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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0044
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Stellenkommentar WA Der Titel, KSA 6, S. 9 25

wird er manchmal Dramenautor; dies ist der Fall des Herrn Dumas"; ebd., 138:
„Er hat einfach und seit Beginn einige Seelenzustände ins Extreme gesteigert,
deren vollständige Entwicklung erst in der kommenden Generation stattfinden
wird. Dies war der Fall Stendhals, der sofort den Sinn für das Analysieren und
den Kosmopolitismus übersteigert hat, der für unsere Zeit typisch ist.") ,,[L]e
cas des Goncourt" wird von Bourget ebd., 89 verhandelt, le „cas de Flaubert"
ebd., 90, „le cas de Tourgueniev" ebd., 210, „le cas d'un Taine, d'un Renan ou
d'un Baudelaire" ebd., 262. Deutlich ist, dass N. sich mit der auf Deutsch in
Kombination mit Eigennamen damals noch nicht so geläufigen Rede vom „Fall
N. N." an eine französische Gepflogenheit anschließt.
9, 2 Ein Musikanten-Problem.] Vgl. auch NL 1888, KSA 13, 14[51], 243, 9 f.:
„Wagner als Problem. / Ein Wort zur Aufklärung." Dass Wagner offenbar
nicht als Musiker, sondern nur als „Musikant" gelten soll, unterstreicht die
denunziatorische Absicht, die N. mit WA verfolgt. Ein Musikant ist nur ein
Musikausübender, kein Musikschöpfer; „heute hat uns musikant schon einen
beinahe niedrigen beisinn gegenüber musiker" (Grimm 1854-1971, 12, 2742). N.
selbst gebraucht das Wort „Musikant" durchweg abschätzig oder ironisch (vgl.
z. B. FW 104, KSA 3, 461, 34; FW 234, KSA 3, 512, 14; NL 1885, KSA 11, 34[181],
482, 25 = KGW IX 1, N VII 1, 67, 19; GM III 23, KSA 5, 396, 24). Gelegentlich
wird der Ausdruck auch zur Selbstcharakterisierung verwendet („Im Grunde
bin ich vielleicht ein alter Musikant." N. an Jean Bourdeau [Entwurf], um den
17. 12. 1888, KSB 8, Nr. 1196, S. 533, Z. 38 f.; vgl. auch WA 1, KSA 6, 14, 12). Um
sein eigenes, laienhaftes Verhältnis zur Musik ins rechte Licht zu rücken, hatte
übrigens schon Heinrich Romundt sich der Musikanten-Metapher in seinem
Brief an N. vom 04. 05. 1869 bedient: „Ich sehe überall die Wirkungen des
Verkehres mit Dir, mein lieber Freund [...]. Es tönt wie eine schöne halb ver-
klungene Sage von vergangenem und wiedererstandenem Pessimismus, vom
Drama der Zukunft, in dem Sophocles wiedergeboren wird [...] unter unserm
begeisterten Zuruf, von der Musik als dem Schlüssel aller Kunstphilosophie,
von Richard Wagner und Arthur Schopenhauer und von unzähligem Anderem
zu mir herüber, es ist ein grosses Concert, in dem ich als schlechter Musikant
das Einzelne nicht mehr deutlich unterscheide, nur der Concertmeister steht
handgreiflich vor mir und in ihm erkenne ich Dich wieder" (KGB II 2, Nr. 3,
S. 8, Z. 26-42).
Auch Wagner selbst benutzt den Ausdruck „Musikant" einerseits zur
Herabsetzung anderer (vgl. z. B. Wagner 1907, 7, 272), aber gelegentlich ande-
rerseits auch zur ironischen Selbstcharakterisierung, so z. B. am Ende eines
Briefes an die Fürstin Carolyne Sayn-Wittgenstein vom November 1856: „der
ich im Ganzen doch ein lederner, langweiliger, verlumpter — wenngleich Ihnen
 
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