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Lehmann, Otto:; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 22. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 1 — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37294#0015
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Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle (I. Teil).

15

VI. Die halbisotropen Aussigen Kristalle von Ammoniumoleat.
Während bei regelmäßigen tetragonalen Pyramiden alle
Punkte und alle parallelen Richtungen gleichwertig sind, ist dies
bei den eben besprochenen anormalen Kristallen nicht der Fall.
Immerhin haben auch diese zwei zueinander senkrechte Sym-
metrieebenen durch die zentrale Hauptachse. Bei Vergrößerung
des Volumens kann aber die Symmetrie ganz von selbst eine
andere werden.
Beispielsweise beobachtet man häutig die Basis der Pyramide
statt mit vier mit acht ,,Perlen" (nach der Ausdrucksweise von
FmEDEL und GRANDJEAN) besetzt, wie Fig. 10 zeigt, oder mit
zwölf, Fig. 11, oder mit noch mehr. Zwischen gekreuzten Nicols
erscheint das große kreisrunde Feld und die Zwischenräume
zwischen den Perlen dunkel, letztere seihst hell, gleichviel welche
Stellung sie haben, d. h. diese lassen zirkularpolarisiertes Licht
austreten. Gleiches gilt für Lecithin. Im natürlichen Licht kann
der Perlenkreis als regelmäßiges, aus Facetten zusammenge-
setztes Zwölfeck erscheinen, Fig. 12. Die Hälfte der zwölf
Facetten kann auch fehlen, wodurch Formen wie Fig. 13 und 14
entstehen, deren Symmetrie nicht mehr dein tetragonalen, son-
dern dem hexagonalen System entspricht, ja es können auch z. B.
nur zwei Perlen verschwinden und die übrigen zehn sich gleich-
mäßig verteilen, wodurch die kristallographische Symmetrie über-
haupt verloren geht. In allen Fällen läßt aber die gleichmäßige
Größe der „Perlen" und ihre regelmäßige Anordnung erkennen,
daß immer noch ein gesetzmäßiger molekularer Gleichgewichts-
zustand vorhanden ist.
Fig. 15 zeigt einen solchen Kristall mit vielen Perlen, von
der Seite gesehen. Jede „Perle" entspricht einer vorragenden
Nebenachse einer der um die Hauptachse gegeneinander ge-
drehten Segmente oder Fasern, aus welchen ein solcher Kristall
zusammengesetzt gedacht werden kann. Im äußersten Fall
wird der Querschnitt des Kristalls vollkommen kreisförmig, d. h.
die Nebenachsen aller Moleküle sind gegeneinander gedreht,
während die Hauptachsen immer noch wie in einem normalen
Kristall parallel sind. Ein derartiger flüssiger Kristall mit regel-
loser Anordnung der Nebenachsen der Moleküle muß bei Längs-
durchsicht auch dann isotrop — pseudoisotrop —, d. h. zwischen
gekreuzten Nicols in jeder Stellung dunkel erscheinen, wenn
 
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