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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0254
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Stellenkommentar GD Sprüche, KSA 6, S. 60-61 235

Heuhaufen entscheidungsunfähigen und daher verhungernden Esel des Johan-
nes Buridanus (ca. 1300-1358). Zum wichtigen Motiv des Esels in N.s Gesamt-
werk vgl. Higgins 2004 u. Salaquarda 1972. In Mp XVI 4 hatte der letzte Satz
statt „Der Fall des Philosophen" (60, 20) gelautet: „Der Fall Carlyle's". N. hatte
zur Entstehungszeit von GD Froudes Carlyle-Biographie gelesen (Froude 1887,
vgl. NK 119, 10), die unablässig die tragischen Lebensumstände des englischen
Schriftstellers betonte.

12
61, 1-2 Der Mensch strebt nicht nach Glück; nur der Engländer thut das.] Vgl.
NL 1888, KSA 13, 15[118], 480, 12-14 und NL 1888, KSA 13, 14[129], 310-312
(KGW IX 8, W II 5, 88-89), wo es in der Auseinandersetzung mit der „Philoso-
phie als decadence" (KSA 13, 310, 18 = KGW IX 8, W II 5, 88, 20-24) namentlich
gegen ihre griechisch(-sokratische) Ausprägung heißt: „Thatsächlich will der
Mensch nicht das ,Glück'..." (KSA 13, 311, 12 = KGW IX 8, W II 5, 88, 42). 61,
1 ist eine Kontrafaktur von Aristoteles: Nikomachische Ethik I 2 (1095a 18 f.),
wonach alle Menschen von Natur nach Glück streben — eine Auffassung, die
z. B. auch bei Rolph 1884, 21 und 192 f. als wissenschaftlich-biologische
Erkenntnis präsentiert wird (Lesespuren N.s).
Das in 61, 1-2 angeschnittene Thema wird breiter im Rahmen einer Kritik
der englischen Utilitaristen in JGB 228 entfaltet, die sich als „ehemalige[.] Puri-
taner[.]" herausstellen: „Zuletzt wollen sie Alle, dass die englische Moralität
Recht bekomme: insofern gerade damit der Menschheit, oder dem ,allgemei-
nen Nutzen' oder ,dem Glück der Meisten', nein! dem Glücke Englands am
besten gedient wird; sie möchten mit allen Kräften sich beweisen, dass das
Streben nach englischem Glück, ich meine nach comfort und fashion (und,
an höchster Stelle, einem Sitz im Parlament) zugleich auch der rechte Pfad der
Tugend sei, ja dass, so viel Tugend es bisher in der Welt gegeben hat, es eben
in einem solchen Streben bestanden habe. Keins von allen diesen schwerfälli-
gen, im Gewissen beunruhigten Heerdenthieren (die die Sache des Egoismus
als Sache der allgemeinen Wohlfahrt zu führen unternehmen —) will etwas
davon wissen und riechen, dass die ,allgemeine Wohlfahrt' kein Ideal, kein
Ziel, kein irgendwie fassbarer Begriff, sondern nur ein Brechmittel ist, — dass,
was dem Einen billig ist, durchaus noch nicht dem Andern billig sein kann,
dass die Forderung Einer Moral für Alle die Beeinträchtigung gerade der höhe-
ren Menschen ist, kurz, dass es eine Rangordnung zwischen Mensch und
Mensch, folglich auch zwischen Moral und Moral giebt." (KSA 5, 164, 22-165,
7) Allerdings steht hier im Unterschied zu GD Sprüche und Pfeile 12 eine spezi-
 
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