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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0414
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Stellenkommentar GD Streifzüge, KSA 6, S. 111 395

Schiller „und" Goethe vor: Die richtige Paarung wäre eben Schiller und Schef-
fel oder Schiller und Wagner, vgl. WA 3, KSA 6, 18, 22 f. und NL 1888, KSA 13,
16[36], 495. Schiller gilt N. nicht als exemplarischer Schriftsteller, sondern als
„Idealist", der mit dem Anspruch, die Menschheit moralisch zu verbessern,
zum „Klassiker" geworden sei, siehe WA 6, KSA 6, 26, 2-4, ferner NK KSA 6,
31, 5-9.
Scheffel selbst hätte die ihn vermeintlich nobilitierende Paarung mit Schil-
ler gewiss begrüßt: In einem Prolog für die Fest-Vorstellung im Stadttheater zu
Mühlhausen i. E. am 19. November 1884 bringt er den Mitgliedern der großher-
zoglichen Familie Heldenszenen aus der badischen Geschichte in Versform zu
Gehör und bedient dabei sämtliche chauvinistischen Stereotypen — „bevor der
Genius unsres Schiller / Der Wallensteiner lustig Treiben aufrollt" (Scheffel
1887, 104). Die Forschung zum schwierigen Verhältnis N.s zu Schiller fasst Le
Rider 2006b zusammen; siehe auch Politycki 1989, 364-377 sowie Görner 2008,
136-146, der N.s frühe Beschäftigung mit Schillers ästhetischer Theorie unter-
sucht und ihre Spätwirkungen reflektiert.
111, 6 f. Dante: oder die Hyäne, die in Gräbern dichtet.] Dante Alighieri
(1265-1321) hat sich, so die Implikation, als unzimperlicher Aasfresser bei den
Verstorbenen bedient, deren Jenseitsschicksal er in der Divina Comedia schil-
dert (vgl. zum Motiv ebd., Inferno XIII 124-129). Die Nähe, in die Dante hier
textlich zu Victor Hugo (1802-1885) zu stehen kommt (vgl. NK 111, 8 u. NK KSA
6, 30, 21-23), ist nicht zufällig: Hugo hatte nach Abschluss seiner Miserables
(1861) bekannt, Dante habe eine Hölle mit der Poesie erschaffen, während er
selbst versucht habe, diese Hölle mit der Realität zu erschaffen (Goncourt 1887,
1, 377). Berard-Varagnac 1887, 120-127 stellt (mit Markierung N.s) Hugos
Gedicht La vision de Dante (1853) vor, das den mittelalterlichen Dichter ins
19. Jahrhundert versetzt und ihn da alle realen Greuel porträtieren lässt, so
wie er in La Divina Commedia die Höllenqualen der Sünder ausgemalt hatte.
Für Berard-Varagnac 1887, 127 ist dieses Gedicht Hugos ein Rachepamphlet. In
GM I 15 hat N. Dante als Beweis dafür aufgeführt, dass die eigentliche Motiva-
tion der Christen der Hass und nicht die Liebe sei (KSA 5, 283, 28-284, 3). Von
Goethes Abneigung gegen Dante hat N. bei Hehn 1888, 134 gelesen.
111, 7 Kant: oder cant als intelligibler Charakter.] Was N. unter „cant" verstan-
den wissen will, beschreibt er in JGB 228, KSA 5, 164, 13-15: „jenes alte engli-
sche Laster [...], das cant heisst und moralische Tartüfferie ist" (dazu
NL 1885, KSA 11, 35[34], 523 = KGW IX 4, W 1 3, 113, 24-34). „Cant" ist N. ein
Synonym für Heuchelei, die ihm wegen der kalauerfähigen Nähe zum Namen
des Philosophen zupass kommt. Bei Taine 1880, 3, 145 ist die Seite mit einem
Eselsohr markiert, wo es zu Byrons Don Juan heißt: „Außer dem britischen
 
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