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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0066
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Stellenkommentar WA 2, KSA 6, S. 14-15 47

ner schlechten Scherze ,Wagner als Erlöser' bezieht sich natürlich auf die
Inschrift im Kranze des Münchner Wagner-Vereins ,Erlösung dem Erlöser'..."
(KSB 8, Nr. 1088, S. 390, Z. 58-60).
15, 2 Abschied vom feuchten Norden] Die Unterschiede zwischen der deut-
schen und der südeuropäischen Musik auf einen klimatischen Gegensatz
zurückzuführen, ist nicht neu. Sie findet sich — längst vor dem Auftreten Wag-
ners und Bizets — beispielsweise schon in Guiseppe Mazzinis Filolosofia della
musica (1836, vgl. Zittel 1996, 420), die N. aber vermutlich nicht gelesen hat.
Anhand von Wagner und Bizet macht N. aus der vorgegebenen Konstellation
einen prinzipiellen Gegensatz, dessen Überwindbarkeit ihm dennoch in JGB
255, KSA 5, 200, 24-201, 10 möglich erscheint: „Gesetzt, dass Einer den Süden
liebt, wie ich ihn liebe, als eine grosse Schule der Genesung, im Geistigsten
und Sinnlichsten, als eine unbändige Sonnenfülle und Sonnen-Verklärung,
welche sich über ein selbstherrliches, an sich glaubendes Dasein breitet: nun,
ein Solcher wird sich etwas vor der deutschen Musik in Acht nehmen lernen,
weil sie, indem sie seinen Geschmack zurück verdirbt, ihm die Gesundheit
mit zurück verdirbt. Ein solcher Südländer, nicht der Abkunft, sondern dem
Glauben nach, muss, falls er von der Zukunft der Musik träumt, auch von
einer Erlösung der Musik vom Norden träumen und das Vorspiel einer tieferen,
mächtigeren, vielleicht böseren und geheimnissvolleren Musik in seinen Ohren
haben, einer überdeutschen Musik, welche vor dem Anblick des blauen wollüs-
tigen Meers und der mittelländischen Himmels-Helle nicht verklingt, vergilbt,
verblasst, wie es alle deutsche Musik thut, einer übereuropäischen Musik, die
noch vor den braunen Sonnen-Untergängen der Wüste Recht behält, deren
Seele mit der Palme verwandt ist und unter grossen schönen einsamen Raub-
thieren heimisch zu sein und zu schweifen versteht...." (Vgl. auch JGB 254, KSA
5, 200, 13-21).
15, 5-9 Sie hat von Merimee noch die Logik in der Passion, die kürzeste Linie,
die harte Nothwendigkeit; sie hat vor Allem, was zur heissen Zone gehört, die
Trockenheit der Luft, die limpidezza in der Luft, Hier ist in jedem Betracht
das Klima verändert.] N. war zunächst nicht klar, dass Bizets Carmen auf einer
Vorlage Merimees beruht, er vergleicht die Oper aber von seiner ersten
Bekanntschaft an mit Merimees Novellenstil (siehe NK 11, 2-4). Einige Tage
später heißt es dann in N.s Brief an Köselitz vom 08. 12. 1881: „Sehr spät bringt
mein Gedächtniß (das mitunter verschüttet ist) heraus, daß es wirklich von
Merimee eine Novelle ,Carmen' giebt, und daß das Schema und der Gedanke
und auch die tragische Consequenz dieses Künstlers noch in der Oper
fortleben." (KSB 6, Nr. 177, S. 147, Z. 2-6) Nicht ganz so freundlich klingt eine
Notiz in NL 1887/88, KSA 13, 11[66], 32 (KGW IX 7, W II 3, 168, 24-28), in der
 
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