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Lehmann, Otto:; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 22. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 1 — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37294#0038
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38

0. Lehmann:

XV, Ganz isotrope Mischkristalle und erzwungene
Homöotropie.
Der vollkommen kreisförmige Querschnitt der halbisotropen
flüssigen Kristalle sowie die vollkommene Kreisform der Basis
der besprochenen doppeltkonischen Störungen sind exakte Be-
weise dafür, daß in diesen pseudoisotropen Massen nur die
Hauptachsen der Moleküle parallel, die Nebenachsen dagegen
völlig regellos orientiert sind. Das Vorhandensein unendlich
vieler Symmetrieebenen durch die Achse wäre sonst nur zu er-
klären durch radiale Struktur wie bei den zylindrischen
Störungen z. B. in den Höfen der Kerne von Kristalltropfen,
die aber (wenigstens bei den homogenen halbisotropen Kristallen)
deshalb ausgeschlossen ist, weil sie sonst in der Längsrichtung
zwischen gekreuzten Nicols betrachtet (was bei Anwendung der
rotierenden Kapillare keine Schwierigkeiten bietet), ein schwarzes
Kreuz wie Sphärokristalle zeigen müßten, mindestens bei etwas
schrägem Durchgang der Lichtstrahlen, während tatsächlich völlige
Dunkelheit wie bei einem isotropen Körper beobachtet wird.
Da nun die halbisotropen Kristalle hinsichtlich ihres Wachs-
tums, d. h. als Phasen betrachtet, sich genau ebenso verhalten
wie normale Kristalle, folgt, daß auch dann, wenn, wie dies
hier zutrifft, selbst in den kleinsten Raumelementen keine nor-
male Anisotropie (Raumgitteranordnung) mehr vorhanden ist, die
wesentlichen Eigenschaften wie Löslichkeit, Schmelzpunkt, Dampf-
tension usw. nicht im geringsten beeinflußt werden.
Bekanntlich unterscheiden sich in dieser Hinsicht die
amorphen Körper sehr wesentlich von den kristallisierten. Sie
haben keinen Schmelzpunkt und keine reversible Löslichkeit,
sie können nicht wachsen. Ein Stück Kolophonium beispiels-
weise wächst nicht in einer Kolophoniumlösung, wie konzentriert
dieselbe auch sein mag. Die althergebrachte Ansicht, solchp
amorphen Körper seien nur unregelmäßige Zusammenhäufungen
derselben Moleküle, aus welchen die Kristalle bestehen, kann
also nicht richtig sein. Sollte man nun nicht dies dadurch direkt
beweisen können, daß man die Struktur einer pseudoisotropen
Masse von Ammoniumoleat weiterhin etwa durch Kneten derart
stört, daß auch die parallele Lagerung der Hauptachsen der
Moleküle unmöglich wird ?
Ich glaubte früher derartige ganz isotrope kristallinische
 
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