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Lehmann, Otto:; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 22. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 1 — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37294#0039
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Neue Untersuchungen über ftüssige Kristalle (I. Teil).

39

Flüssigkeiten wirklich beobachtet zu haben, zuerst in REi-
NiTZERS trüber Schmelze von Cholesterylbenzoat^) und bei den
später ebenfalls als pseudoisotrop erkannten Mischkristalitropfen^)
von GATTERMANNS Dibenzalbenzidin und Äthoxybcnzalazin. Die
weitere Erfahrung hat aber gezeigt, daß es sich in beiden Fällen
nicht um ganz, sondern nur um halbisotrope Massen handelt
und daß es ganz unmöglich ist, solche durch irgendwelche me-
chanische Deformation in ganzisotrope überzuführen, da stets
momentane Parallelrichtung der Moleküle eintritt, sei cs infolge
von spontaner, sei es infolge von erzwungener Homöotropie.55)
So gut nun aber z. ß. bei Ammoniumoleat die Richtkraft
in der Ebene der Nebenachsen, zu klein ist, um Parallelrichtung
der Moleküle zu erzwingen, könnte sie doch vielleicht bei einer
andern Substanz auch bezüglich der Hauptachsen zu klein sein,
derart, daß notwendig eine ganz isotrope Flüssigkeit resultieren
müßte. Mit einer halbisotropen oder ganz anisotropen kristalli-
nischen Flüssigkeit hätte eine solche noch das gemein, daß sie
zu wachsen vermag, während, wie bemerkt, einem amorphen
Stoff die Fähigkeit zum Wachsen fehlt; ferner daß sie das schon
öfters erwähnte Selbstreinigungsvermögen besitzt, während
amorphe Flüssigkeiten stets Gemenge verschiedener Molekül-
arten sind und mit Leichtigkeit noch weitere Stoffe auflösen.
Die bisherigen Beobachtungen geben keine Anhaltspunkte
für die Existenz solcher ganz isotroper kristallinischer Flüssig-
keiten. Es mag sein, daß ebenso wie ihre molekulare Richtkraft
auch ihr Selbstreinigungsvermögen zu gering ist, so daß sie
leicht Moleküle anderer Modihkationen aufnehmen^) und so von
selbst in amorphe Flüssigkeiten übergehen, selbst wenn sie zu-
fällig entstanden wären.

XVI. Schlußfolgerungen.
Wie man sieht, bestätigen die mittelst der neuen Unter-
suchungsmethode gewonnenen Resultate durchaus die früher mit
weniger vollkommenen Hilfsmitteln gefundenen Ergebnisse, er-
weitern dieselben aber beträchtlich. Es genügt (die Existenz
33) Siehe dazu 0. LEHMANN, Ber. & D. C'Ae??2. Ges. 4?, 3782, 1908.
54) 0. LEHMANN, & PAyg. F, 689, 1900.
55) Siehe mein Buch 7Üe ILeP Jer S. 183.
56) Vgl. Me%e IFeP der /Gissiye?! B/äsfuMe, S. 244.
 
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