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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0180
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Stellenkommentar WA 11, KSA 6, S. 38-39 161

Bausch und Bogen zu rechtfertigen. Man darf nur darauf hinweisen, dass die
geistige Kraft, die man häufig so gerne der physischen entgegenstellt, mit der
letzteren aus Einer Wurzel emporwächst. Doch kann man noch einen Schritt
weiter gehen und mit vollstem Rechte behaupten, dass auch der
moderne Germane sich seiner sogenannten physischen Kraft,
oder wenn man will, der Kraft seines Armes mit Freudigkeit bewusst
ist, dass es ihm wohl thut, sie zu gebrauchen, und dass er daher den
Kampf liebt, denn der Kampf ist die vollste Bethätigung der physischen
Lebenskraft und Lebensfreude." Vgl. NK KSA 6, 238, 10-14.
39, 5-12 Es ist voll tiefer Bedeutung, dass die Heraufkunft Wagner's zeitlich
mit der Heraufkunft des „Reichs" zusammenfällt: beide Thatsachen beweisen
Ein und Dasselbe — Gehorsam und lange Beine. — Nie ist besser gehorcht, nie
besser befohlen worden. Die Wagnerischen Kapellmeister in Sonderheit sind
eines Zeitalters würdig, das die Nachwelt einmal mit scheuer Ehrfurcht das
klassische Zeitalter des Kriegs nennen wird.] Vgl. NK 38, 28-30. Die
Parallelität zwischen der Reichseinigung und der Erneuerung deutscher Musik
durch Wagner betont — in panegyrischer Absicht — Ludwig Nohl in seinem
von N. gelesenen Wagner. Er beschwört die „Begeisterung": „Die patriotische
von 1870 entstammte der gleichen Quelle und sie hat uns das ,Reich' gebracht
wie die von 1876 die ,Kunst'." (Nohl o. J., 94, vgl. ebd., 65).
39, 11 f. das klassische Zeitalter des Kriegs] N. hat sich nach Aus-
weis der Lesespuren (NPB 291) bei Herrmann 1887, 107-116 über die verschiede-
nen Epochen des Krieges in der Menschheitsgeschichte unterrichtet. Vgl. NK
KSA 6, 57, 12-14.
39, 15-18 Wagner, der vielleicht das grösste Beispiel der Selbstvergewaltigung
abgiebt, das die Geschichte der Künste hat (— selbst Alfieri, sonst sein Nächst-
verwandter, ist noch überboten. Anmerkung eines Turiners).] Gemeint ist der
häufig in Turin lebende, italienische Aufklärungsdichter Vittorio Alfieri (1749-
1803), dem N. noch in NL 1887, KSA 12, 9[183], 446, 26 (KGW IX 6, W II 1, 6,
33) „einen Sinn für großen Styl" attestiert hat. Die zweibändigen Denkwür-
digkeiten aus dem Leben Vittorio Alfieri's hatte N. 1878 erworben (KGB II 7/3, 2,
S. 953) und intensiv gelesen. Auf diese Lektüre geht FW 91, KSA 3, 447, 7-
14 zurück: „Alfieri hat, wie bekannt, sehr viel gelogen, als er den erstaunten
Zeitgenossen seine Lebensgeschichte erzählte. Er log aus jenem Despotismus
gegen sich selber, den er zum Beispiel in der Art bewies, wie er sich seine
eigene Sprache schuf und sich zum Dichter tyrannisirte: — er hatte endlich
eine strenge Form von Erhabenheit gefunden, in welche er sein Leben und
sein Gedächtniss hineinpresste: es wird viel Qual dabei gewesen sein."
Diese Darstellung steht in pointiertem Gegensatz zur Absicht, die Alfieri zu
 
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