178 Der Fall Wagner
Z. 12 f.); gegen das deutsche „Hornvieh" spricht N. sich wiederholt aus (z. B.
GM III 26, KSA 5, 407, 28; EH Warum ich so gute Bücher schreibe 1, KSA 6,
300, 25; ebd. 3, KSA 6, 303, 16; NW Wohin Wagner gehört, KSA 6, 427, 28 f.) -
zum andern auf Phylloxera (Philloxera) Vastatrix Planch, die Reblaus, die, aus
den USA eingeschleppt, seit Mitte des 19. Jahrhunderts Kontinentaleuropa zu
verheeren begann (vgl. Thatcher 1983): „In Deutschland fand man die
R[eblaus] seit 1874 mehrfach an vereinzelten Stellen, erst 1881 zeigte sich im
Ahrthal ein Herd von 2 Hektar, u. bis 1887 mögen wohl gegen 80 Hektar ver-
seucht sein. [...] Zum Schutz gegen die Verbreitung der R. wurden 1875 in Öster-
reich und Deutschland Gesetze erlassen. Auf Anregung von [Victor] Fatio berief
die Schweiz 1877 einen Reblauskongreß nach Lausanne, der die Grundzüge zu
internationalem Vorgehen feststellte." (Meyer 1885-1892, 13, 622) Die „Wein-
berge[.] des deutschen Geistes" (46, 6) rufen auch die Erinnerung an das bibli-
sche Gleichnis Matthäus 20, 1-16 wach.
Die Inspiration für die Kontamination von Rhinozeros und Phylloxera
könnte N. wiederum in der zeitgenössischen Wagner-Kritik gefunden haben:
„Phylloxera vagnatrix. Die ,Berliner Montagszeitung' vom 14. Februar
[1874] enthält im ,Briefkasten' Folgendes: ,Wer bayreutet so spät durch Nacht
und Wind? — Nein! von einer Opern-Reblaus (phylloxera vagnatrix) ist
uns nichts bekannt geworden und ebensowenig, dass dieselbe bereits seit eini-
gen Tagen hierorts unter den Linden starke Verwüstungen /29/ anrichtet.'
(Anspielung auf den Wagner-Bazar, der aber nicht unter den Linden, sondern
am 9. Februar 1874 in der Wilhelmstrasse eröffnet wurde. — NB. Phylloxera
vastatrix die (Wein-) Reblaus, deren Auftreten an Deutschlands Grenzen um
diese Zeit constatirt worden war.)" (Tappert 1877, 28 f.).
Karl Kraus nimmt 1921 in einer Auslassung gegen die „überwältigende
Humorlosigkeit der deutschen Literatur" N.s Begriffsschöpfung auf: „Es war
sicherlich kein Zufall der Wahllosigkeit, daß ich unmittelbar vorher [sc. vor
einer Gerhart Hauptmann-Lektüre] Nietzsche, an den die fröhliche Wissen-
schaft um dieses blamierte falsche Gelehrtentum sichtlich anknüpft — eine
Zopfneckerei, die pedantischer und enger ist als alles Zopftum —, gelesen und
mich an Witzen, wie etwa, daß die deutsche Kultur an der ,Rhinoxera' leide,
delektiert hatte und an ähnlichem polemischen Geist, der nun einmal — ja, so
sind sie diese Deutschen — der Unsterblichkeit einverleibt ist." (Kraus 1987,
199).
46, 8 Kreuzzeitung} Die seit 1848 erscheinende, betont konservative Neue
preußische Zeitung wurde wegen des dominierenden preußischen Kreuzes auf
der Titelseite allgemein „Kreuzzeitung" genannt. Am 31. 10. 1886 wurde in der
Sonntagsbeilage (Nr. 44) erstmals in dieser Zeitung ein Werk N.s besprochen.
Auf diese von „E. H." gezeichnete Rezension von Jenseits von Gut und Böse
Z. 12 f.); gegen das deutsche „Hornvieh" spricht N. sich wiederholt aus (z. B.
GM III 26, KSA 5, 407, 28; EH Warum ich so gute Bücher schreibe 1, KSA 6,
300, 25; ebd. 3, KSA 6, 303, 16; NW Wohin Wagner gehört, KSA 6, 427, 28 f.) -
zum andern auf Phylloxera (Philloxera) Vastatrix Planch, die Reblaus, die, aus
den USA eingeschleppt, seit Mitte des 19. Jahrhunderts Kontinentaleuropa zu
verheeren begann (vgl. Thatcher 1983): „In Deutschland fand man die
R[eblaus] seit 1874 mehrfach an vereinzelten Stellen, erst 1881 zeigte sich im
Ahrthal ein Herd von 2 Hektar, u. bis 1887 mögen wohl gegen 80 Hektar ver-
seucht sein. [...] Zum Schutz gegen die Verbreitung der R. wurden 1875 in Öster-
reich und Deutschland Gesetze erlassen. Auf Anregung von [Victor] Fatio berief
die Schweiz 1877 einen Reblauskongreß nach Lausanne, der die Grundzüge zu
internationalem Vorgehen feststellte." (Meyer 1885-1892, 13, 622) Die „Wein-
berge[.] des deutschen Geistes" (46, 6) rufen auch die Erinnerung an das bibli-
sche Gleichnis Matthäus 20, 1-16 wach.
Die Inspiration für die Kontamination von Rhinozeros und Phylloxera
könnte N. wiederum in der zeitgenössischen Wagner-Kritik gefunden haben:
„Phylloxera vagnatrix. Die ,Berliner Montagszeitung' vom 14. Februar
[1874] enthält im ,Briefkasten' Folgendes: ,Wer bayreutet so spät durch Nacht
und Wind? — Nein! von einer Opern-Reblaus (phylloxera vagnatrix) ist
uns nichts bekannt geworden und ebensowenig, dass dieselbe bereits seit eini-
gen Tagen hierorts unter den Linden starke Verwüstungen /29/ anrichtet.'
(Anspielung auf den Wagner-Bazar, der aber nicht unter den Linden, sondern
am 9. Februar 1874 in der Wilhelmstrasse eröffnet wurde. — NB. Phylloxera
vastatrix die (Wein-) Reblaus, deren Auftreten an Deutschlands Grenzen um
diese Zeit constatirt worden war.)" (Tappert 1877, 28 f.).
Karl Kraus nimmt 1921 in einer Auslassung gegen die „überwältigende
Humorlosigkeit der deutschen Literatur" N.s Begriffsschöpfung auf: „Es war
sicherlich kein Zufall der Wahllosigkeit, daß ich unmittelbar vorher [sc. vor
einer Gerhart Hauptmann-Lektüre] Nietzsche, an den die fröhliche Wissen-
schaft um dieses blamierte falsche Gelehrtentum sichtlich anknüpft — eine
Zopfneckerei, die pedantischer und enger ist als alles Zopftum —, gelesen und
mich an Witzen, wie etwa, daß die deutsche Kultur an der ,Rhinoxera' leide,
delektiert hatte und an ähnlichem polemischen Geist, der nun einmal — ja, so
sind sie diese Deutschen — der Unsterblichkeit einverleibt ist." (Kraus 1987,
199).
46, 8 Kreuzzeitung} Die seit 1848 erscheinende, betont konservative Neue
preußische Zeitung wurde wegen des dominierenden preußischen Kreuzes auf
der Titelseite allgemein „Kreuzzeitung" genannt. Am 31. 10. 1886 wurde in der
Sonntagsbeilage (Nr. 44) erstmals in dieser Zeitung ein Werk N.s besprochen.
Auf diese von „E. H." gezeichnete Rezension von Jenseits von Gut und Böse