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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0346
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Stellenkommentar GD Moral, KSA 6, S. 85-87 327

22 (und an vielen Stellen in AC) deutlich wird, der Inbegriff einer dem Leben
der Starken abträglichen Projektion der Schwachen. Einschlägige Bibelstellen
findet AC 45, KSA 6, 221, 19-26 in Markus 9, 47 und 9, 1.
5
86, 2-14 Gesetzt, dass man das Frevelhafte einer solchen Auflehnung gegen
das Leben begriffen hat, wie sie in der christlichen Moral beinahe sakrosankt
geworden ist, so hat man damit, zum Glück, auch Etwas Andres begriffen: das
Nutzlose, Scheinbare, Absurde, Lügnerische einer solchen Auflehnung. Eine
Verurtheilung des Lebens von Seiten des Lebenden bleibt zuletzt doch nur das
Symptom einer bestimmten Art von Leben: die Frage, ob mit Recht, ob mit
Unrecht, ist gar nicht damit aufgeworfen. Man müsste eine Stellung ausser-
halb des Lebens haben, und andrerseits es so gut kennen, wie Einer, wie Viele,
wie Alle, die es gelebt haben, um das Problem vom Werth des Lebens über-
haupt anrühren zu dürfen: Gründe genug, um zu begreifen, dass das Problem
ein für uns unzugängliches Problem ist.] Vgl. GD Das Problem des Sokrates 2,
KSA 6, 68, 10-21 und NL 1887/88, KSA 13, 11[72], 36, 3-5 (KGW IX 7, W II 3, 167,
64-68). Dieses beliebte Argument zur Selbstwidersprüchlichkeit der Weltver-
neinung findet sich u. a. auch in David Friedrich Strauß' Der alte und der neue
Glaube und macht verdeckt sozialistische Karriere etwa bei Franz Mehring, vgl.
Sommer 1996. Zur philosophischen Deutung siehe z. B. Müller-Lauter 1971, 78.
86, 25 „Verneinung des Willens zum Leben"] Das vierte Buch im ersten Band
von Arthur Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung ist betitelt „Bei
erreichter Selbsterkenntniß Bejahung und Verneinung des Willens zum Leben"
(Schopenhauer 1873-1874, 2, 317, vgl. z. B. auch Schopenhauer 1864, 424 f.).
Die Verneinung des Lebenswillens ist Schopenhauers stetig wiederkehrende
ethische Hauptmaxime. NL 1887/88, KSA 13, 11[361], 159, 6-9 (KGW IX 7, W II
3, 35, 12-15) gibt ein Beispiel dafür, wie Moral als Ausdruck der decadence
sich bei Schopenhauer gestaltet: „Schopenhauer hatte, aus seinem Nihilismus
heraus, ein vollkommenes Recht darauf, das Mitleiden allein als Tugend übrig
zu behalten: mit ihm wird in der That die Verneinung des Willens zum Leben
am kräftigsten gefördert."
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87, 1 Eckensteher] Ausführlich dazu NWB 1, 683-688. Für N.s Wortgebrauch
dürfte relevant gewesen sein, dass Richard Wagner sich des Ausdrucks in sei-
 
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