Stellenkommentar GD Streifzüge, KSA 6, S. 119 443
der ,Gesundheit' und der ,Hysterie' — Genie = Neurose / 10. die Kunst als
Suggestion, als Mittheilungs-Mittel, als Erfindungsbereich der induction psy-
cho-motrice / 11. Die unkünstlerischen Zustände: Objektivität, Spiegelwuth,
Neutralität. Der verarmte Wille; Verlust an Capital / 12. Die unkünstlerischen
Zustände: Abstraktivität. Die verarmten Sinne. / 13. Die unkünstlerischen
Zustände: Auszehrung, Verarmung, Ausleerung, — Wille zum Nichts. Christ,
Buddhist, Nihilist. Der verarmte Leib. / 14. Die unkünstlerischen Zustände:
Idiosynkrasie (— die der Schwachen, Mittleren). Die Furcht vor den Sin-
nen, vor der Macht, vor dem Rausch (Instinkt der Unterlegenen des
Lebens) / 15. Wie ist tragische Kunst möglich? / 16. Der Typus des Romanti-
kers: zweideutig. Ihre Consequenz ist der ,Naturalismus'... / 17. Problem des
Schauspielers — die ,Unehrlichkeit', die typische Verwandlungskraft als
Charakter-Fehler... der Mangel an Scham, der Hanswurst, der Satyr, der
Buffo, der Gil Blas, der Schauspieler, der den Künstler spielt... / 18. Die Kunst
als Rausch, medizinisch: Amnestie, tonicum ganze und partielle Impotenz"
(KSA 13, 529 f.). Fere 1887, 118 ist hier mit der „induction psycho-motrice" direkt
präsent — sowie die Frage nach dem Schönen, der sich N. in GD Streifzüge
eines Unzeitgemässen 19-24 stellt. Eingehend Auskunft über seine „Kunst des
Stils" gibt N. in EH Warum ich so gute Bücher schreibe 4, KSA 6, 304 f.
12
Vgl. NL 1887/88, KSA 13, 11[45], 21 f. (KGW IX 7, W II 3, 180, 16-44), der die
Überlegungen 119, 10-120, 17 etwas anders gruppiert, sowie NK KSA 6, 236,
21-24. N. scheint Carlyles Denken, das eine bejahende, aus dem Pessimismus
und Materialismus hinausführende Weltanschauung sein wollte, als Konkur-
renz verstanden zu haben, zumal Carlyle ebenfalls das Trachten nach dem
Glück verachtete (vgl. NK 61, 1-2), ein Recht der Herrschaft der Stärkeren über
die Schwachen befürwortete und große Individuen zum Kristallisationspunkt
seiner Hoffnungen machte. N.s Widerstand gegen Carlyle hat sich also nicht
so sehr an dessen Bewunderung für das (von N. verachtete) Preußentum ent-
zündet, sondern wird in einer tiefergreifenden Verwechslungsgefahr seine
Motivation gehabt haben (vgl. auch NK KSA 6, 300, 26-28).
119, 10 Ich las das Leben Thomas Carlyle's] Die Quelle für N.s späte
Beschäftigung mit Carlyle ist nicht Taine 1880, 3, 374-448 (NPB 588 — bei
Taine fehlt alles Biographische), wie Brobjer 2008a, 64 u. 358, Anm. 91 vermu-
tet, sondern James Anthony Froudes monumentale Carlyle-Biographie, die
unter dem in 119, 10 genannten Titel Das Leben Thomas Carlyles in drei Bänden
1887/88 auf Deutsch erschienen ist. Obwohl dieses Werk in N.s eigenen Buchbe-
der ,Gesundheit' und der ,Hysterie' — Genie = Neurose / 10. die Kunst als
Suggestion, als Mittheilungs-Mittel, als Erfindungsbereich der induction psy-
cho-motrice / 11. Die unkünstlerischen Zustände: Objektivität, Spiegelwuth,
Neutralität. Der verarmte Wille; Verlust an Capital / 12. Die unkünstlerischen
Zustände: Abstraktivität. Die verarmten Sinne. / 13. Die unkünstlerischen
Zustände: Auszehrung, Verarmung, Ausleerung, — Wille zum Nichts. Christ,
Buddhist, Nihilist. Der verarmte Leib. / 14. Die unkünstlerischen Zustände:
Idiosynkrasie (— die der Schwachen, Mittleren). Die Furcht vor den Sin-
nen, vor der Macht, vor dem Rausch (Instinkt der Unterlegenen des
Lebens) / 15. Wie ist tragische Kunst möglich? / 16. Der Typus des Romanti-
kers: zweideutig. Ihre Consequenz ist der ,Naturalismus'... / 17. Problem des
Schauspielers — die ,Unehrlichkeit', die typische Verwandlungskraft als
Charakter-Fehler... der Mangel an Scham, der Hanswurst, der Satyr, der
Buffo, der Gil Blas, der Schauspieler, der den Künstler spielt... / 18. Die Kunst
als Rausch, medizinisch: Amnestie, tonicum ganze und partielle Impotenz"
(KSA 13, 529 f.). Fere 1887, 118 ist hier mit der „induction psycho-motrice" direkt
präsent — sowie die Frage nach dem Schönen, der sich N. in GD Streifzüge
eines Unzeitgemässen 19-24 stellt. Eingehend Auskunft über seine „Kunst des
Stils" gibt N. in EH Warum ich so gute Bücher schreibe 4, KSA 6, 304 f.
12
Vgl. NL 1887/88, KSA 13, 11[45], 21 f. (KGW IX 7, W II 3, 180, 16-44), der die
Überlegungen 119, 10-120, 17 etwas anders gruppiert, sowie NK KSA 6, 236,
21-24. N. scheint Carlyles Denken, das eine bejahende, aus dem Pessimismus
und Materialismus hinausführende Weltanschauung sein wollte, als Konkur-
renz verstanden zu haben, zumal Carlyle ebenfalls das Trachten nach dem
Glück verachtete (vgl. NK 61, 1-2), ein Recht der Herrschaft der Stärkeren über
die Schwachen befürwortete und große Individuen zum Kristallisationspunkt
seiner Hoffnungen machte. N.s Widerstand gegen Carlyle hat sich also nicht
so sehr an dessen Bewunderung für das (von N. verachtete) Preußentum ent-
zündet, sondern wird in einer tiefergreifenden Verwechslungsgefahr seine
Motivation gehabt haben (vgl. auch NK KSA 6, 300, 26-28).
119, 10 Ich las das Leben Thomas Carlyle's] Die Quelle für N.s späte
Beschäftigung mit Carlyle ist nicht Taine 1880, 3, 374-448 (NPB 588 — bei
Taine fehlt alles Biographische), wie Brobjer 2008a, 64 u. 358, Anm. 91 vermu-
tet, sondern James Anthony Froudes monumentale Carlyle-Biographie, die
unter dem in 119, 10 genannten Titel Das Leben Thomas Carlyles in drei Bänden
1887/88 auf Deutsch erschienen ist. Obwohl dieses Werk in N.s eigenen Buchbe-