Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0597
Lizenz: In Copyright

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
578 Götzen-Dämmerung

und der Phallus als „Symbol" dieser Frömmigkeit. Zum „Phallosdienst" ver-
breitet sich Besnard bei Arnobius 1842, 552 und 554 f. ausführlich (Lesespuren
N.s). Er macht freilich seinen Ursprung im außergriechischen Orient dingfest
und sieht im Phallos das „allgemein gültige Symbol der erzeugenden Kraft"
(ebd., 555). Schon in Creuzers Symbolik und Mythologie der alten Völker (vgl.
NK 158, 16-23) stehen die Mysterien ganz im Zentrum der Dionysos-Deutung
(dazu ausführlich NK KSA 1, 25, 4-6).
159, 24 f. In der Mysterienlehre ist der Schmerz heilig gesprochen] Zur kulti-
schen Imitation des Leidens des zerrissenen Dionysos vgl. die anschaulichen
Schilderungen Besnards bei Arnobius 1842, 535-539 (Lesespuren N.s).
159, 25 „Wehen der Gebärerin"] Der Ausdruck hat weniger einen griechischen
als einen biblischen Hintergrund (vgl. Jesaja 13, 8 u. 21, 3), nämlich Genesis 3,
16, wo Eva als Sündenstrafe die Geburtswehen mit auf den Weg ihres
Geschlechts gegeben werden. Zum Zusammenhang der dem „Dienst der Götter-
mutter" geweihten Korybanten mit den Dionysien vgl. Arnobius 1842, 537 u.
542 f. (Lesespur N.s).
Die Wendung „Wehen der Gebärerin" stammt ausgerechnet von N.s spätem
Intimfeind (vgl. z. B. NK 111, 5 f.) Schiller, nämlich aus den Scenen aus den
Phönicierinnen des Euripides, V. 328 f. (der Chor zu lokaste): „Hart sind die
Wehen der Gebärerin, / Drum lieben alle Mütter so die Kinder!" Zur Kontamina-
tion von Lust und Schmerz bereits in N.s frühem Konzept des Dionysischen
und in seinen Quellen siehe z. B. NK KSA 6, 401, 17 f.
159, 27 f. die ewige Lust des Schaffens] Diese „Lust des Schaffens" scheint wie
die „ewige Lust des Werdens" (GD Was ich den Alten verdanke 5, KSA 6, 160,
22) gerade nichts Sekundäres und bloß Reaktives zu sein. So hat N. die Lust
etwa bei Rolph 1884, 176 biologisch charakterisiert gefunden. Vgl. NK 93, 12 f.
159, 29 „Qual der Gebärerin"] Vgl. NK 159, 25. „Qual der Gebärerin" heißt ein
in KGW VII 4/2, 206 bzw. KSA 14, 711 mitgeteiltes Notat, das eine Vorstufe zur
„Klage" des Zauberers in Za IV darstelle, vgl. auch Groddeck 1991, 2, 371. Das
Motiv klingt auch an in Za II Auf den glückseligen Inseln, KSA 4, 111, 4-6:
„Dass der Schaffende selber das Kind sei, das neu geboren werde, dazu muss
er auch die Gebärerin sein wollen und der Schmerz der Gebärerin." Heidegger
2004, 208 greift die Verbindung von „Lust des Schaffens" (159, 28) mit der
„Qual der Gebärerin" auf.
5
160, 9 Aristoteles] Vgl. NK 160, 18-21.
160, 14 Jasagen] Vgl. NK 108, 20 f.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften