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0. Lehmann :
der Stoff an sich nicht optisch einachsig ist, sondern etwa
dem rhombischen System angehört, da paarweise die Doppel-
brechungen der übereinander gelegenen Moleküle (wie kurz ge-
sagt werden soll) sich aufheben. Es empfiehlt sich, solche Kri-
stalle mit kreisförmigem Querschnitt, bei welchen auch nicht
das kleinste Raumelement normale Anisotropie zeigt, zum Unter-
schied von den normalen und anormalen Kristallen, bei welchen
letzteres der Fall ist, ,,halbisotrope Kristalle" zu nennen. Die
meisten wirklich beobachteten Kristalle gehören zu diesen.2°)
VII. Pseudoisotrope Hassen von Ammoniumoleat.
Sowohl bei Ammoniumoleat wie auch noch besser hei Le-
cithin macht man im Dunkelfeld gekreuzter Nicols die zunächst
überraschende Beobachtung (bei geringerem Gehalt an Alkohol),
daß die hellglänzenden Kriställchen oder Pseudokristalle immer
kleiner und kleiner werden und schließlich völlig verschwinden.
Bei Ammoniumoleat zeigt sich die Erscheinung auch in gewöhn-
lichem Licht, während sich bei Lecithin die Kristalle zu runden
isotropen Tropfen zusammenzuziehen scheinen.
Dieses scheinbare Verschwinden der Kriställchen beruht, wie
ich schon vor längerer Zeit erkannt habe^), darauf, daß sich,
sobald ein solches Kriställchen mit einer Glasfläche in Berührung
kommt, die optische Achse senkrecht zum Glase stellt derart,
daß es zwischen gekreuzten Nicols für den Beobachter ver-
schwindet. Im natürlichen Licht geschieht bei Ammoniumoleat
das gleiche, weil der Brechungsquotient für in der Richtung
der Achse verlaufende Strahlen (d. h. der der ordentlichen
Strahlen) gerade gleich dem der Lösung ist, aus welcher sich
die Kristalle ausscheiden. Man kann sich hiervon auch bei
Querdurchsicht, d. h. bei liegenden Kristallen überzeugen, da
diese bei Drehung im polarisierten Licht jeweils verschwinden,
wenn die kurze Nicoldiagonale quer zur Längsrichtung steht,
während sie mit scharfen Umrissen hervortreten, wenn sie der
2°) In den LerA. & D. PA?/s. Gea. 75, 338, 1911 nannte ich sie ebenso
wie FRiEDEL u. GRANDJEAN a. a. 0. „Pseudokristalle", doch ist diese Be-
zeichnung irreieitend, insofern man glauben könnte, die Pseudokristalle seien
etwas ganz anderes wie gewöhnliche Kristalle, während sie doch genau wie
diese wachsen und sich auflösen können und aus demselben Stoff bestehen.
21) 0. LEHMANN, ÜGcJ. Ü)!M. 56, 786, 1895.
0. Lehmann :
der Stoff an sich nicht optisch einachsig ist, sondern etwa
dem rhombischen System angehört, da paarweise die Doppel-
brechungen der übereinander gelegenen Moleküle (wie kurz ge-
sagt werden soll) sich aufheben. Es empfiehlt sich, solche Kri-
stalle mit kreisförmigem Querschnitt, bei welchen auch nicht
das kleinste Raumelement normale Anisotropie zeigt, zum Unter-
schied von den normalen und anormalen Kristallen, bei welchen
letzteres der Fall ist, ,,halbisotrope Kristalle" zu nennen. Die
meisten wirklich beobachteten Kristalle gehören zu diesen.2°)
VII. Pseudoisotrope Hassen von Ammoniumoleat.
Sowohl bei Ammoniumoleat wie auch noch besser hei Le-
cithin macht man im Dunkelfeld gekreuzter Nicols die zunächst
überraschende Beobachtung (bei geringerem Gehalt an Alkohol),
daß die hellglänzenden Kriställchen oder Pseudokristalle immer
kleiner und kleiner werden und schließlich völlig verschwinden.
Bei Ammoniumoleat zeigt sich die Erscheinung auch in gewöhn-
lichem Licht, während sich bei Lecithin die Kristalle zu runden
isotropen Tropfen zusammenzuziehen scheinen.
Dieses scheinbare Verschwinden der Kriställchen beruht, wie
ich schon vor längerer Zeit erkannt habe^), darauf, daß sich,
sobald ein solches Kriställchen mit einer Glasfläche in Berührung
kommt, die optische Achse senkrecht zum Glase stellt derart,
daß es zwischen gekreuzten Nicols für den Beobachter ver-
schwindet. Im natürlichen Licht geschieht bei Ammoniumoleat
das gleiche, weil der Brechungsquotient für in der Richtung
der Achse verlaufende Strahlen (d. h. der der ordentlichen
Strahlen) gerade gleich dem der Lösung ist, aus welcher sich
die Kristalle ausscheiden. Man kann sich hiervon auch bei
Querdurchsicht, d. h. bei liegenden Kristallen überzeugen, da
diese bei Drehung im polarisierten Licht jeweils verschwinden,
wenn die kurze Nicoldiagonale quer zur Längsrichtung steht,
während sie mit scharfen Umrissen hervortreten, wenn sie der
2°) In den LerA. & D. PA?/s. Gea. 75, 338, 1911 nannte ich sie ebenso
wie FRiEDEL u. GRANDJEAN a. a. 0. „Pseudokristalle", doch ist diese Be-
zeichnung irreieitend, insofern man glauben könnte, die Pseudokristalle seien
etwas ganz anderes wie gewöhnliche Kristalle, während sie doch genau wie
diese wachsen und sich auflösen können und aus demselben Stoff bestehen.
21) 0. LEHMANN, ÜGcJ. Ü)!M. 56, 786, 1895.