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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0290
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Stellenkommentar GD Sokrates, KSA 6, S. 69 271

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69, 13 Wüstheit und Anarchie in den Instinkten] Vgl. NK 69, 21 f.
69, 14 f. Superfötation des Logischen] Superfötation ist ein Ausdruck aus der
Medizin und bedeutet „Überschwängerung": „Überfruchtung (Superfoecunda-
tio) und Überschwängerung (Superfoetatio), die abermalige Befruchtung und
Schwängerung einer Person, welche bereits empfangen hat. [...] Dagegen ver-
steht man unter Überschwängerung denjenigen Vorgang, wo nach bereits
erfolgtem Eintritt des befruchteten Eies in die Gebärmutterhöhle und nach
bereits gebildeter Decidua daselbst eine zweite Empfängnis statthaben soll.
Ü[berfruchtung] kommt bei Tieren erwiesenermaßen vor; beim Menschen ist
sie wohl möglich und denkbar, aber noch nicht durch sichere Thatsachen
erwiesen. [...] Überschwängerung ist aber beim Menschen nur in den sehr selte-
nen Fällen denkbar, wenn eine doppelte Gebärmutter vorhanden ist; doch ist
auch für diesen Fall das Vorkommen der Überschwängerung noch nicht sicher
beobachtet worden." (Meyer 1885-1892, 15, 963) N. benutzte den Ausdruck der
Superfötation bereits in GT 13 im Zusammenhang mit Sokrates' Daimonion,
nimmt in 69, 14 also ein altes Motiv seiner Sokrates-Kritik wieder auf: „Und
zwar nehmen wir hier einen monstrosen defectus jeder mystischen Anlage
wahr, so dass Sokrates als der specifische Nicht-Mystiker zu bezeichnen
wäre, in dem die logische Natur durch eine Superfötation eben so excessiv
entwickelt ist wie im Mystiker jene instinctive Weisheit." (KSA 1, 90, 28-33)
Vgl. auch ST, KSA 1, 546, 11 f.; SGT, KSA 1, 629, 12 f.; NL 1869, KSA 7, 1[7], 13,
l f. u. NL 1888, KSA 13, 14[92], 270, 11 f. (KGW IX 8, W II 5, 131, 14-18). Zu
Metaphern aus dem Geburtsumfeld in GT ausführlich Kohlenbach 1994. Dass
Missgeburten durch Superfötation entstünden, ist eine Vorstellung, die N.
schon bei Demokrit, genauer bei Aristoteles: De generatione animalium IV 4,
769a 30 und bei Zeller 1869, 1, 726, Fn. 1 gefunden haben kann.
69, 14 f. Rhachitiker-Bosheit] In N.s Werk und Nachlass finden sich
Bezüge auf die Rachitis nur hier, in AC 52, KSA 6, 233, 5 f. sowie in NL 1888,
KSA 13, 14[182], 365, 23 f. (KGW IX 8, W II 5, 26, 10-14). Im Meyer 1885-1892, 3,
532 f. steht dazu: „Rachitis ([...]), eine Knochenkrankheit, die [...] hauptsächlich
unter schlecht ernährten und mangelhaft gepflegten Kindern gefunden wird.
In manchen Teilen Deutschlands ist dieselbe außerordentlich häufig. Sie findet
sich gleichzeitig an allen Knochen des Skeletts, äußerlich am meisten auffal-
lend an den Extremitäten. An den letztem tritt eine exzessive Wucherung der
Knorpelscheiben (Epiphysenknorpel) ein [...]. Die weichen Gelenkenden der
Knochen sind bei der R. plump und verdickt (doppelte Glieder), die Röhrenteile
der Knochen durch die Last des auf sie drückenden Körpers und durch den
 
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