348 Götzen-Dämmerung
nachweisbar, namentlich in William Thierry Preyers Seele des Kindes, wo fest-
gestellt wird, dass sich mit den Warum-Fragen beim kleinen Kind der „Ursa-
chentrieb" bemerkbar mache (Preyer 1882, 334). In M 9, KSA 3, 22, 20-24 bringt
N. das „Gefühl der Furcht" mit der Entstehung von Religion in Verbindung
und nimmt damit ein altes religionskritisches und religionswissenschaftliches
Motiv auf, vgl. Brusotti 1997, 253 f.
Das Kompositum „Furchtgefühl", das bei Grimm 1854-1971, 4, 707 ohne
Belege immerhin verzeichnet wird, ist bei N. in 93, 14 ein Hapax legomenon. N.
fand den Ausdruck etwa bei Caspari 1877, 2, 98 (der ihn dem „Religionsgefühl"
gegenüberstellt) oder bei Schneider 1882, 82 (Lesespur N.s, vgl. NPB 533), dem-
zufolge dadurch, dass sich das Kind im Feuer verbrannt hat, „sofort eine cau-
sale Beziehung zwischen dem Anblick des Feuers und dem Furchtgefühl"
geschaffen sei (vgl. auch ebd., 68 u. 224 sowie Schneider o. J., 118 f. zum
Furchtgefühl bei Nacht und in einer Höhle; ebd., 109 mit Lesespur N.s zum
Furchtgefühl bei jungen Tieren).
6
Für GD Die vier grossen Irrthümer 6 (94, 2-95, 8) übernimmt N. eine Vorarbeit
aus W II 7, 36 beinahe wörtlich (KSA 14, 419).
94, 5-7 Dieselben sind bedingt durch Wesen, die uns feind sind (böse Geister:
berühmtester Fall — Missverständniss der Hysterischen als Hexen).] Vgl. GM
III 21, KSA 5, 391 f., wo die Chronologie der Hexenverfogung auf Richet 1884,
349 f. zurückgeht. Die Erklärung von Lebensunbehagen mit Hilfe von imagi-
nären, uns feindlichen Mächten — früher böse Geister, heute finstere Agenten
oder Jesuiten — analysiert Richet 1884, 393 als physiologisch-psychologische
Pathologie (Lesespur N.s, vgl. NPB 498). Die Hexen sind für Richet missver-
standene Hysterikerinnen: „Les unes et les autres ont la meme maladie qui
se manifeste par les memes effets. Il n'y a pas de difference appreciable"
(Richet 1884, 391. „Die einen wie die anderen haben dieselbe Krankheit.
Diese zeigt sich in denselben Auswirkungen. Es gibt also keinen nennenswer-
ten Unterschied zwischen den beiden"). In einem Artikel über den Typus des
Verbrechers in der von N. gelesenen Revue philosophique de la France et de
l'etranger, nämlich in Gabriel Tardes Le type criminel, war zu lesen, „que
nombre d'extatiques et sorcieres, les unes priees ä genoux, les autres brülees
vives, aient ete de simples hysteriques" (Tarde 1885, 606 — „dass viele Eksta-
tische und Hexen — die Einen kniend betend, die Anderen lebend ver-
brannt — ganz einfach Hysterikerinnen waren"). Schon Burckhardt spricht in
nachweisbar, namentlich in William Thierry Preyers Seele des Kindes, wo fest-
gestellt wird, dass sich mit den Warum-Fragen beim kleinen Kind der „Ursa-
chentrieb" bemerkbar mache (Preyer 1882, 334). In M 9, KSA 3, 22, 20-24 bringt
N. das „Gefühl der Furcht" mit der Entstehung von Religion in Verbindung
und nimmt damit ein altes religionskritisches und religionswissenschaftliches
Motiv auf, vgl. Brusotti 1997, 253 f.
Das Kompositum „Furchtgefühl", das bei Grimm 1854-1971, 4, 707 ohne
Belege immerhin verzeichnet wird, ist bei N. in 93, 14 ein Hapax legomenon. N.
fand den Ausdruck etwa bei Caspari 1877, 2, 98 (der ihn dem „Religionsgefühl"
gegenüberstellt) oder bei Schneider 1882, 82 (Lesespur N.s, vgl. NPB 533), dem-
zufolge dadurch, dass sich das Kind im Feuer verbrannt hat, „sofort eine cau-
sale Beziehung zwischen dem Anblick des Feuers und dem Furchtgefühl"
geschaffen sei (vgl. auch ebd., 68 u. 224 sowie Schneider o. J., 118 f. zum
Furchtgefühl bei Nacht und in einer Höhle; ebd., 109 mit Lesespur N.s zum
Furchtgefühl bei jungen Tieren).
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Für GD Die vier grossen Irrthümer 6 (94, 2-95, 8) übernimmt N. eine Vorarbeit
aus W II 7, 36 beinahe wörtlich (KSA 14, 419).
94, 5-7 Dieselben sind bedingt durch Wesen, die uns feind sind (böse Geister:
berühmtester Fall — Missverständniss der Hysterischen als Hexen).] Vgl. GM
III 21, KSA 5, 391 f., wo die Chronologie der Hexenverfogung auf Richet 1884,
349 f. zurückgeht. Die Erklärung von Lebensunbehagen mit Hilfe von imagi-
nären, uns feindlichen Mächten — früher böse Geister, heute finstere Agenten
oder Jesuiten — analysiert Richet 1884, 393 als physiologisch-psychologische
Pathologie (Lesespur N.s, vgl. NPB 498). Die Hexen sind für Richet missver-
standene Hysterikerinnen: „Les unes et les autres ont la meme maladie qui
se manifeste par les memes effets. Il n'y a pas de difference appreciable"
(Richet 1884, 391. „Die einen wie die anderen haben dieselbe Krankheit.
Diese zeigt sich in denselben Auswirkungen. Es gibt also keinen nennenswer-
ten Unterschied zwischen den beiden"). In einem Artikel über den Typus des
Verbrechers in der von N. gelesenen Revue philosophique de la France et de
l'etranger, nämlich in Gabriel Tardes Le type criminel, war zu lesen, „que
nombre d'extatiques et sorcieres, les unes priees ä genoux, les autres brülees
vives, aient ete de simples hysteriques" (Tarde 1885, 606 — „dass viele Eksta-
tische und Hexen — die Einen kniend betend, die Anderen lebend ver-
brannt — ganz einfach Hysterikerinnen waren"). Schon Burckhardt spricht in