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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0427
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408 Götzen-Dämmerung

il parle comme un esprit de sa famille, comme un komme de sa race" (ebd.,
103; Kursiviertes von N. unterstrichen. „Voltaire führt bei Sainte-Beuve ein Lob-
lied auf Rousseau. Er spricht von ihm, als sei er ein Geist seiner Familie, als
sei er ein Mann seiner Rasse").
Insbesondere hat aber, wie zahlreiche Übernahmen belegen, der Sainte-
Beuve-Essay von Paul Albert den Abschnitt GD Streifzüge eines Unzeitgemäs-
sen 3 direkt beeinflusst. Aufschlussreich ist, dass N. für seine Kritik an Sainte-
Beuve gerade jene Methode anwendet, die Albert als diejenige Sainte-Beuves
ausweist, nämlich zur Beurteilung eines literarischen Werkes auf die Person
und ihr Milieu zurückzugreifen (vgl. Albert 1885, 2, 320 f., zur Milieu-Theorie
NK 145, 25-28) und aus der Verurteilung der Person die Wertlosigkeit des Wer-
kes abzuleiten. N. führt also Sainte-Beuve durch sich selbst ad absurdum.
112, 16 Nichts von Mann] Wohl auch eine Anspielung auf die weibliche
Namensform „Sainte-Beuve" sowie auf die in ÜK GD Streifzüge eines Unzeitge-
mässen 3 mitgeteilte, von N. unterstrichene Stelle aus Goncourt 1887, 2, 66.
112, 17 f. Schweift umher, fein, neugierig, gelangweilt, aushorcherisch] Vgl.
Albert 1885, 2, 323 zu Sainte-Beuves Methode: „Quant aux contemporains, il
faudrait les espionner, les surprendre en deshabille, les trahir, et c'est ce que
ne fera jamais un galant homme. Les Portraits contemporains sont malheureu-
sement pleins d'indiscretions de ce genre." („Was die Zeitgenossen betrifft;
müsste man sie ausspionieren, sie entblößt überraschen, sie verraten, und
genau dies würde ein galanter Mensch nie tun. Die Portraits contemporains
sind leider voller Indiskretionen dieser Art.") Albert merkt weiter an, der Kriti-
ker mache sich so zum „valet de chambre du grand homme" (ebd., 324 —
„Kammerdiener des großen Mannes"), indem er dem großen Menschen bei
seinen irdischen Verrichtungen neugierig zuschaue (ähnlich ebd., 335).
112, 19 Weibs-Rachsucht] Vgl. NK KSA 6, 274, 8-10.
112, 19-21 Als Psycholog ein Genie der medisance; unerschöpflich reich an
Mitteln dazu] N. kombiniert hier zwei Stellen vom Anfang und vom Ende von
Alberts Sainte-Beuve-Essay: „Amis et ennemis s'accordent ä la [sc. Sainte-Beu-
ves Werk] declarer considerable. On a meme parle de genie. Peut-etre dans
quelque dix ans y aura-t-il de ce cöte aussi un peu de dechet." (Albert 1885, 2,
309. „Freund und Feind stimmen überein, sein Werk [sc. Sainte-Beuves]
beachtlich zu nennen. Man sprach sogar von Genie. Möglicherweise wird man
in ein paar Jahrzehnten auch dort einigen Schwund finden.") Sowie: „En
somme, ces dernieres publications n'ajoutent rien ä la reputation de Sainte-
Beuve comme ecrivain; elles ne don-/336/nent pas de son caractere une idee
tres favorable; enfin, elles sont un argument tres serieux contre la methode
 
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