430 Götzen-Dämmerung
nach dem Gebrauch oder Mißbrauch der Narcotica / oder de(n) Rausch(,) der
unter gewisse(n) meteorologischen Bedingungen [...] entsteht: zB. de(n) [...]
Frühlings-Rausch / [...] endlich den Rausch der Willensmacht, des überhäuften
und geschwellten Willens - oder de(n) Rausch des Auges: die Vision // Physio-
logisch geredet, ist die Voraussetzung [...] aller Kunst, alle(s) aesthetischen
Thuns und Schauens der Rausch. / die extreme Erregung eines Sinnes im
Zustande des Rausches(,) die Miterregungskraft der verwandten Rausch-
sphären... // in der Lyrik und Musik ist es die Sinnlichkeit auf eine delikate
Weise vor Allem(,) [...] in der Tragödie die Grausamkeit // Das Wesentli-
che[...] des Rausches ist das Gefühl der Kraftsteigerung und Fülle(.) Aus
diesem Gefühle giebt man an die Dinge ab dh. man idealisirt sie(.) Ideali-
sieren ist nicht ein Abziehen und Abrechnen [...] von niederen und geringe-
ren Zügen; vielmehr ein ungeheures Heraustreiben der Hauptzüge, so daß
die anderen darüber verschwinden / Man bereichert in diesem Zustand
Alles aus seiner eigenen Fülle: was man sieht es will [sic?], man sieht gedrängt,
geschwellt von Kraft. Der aesthetische Mensch verwandelt die Dinge, bis sie
ihn wiederspiegeln [sic], bis sie Reflex seines Zustandes sind [...]: dies Ver-
wandeln müssen ist Kunst. Alles Außer-sich wird ihm zur [...] Lust an
sich... ; in der Kunst genießt sich (der) Rausch selbst. // Man könnte sich
ein spezifisches Anitkünstlerthum denken, eine Art zu sein, welche alle Dinge
verarmte, verdünnte, verbleicht machte. Und in der That, die Geschichte ist
reich an solchen Antiartisten, und solchen Ausgehungerten des Lebens,
im Bild zu reden: welche mit Nothwendigkeit aus den Dingen noch an sich
nehmen, sie auszehren, sie magerer machen müssen... Dies wären zum Bei-
spiel die ächten Christen: ein Christ, der zugleich Künstler ist, kommt nicht
vor. - Man sei nicht kindlich und wende mir Raffael ein: - R(affael) sagte Ja,
und R(affael) machte Ja - folglich war er kein Christ" (KGW IX 8, W II 5,
164-165, 43-45).
8
116, 7-8 der Rausch: Der Rausch muss erst die Erregbarkeit der ganzen
Maschine gesteigert haben] Die mit Rausch beschäftigte Notiz NL 1888, KSA 13,
17[5], 526 f., die als Vorarbeit von 116, 4-27 gedient haben mag, deklariert
Lampl 1986, 263 (vgl. 242 f.) als direktes Fere-Exzerpt; die dazu genannte Pas-
sage Fere 1888, 3 f. scheint aber nicht die Vorlage zu sein. Eher passend ist Fere
1887, 24: „M. Roller a remarque que l'activite musculaire augmente souvent
l'excitabilite psychique. [...] ,Les mouvements rapides', dit Bain, ,produisent
une espece d'ivresse mecanique. Un organe, quelque petit qu'il soit, lorsqu'il
nach dem Gebrauch oder Mißbrauch der Narcotica / oder de(n) Rausch(,) der
unter gewisse(n) meteorologischen Bedingungen [...] entsteht: zB. de(n) [...]
Frühlings-Rausch / [...] endlich den Rausch der Willensmacht, des überhäuften
und geschwellten Willens - oder de(n) Rausch des Auges: die Vision // Physio-
logisch geredet, ist die Voraussetzung [...] aller Kunst, alle(s) aesthetischen
Thuns und Schauens der Rausch. / die extreme Erregung eines Sinnes im
Zustande des Rausches(,) die Miterregungskraft der verwandten Rausch-
sphären... // in der Lyrik und Musik ist es die Sinnlichkeit auf eine delikate
Weise vor Allem(,) [...] in der Tragödie die Grausamkeit // Das Wesentli-
che[...] des Rausches ist das Gefühl der Kraftsteigerung und Fülle(.) Aus
diesem Gefühle giebt man an die Dinge ab dh. man idealisirt sie(.) Ideali-
sieren ist nicht ein Abziehen und Abrechnen [...] von niederen und geringe-
ren Zügen; vielmehr ein ungeheures Heraustreiben der Hauptzüge, so daß
die anderen darüber verschwinden / Man bereichert in diesem Zustand
Alles aus seiner eigenen Fülle: was man sieht es will [sic?], man sieht gedrängt,
geschwellt von Kraft. Der aesthetische Mensch verwandelt die Dinge, bis sie
ihn wiederspiegeln [sic], bis sie Reflex seines Zustandes sind [...]: dies Ver-
wandeln müssen ist Kunst. Alles Außer-sich wird ihm zur [...] Lust an
sich... ; in der Kunst genießt sich (der) Rausch selbst. // Man könnte sich
ein spezifisches Anitkünstlerthum denken, eine Art zu sein, welche alle Dinge
verarmte, verdünnte, verbleicht machte. Und in der That, die Geschichte ist
reich an solchen Antiartisten, und solchen Ausgehungerten des Lebens,
im Bild zu reden: welche mit Nothwendigkeit aus den Dingen noch an sich
nehmen, sie auszehren, sie magerer machen müssen... Dies wären zum Bei-
spiel die ächten Christen: ein Christ, der zugleich Künstler ist, kommt nicht
vor. - Man sei nicht kindlich und wende mir Raffael ein: - R(affael) sagte Ja,
und R(affael) machte Ja - folglich war er kein Christ" (KGW IX 8, W II 5,
164-165, 43-45).
8
116, 7-8 der Rausch: Der Rausch muss erst die Erregbarkeit der ganzen
Maschine gesteigert haben] Die mit Rausch beschäftigte Notiz NL 1888, KSA 13,
17[5], 526 f., die als Vorarbeit von 116, 4-27 gedient haben mag, deklariert
Lampl 1986, 263 (vgl. 242 f.) als direktes Fere-Exzerpt; die dazu genannte Pas-
sage Fere 1888, 3 f. scheint aber nicht die Vorlage zu sein. Eher passend ist Fere
1887, 24: „M. Roller a remarque que l'activite musculaire augmente souvent
l'excitabilite psychique. [...] ,Les mouvements rapides', dit Bain, ,produisent
une espece d'ivresse mecanique. Un organe, quelque petit qu'il soit, lorsqu'il