Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0140
Lizenz: In Copyright

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stellenkommentar WA 8, KSA 6, S. 29-30 121

das Genie des Vortragens, Vorstellens, Nachmachens, Darstellens, Bedeutens,
Scheinens: ist das in irgend einem Genre eine deutsche Art Begabung?..."
In GD Streifzüge eines Unzeitgemässen 10, KSA 6, 118, 9 greift N. den schon
zu seiner Zeit allgemein gebräulichen Begriff des Histrionismus erneut auf, um
dort aber den Zustand des dionysischen Menschen zu beschreiben. Wagner
selbst kritisiert den „Histrionen" (Wagner 1871-1873, 9, 255 = Wagner 1907, 9,
213), siehe den Quellenauszug in NK 26, 28 f.
30, 4 f. der grösste Mime] Zu Wagners Verständnis des Mimen vgl. NK 26, 28 f.
30, 5 f. das erstaunlichste Theater-Genie, das die Deutschen gehabt haben] Im
Dictionnaire historique et pittoresque du theätre von Arthur Pougin wurde
damals genau das Gegenteil behauptet: „De nos jours, un musicien de genie,
qui n'avait point le genie du theätre, Richard Wagner a renouvele, en l'appli-
quant au drame lyrique et en la modifiant ä sa guise, la forme tetralogique des
Grecs." (Pougin 1885, 704. „In unseren Tagen hat ein Musikgenie, das kein
Theatergenie war, Richard Wagner, die tetralogische Form der Griechen erneu-
ert, indem er sie auf das lyrische Drama anwendete und sie auf seine Weise
anpasste.") N. hat Ende 1887 mit Sicherheit zumindest ein anderes Werk Pou-
gins gelesen (nämlich Pougin 1881, siehe N. an Köselitz, 20. 12. 1887, KSB 8,
Nr. 964, S. 211, Z. 10-16 und NK 29, 30-30, 2).
30, 6 unser Sceniker par excellence] Thomas Mann nimmt diese Charakteri-
sierung in seinem Versuch über das Theater von 1908 auf, ohne N. als Inspirati-
onsquelle zu nennen, wenn er über „Richard Wagner, diesen fanatischen Sze-
niker spricht" (Mann 1990, 10, 48). Manns Versuch steht ohnehin im Bann von
WA, vgl. NK 32, 28-33.
30, 8-10 Wagner und Beethoven — das ist eine Blasphemie — und zuletzt ein
Unrecht selbst gegen Wagner...] Ebenso lehnt N. im Spätwerk die Zusammenstel-
lung von „Goethe und Schiller" ab, vgl. NK KSA 6, 122, 1-3. Im Fall von Beetho-
ven und Wagner hat er sie selbst gepflegt, siehe z. B. GT 19, KSA 1, 127, 13 f.
über den „mächtigen Sonnenlaufe von Bach zu Beethoven, von Beethoven zu
Wagner" oder UB IV WB 9, KSA 1, 491-493.
30, 12 der Tyrann in ihm] Vgl. NK 29, 27 f.
30, 21-23 er hat das Sprachvermögen der Musik in's Unermess-
liche vermehrt —: er ist der Victor Hugo der Musik als Sprache.] Zu 30, 23
gibt es in W II 6, 127 (KSA 14, 407) eine gestrichene Variante: „Wagner hat
etwas Ähnliches für die Musik als Sprache gethan, was Victor Hugo für die
Sprache als Musik gethan hat. Die ganze Sinnlichkeit der Musik ist ins Unend-
liehe-entwiekelt seitdem wie neu entdeckt: alles, was der Ton sagen kann,
Niemand hat es vor Wagner auch nur geahnt". Siehe auch NL 1888, KSA 13,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften