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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0566
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Stellenkommentar GD Streifzüge, KSA 6, S. 150 547

la nature comme ä la source de toute justice, il ait commis une dangereuse
erreur, et-qu'en attaquant sans mesure la civilisation de son temps il ait ä son
tour meconnu la grandeur de l'oeuvre accomplie, tout cela peut etre vrai, tout
cela meine est vrai, mais rien de tout cela ne nous importe ici, oü la question
n'est pas de savoir ce que vaut, mais seulement quel fut l'ideal de Rousseau.
Je demanda s'il en est un qui differe davantage de celui de Voltaire. Autant
celui de Voltaire est etroitement lie au maintien de la civilisation, autant celui
de Rousseau est lie au bouleversement de cette civilisation meme. Selon Vol-
taire, l'homme se perfectionne ä mesure qu'il s'eloigne de l'etat de nature, et,
au contraire, d'apres Rousseau, c'est ä mesure qu'il s'en rapprocherait. Les
memes ,epoques' qui marquent pour l'un dans l'histoire un progres de l'huma-
nite sont pour l'autre autant d',epoques' d'aggravation de l'injustice et de l'ine-
galite." (Brunetiere 1887, 273 f.; von N. mit Randstrichen markiert. „Seine Moral
ist seiner Zeit gemäß, indem sie unsicher und schwankend ist, aber er hat eine
Moral und es ist eine Moral, ich will sagen eine Regel, basierend auf irgend
einer Idee einer Gerechtigkeit, vor, außerhalb und oberhalb der sozialen Erfin-
dung. Sogar wenn er Prinzipien verdirbt und wenn er mit seiner ärgerlichen
Geschicklichkeit eines Sophisten versucht, anstatt seine Leidenschaften der
Regel zu unterwerfen, die Regel seinen Leidenschaften zu unterwerfen, so hört
Rousseau nicht auf, moralisch zu sein, denn es ist immer die Abstimmung
seines Verhaltens mit seinen Prinzipien, die er umzusetzen versucht. Und
bevor er die soziale Erfindung in den Verfeinerungen der Zivilisation und des
Luxus bewundert, befragt er diese Erfindung, was sie gemacht hat, was sie
macht, um Tag für Tag zwischen den Menschen die Herrschaft /274/ der
Gerechtigkeit und des Rechtes aufzurichten. Dies ist das wahre Zeichen für
eine eminent moralische Natur. Auch wenn er sich übrigens bei der Suche
nach dieser moralischen Regel getäuscht hatte — indem er sie auf den Gefüh-
len gründen ließ, hat er sie dem Zufall der persönlichen Laune ausgesetzt,
indem er versuchte, den Menschen zur Natur als Quelle aller Gerechtigkeit
zurückzuführen, beging er damit einen gefährlichen Fehler und indem er die
Gesellschaft seiner Zeit maßlos angriff, verkannte er damit die Größe des
erreichten Werkes — , dies alles kann richtig sein, dies alles ist sogar richtig,
aber nichts davon ist hier wichtig, denn die Frage ist nicht, herauszufinden,
was das Ideal von Rousseau wert war, sondern bloß, welches das Ideal Rousse-
aus war. Ich fragte, ob es eines ist, das sich stark von jenem Voltaires unter-
scheidet. So wie das Ideal von Voltaire streng an den Erhalt der Zivilisation
gebunden ist, so ist das Ideal von Rousseau an die Umwälzung genau dieser
Zivilisation gebunden. Nach Voltaire perfektioniert sich der Mensch, je weiter
er sich vom Naturzustand entfernt, bei Rousseau perfektioniert er sich im
Gegenteil, je mehr er sich wieder dem Naturzustand nähert. Dieselben ,Epo-
 
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