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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0406
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Stellenkommentar GD Deutschen, KSA 6, S. 107-108 387

und Treiber 2006; zum spezifischen Burckhardtschen Humanismus im Basler
Kontext siehe Gossman 2000, zum Erziehungsthema auch Merlio 2000. Burck-
hardt wäre der Charakterisierung als „verehrungswürdiger Freund" N.s wohl
mit Ironie begegnet; er hat seine Distanz zu N. nie aufgegeben. Klar ist N.s
Absicht, sich durch die (angebliche) Freundschaft mit dem großen Gelehrten
selbst zu adeln.
107, 28 f. pulchrum est paucorum hominum.] Der Spruch nach Horaz: Satiren
I 9, 44, ist bei N. recht beliebt, vgl. MA II VM 118, KSA 2, 427, 26; WA 6, KSA 6,
24, 1; AC 57, KSA 6, 242, 32. Zur Interpretation siehe Sommer 2000a, 575 f.
107, 30-108, 2 Dass „höhere Erziehung" kein Vorrecht mehr ist — der Demo-
kratismus der „allgemeinen", der gemein gewordnen „Bildung"... Nicht zu ver-
gessen, dass militärische Privilegien den Zu-Viel-Besuch der höheren Schu-
len, das heisst ihren Untergang, förmlich erzwingen.] Passagen wie diese, die
stark an ZB erinnern, geben wenig Auskunft darüber, ob — wie etwa bei Manu
(vgl. GD Die „Verbesserer" der Menschheit 3-5, KSA 6, 100-102) — an eine
Erbaristokratie, gar an eine Erbkaste gedacht wird, der das Bildungsprivileg
zukommen soll, oder doch vielmehr an eine Leistungselite. Auch der Militaris-
mus mit seiner disziplinierenden Wirkung wird von N. sonst nicht durchweg
negativ gesehen. Das Wort „Demokratismus" in abwertendem Sinn zur
Bezeichnung von Auswüchsen demokratischer Gesinnung und demokratischer
Willensbildung ist in der Mitte des 19. Jahrhunderts bereits weit verbreitet.
108, 9-11 Eine höhere Art Mensch, mit Verlaub gesagt, liebt nicht „Berufe",
genau deshalb, weil sie sich berufen weiss...] Die Anspielung auf die religiöse
Vorstellung des Berufenseins (vgl. Matthäus 22, 14: „Denn viele sind berufen,
aber wenige sind auserwählt") ist deutlich. Gerade das aus Deutschland stam-
mende Luthertum hat die Verbindung zwischen weltlichem Beruf und über-
weltlicher Berufung betont, die N. hier zurückweist, indem er diejenigen, die
einer höheren Bildung fähig sind, vom einen (Brot-)Beruf entbindet.
108, 14-18 Unsre überfüllten Gymnasien, unsre überhäuften, stupid gemachten
Gymnasiallehrer sind ein Skandal: um diese Zustände in Schutz zu nehmen, wie
es jüngst die Professoren von Heidelberg gethan haben, dazu hat man vielleicht
Ursachen, — Gründe dafür giebt es nicht.] Diese „Erklärung der Heidelberger
Professoren" ist im Sommer 1888 in einigen deutschen Zeitungen und Zeit-
schriften verbreitet worden. Sie lautet: „Die fortgesetzten Angriffe, welche seit
einiger Zeit gegen das humanistische Gymnasium in Deutschland gerichtet
werden und mit denen der Ruf nach völliger Umgestaltung desselben verbun-
den ist, veranlassen die Unterzeichneten zu folgender Erklärung: Wir behaup-
ten nicht die Vollkommenheit der gymnasialen Einrichtungen in unserem
 
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