sie muß alles neu schaffen und ganz allein das Leben neu
gebären! “; NL 1872/1873, KSA 7, 19[38], 430, 28-32: „Das Historische und die
Naturwissenschaften waren nöthig gegen das Mittelalter: das Wissen gegen
den Glauben. Wir [N. meint hier sich selbst und Wagner] richten jetzt gegen das
Wissen die Kunst: Rückkehr zum Leben! Bändigung des Erkenntnißtriebes!
Stärkung der moralischen und ästhetischen Instinkte!“; NL 1871, KSA 7, 13[2],
372, 16-27: „Die Musik hat uns wieder den Mythus geboren: damit ist der Geist
der Wissenschaft unterlegen. [...] Allein in der Musik sind wir noch nicht wis-
senschaftliche historische Menschen.“