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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0387
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368 Götzen-Dämmerung

Nachfahren der aus Indien vertriebenen Tschandalas. Hingegen seien Ägypten
und die westliche Welt von emigrierten Angehörigen der hohen Kasten, den
„Ariern" bevölkert worden. Das Ganze dient Jacolliot zur Abqualifizierung des
„Semitischen" und zur Apotheose des „Arischen". N. scheint von dieser kurio-
sen Fiktion so stark beeindruckt gewesen zu sein, dass er es versäumte, sich
bei sachkundigen Freunden, allen voran Paul Deussen und dem Sanskritisten,
Schul- und Studienkollegen Ernst Windisch ein Urteil über Jacolliots Elaborat
einzuholen. Vernichtendes über Jacolliots „Wissenschaft" hätte N. übrigens
auch in Max Müllers Einleitung in die vergleichende Religionswissenschaft (Mül-
ler 1874, 30 und 289-297) finden können, die er sich einst aus der Basler Uni-
versitätsbibliothek ausgeliehen hatte (Crescenzi 1994, 435).
101, 6-8 „das Gesetz des Messers", die Beschneidung für die männlichen, die
Abtragung der kleinen Schamlippen für die weiblichen Kinder anordnend} „Nir-
gendwo im Dharmasästra des Manu finden sich [...] Vorschriften über die
Beschneidung oder über das Schreiben von rechts nach links oder mit der
linken Hand." (Etter 1987, 345) Nach Jacolliot 1876, 107 f. stammt dieses „edit
du couteau" aus dem ersten Teil des Avadana-Sastra: „Tout homme et tout
enfant male en naissant furent /108/ astreints ä la circoncision, et toute femme
dut subir l'ablation des petites levres vaginales... ". („Jeder Mann und jedes
männliche Neugeborene wurden beschnitten und jede Frau musste sich einer
Entfernung der kleinen Schamlippen unterziehen...").
101, 9-15 „die Tschandala sind die Frucht von Ehebruch, Incest und Verbrechen
(— dies die nothwendige Consequenz des Begriffs Züchtung). Sie sollen zu
Kleidern nur die Lumpen von Leichnamen haben, zum Geschirr zerbrochne Töpfe,
zum Schmuck altes Eisen, zum Gottesdienst nur die bösen Geister; sie sollen
ohne Ruhe von einem Ort zum andern schweifen.] Vgl. Jacolliot 1876, 102 f. und
NK 101, 6-8. Nach Etter 1987, 344 ist „[v]on all den ,Schutzmaasregeln der
indischen Moral', die er [sc. N.] in der Götzen-Dämmerung anführt", nur 101,
11-15 im echten Mänava-Dharmasästra wirklich nachweisbar, nämlich X 52:
„Ihre Kleider sind die Tücher der Toten und ihr Essen ist in zerbrochenem
Geschirr. Schwarzes Eisen ist ihr Schmuck, und endlos ist ihr Umherwandern."
101, 15-19 Es ist ihnen verboten, von links nach rechts zu schreiben und sich
der rechten Hand zum Schreiben zu bedienen: der Gebrauch der rechten Hand
und des von Links nach Rechts ist bloss den Tugendhaften vorbehalten, den
Leuten von Rasse." —] Vgl. NK 101, 6-8. Jacolliot 1876, 427: „II leur est interdit
d'ecrire de la main droite, et autrement que de droite ä gauche. La main droite
est la main pure reservee aux sacrifices, aux dieux et aux oblations que les
gens des castes reconnues ont seuls le droit d'offrir." („Es ist ihnen verboten,
mit der rechten Hand und anders als von rechts nach links zu schreiben. Die
 
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