Stellenkommentar GD Vorwort, KSA 6, S. 57 217
nale Wortlaut wird von N. in seinem Brief an Heinrich Köselitz am 24. 11. 1885
zitiert: „Ein ganz alter Römer sagt von einem gleich Ihnen Kämpfenden: /
,increscunt animi, virescit volnere virtus' / (es schwillt der Muth, durch die
Wunde erst tritt die Tapferkeit in Saft und Kraft). Man soll es Ihrer Musik schon
einmal anhören, was Krieg und Sieg sind." (KSB 7, Nr. 648, S. 114, Z. 18-23)
Auch hier steht der Spruch im metaphorischen Horizont von Leben (und Den-
ken) als Kriegführen (vgl. Sommer 2007b) und verweist mit der Verschränkung
der metaphorischen Felder Gesundheit und Kriegführen voraus auf GD Sprü-
che 8 (KSA 6, 60) und zurück auf FW Vorrede 2 (KSA 3, 347, vgl. Hödl 2003,
81 f.). Er stand zunächst auch in AC Vorwort, vgl. NK KSA 6, 167, 16 f. Zum
Thema des (Erkenntniswage-)Muts bei N. siehe Zibis 2007, 167-223. Klages
1926b, 212 meint, der Spruch 57, 17 sei „als Motto über Nietzsches Gesamtwerk
brauchbar" — und Lou Andreas-Salome benutzt ihn tatsächlich als Motto ihres
Buches von 1894, Friedrich Nietzsche in seinen Werken (Andreas-Salome 1983,
23). Die Bedeutung von Schmerz und Leid ist ein Thema, das GD durchhält
und in den letzten beiden Abschnitten des Werks (Was ich den Alten verdanke
4 u. 5, KSA 6, 159 f.) noch einmal in den Rang des Prinzipiellen hebt.
57, 19 Götzen aushorchen...] Akustische Metaphern sind in N.s Werk
außerordentlich häufig, dennoch tauchen im Unterschied zu bloßem Horchen
das Verb „aushorchen" und entsprechende Ableitungen nur an wenigen Stellen
im späten Werk und Nachlass auf, vgl. JGB 295, KSA 5, 237, 24 (zitiert auch in
EH Warum ich so gute Bücher schreibe 6, KSA 6, 308, 8 f.); GD Streifzüge eines
Unzeitgemässen 3, KSA 6, 112, 18; dazu NL 1885, KSA 11, 35[43], 529, 3 (KGW IX
4, W I 3, 88, 9) und NL 1887/88, KSA 13, 11[9], 11, 21 (KGW IX 7, W II 3, 196,
24). Nur im Vorwort von GD bekommt das Wort durch die Sperrung in 57, 19
und die beiden Wiederholungen in 58, 8 und 58, 9 ein starkes Eigengewicht.
Während sich die Belege bei Grimm 1854-1971, 1, 888 „aushorchen" (als auscul-
tando explorare) auf Personen oder Personifikationen beziehen, liegt die Pointe
von N.s Verwendung darin, dass die auszuhorchenden Götzen zwar auch Per-
sonifikationen sind, sie aber wie Dinge (oder Körper) behandelt werden, die
sich mit einem Hammer aushorchen lassen. Behorchen, Auskultation ist der
medizinische Fachausdruck für das diagnostische Verfahren, zu dem man den
Perkussionshammer benötigt, vgl. NK 57, 21-58, 1. Auch das Aushorchen ist
Teil der medizinischen Metaphorik, mit der das Geschäft der Philosophie aus-
staffiert wird.
57, 21 f. mit dem Hammer Fragen stellen] Der Passus macht deutlich, dass
der Hammer, der drohend im Untertitel erscheint (55, 3), keineswegs nur auf
Zerstörung aus ist. In GD kommt der Hammer nur im Untertitel, im Vorwort
hier sowie 58, 11 und schließlich in der Überschrift zum Zarathustra-Zitat vor,
nale Wortlaut wird von N. in seinem Brief an Heinrich Köselitz am 24. 11. 1885
zitiert: „Ein ganz alter Römer sagt von einem gleich Ihnen Kämpfenden: /
,increscunt animi, virescit volnere virtus' / (es schwillt der Muth, durch die
Wunde erst tritt die Tapferkeit in Saft und Kraft). Man soll es Ihrer Musik schon
einmal anhören, was Krieg und Sieg sind." (KSB 7, Nr. 648, S. 114, Z. 18-23)
Auch hier steht der Spruch im metaphorischen Horizont von Leben (und Den-
ken) als Kriegführen (vgl. Sommer 2007b) und verweist mit der Verschränkung
der metaphorischen Felder Gesundheit und Kriegführen voraus auf GD Sprü-
che 8 (KSA 6, 60) und zurück auf FW Vorrede 2 (KSA 3, 347, vgl. Hödl 2003,
81 f.). Er stand zunächst auch in AC Vorwort, vgl. NK KSA 6, 167, 16 f. Zum
Thema des (Erkenntniswage-)Muts bei N. siehe Zibis 2007, 167-223. Klages
1926b, 212 meint, der Spruch 57, 17 sei „als Motto über Nietzsches Gesamtwerk
brauchbar" — und Lou Andreas-Salome benutzt ihn tatsächlich als Motto ihres
Buches von 1894, Friedrich Nietzsche in seinen Werken (Andreas-Salome 1983,
23). Die Bedeutung von Schmerz und Leid ist ein Thema, das GD durchhält
und in den letzten beiden Abschnitten des Werks (Was ich den Alten verdanke
4 u. 5, KSA 6, 159 f.) noch einmal in den Rang des Prinzipiellen hebt.
57, 19 Götzen aushorchen...] Akustische Metaphern sind in N.s Werk
außerordentlich häufig, dennoch tauchen im Unterschied zu bloßem Horchen
das Verb „aushorchen" und entsprechende Ableitungen nur an wenigen Stellen
im späten Werk und Nachlass auf, vgl. JGB 295, KSA 5, 237, 24 (zitiert auch in
EH Warum ich so gute Bücher schreibe 6, KSA 6, 308, 8 f.); GD Streifzüge eines
Unzeitgemässen 3, KSA 6, 112, 18; dazu NL 1885, KSA 11, 35[43], 529, 3 (KGW IX
4, W I 3, 88, 9) und NL 1887/88, KSA 13, 11[9], 11, 21 (KGW IX 7, W II 3, 196,
24). Nur im Vorwort von GD bekommt das Wort durch die Sperrung in 57, 19
und die beiden Wiederholungen in 58, 8 und 58, 9 ein starkes Eigengewicht.
Während sich die Belege bei Grimm 1854-1971, 1, 888 „aushorchen" (als auscul-
tando explorare) auf Personen oder Personifikationen beziehen, liegt die Pointe
von N.s Verwendung darin, dass die auszuhorchenden Götzen zwar auch Per-
sonifikationen sind, sie aber wie Dinge (oder Körper) behandelt werden, die
sich mit einem Hammer aushorchen lassen. Behorchen, Auskultation ist der
medizinische Fachausdruck für das diagnostische Verfahren, zu dem man den
Perkussionshammer benötigt, vgl. NK 57, 21-58, 1. Auch das Aushorchen ist
Teil der medizinischen Metaphorik, mit der das Geschäft der Philosophie aus-
staffiert wird.
57, 21 f. mit dem Hammer Fragen stellen] Der Passus macht deutlich, dass
der Hammer, der drohend im Untertitel erscheint (55, 3), keineswegs nur auf
Zerstörung aus ist. In GD kommt der Hammer nur im Untertitel, im Vorwort
hier sowie 58, 11 und schließlich in der Überschrift zum Zarathustra-Zitat vor,