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Ewald, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1924, 9. Abhandlung): Die geodynamischen Erscheinungen des krystallinen Odenwaldes als Beispiel einer geoisostatischen Ausgleichsschwingung — Berlin, Leipzig, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.43852#0023
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Die geodynamischen Erscheinungen des krystallinen Odenwaldes usw. 23

die Raumbildung des Hornblendegranites aufgebracht war, und müssen
uns also fragen, wo dieses neue Magma herkam.
Darauf gibt uns nun unser Schema die Antwort. Wir sehen gerade
an der Stelle der Schwingung, wo wir uns befinden, die größtmögliche
Entspannung überhaupt, nämlich eine Entspannung in allen Di-
mensionen des Raumes. Durch diese allseitige Entspannung mußte
der gespannte indifferente Gleichgewichtszustand der säkularflüssigen
Zone in einen labilen Gleichgewichtszustand übergehen, also die Massen
wirklich flüssig, d. h. tropfbar flüssig werden.
Mit anderen Worten, es bildete sich ein neuer selbstän-
diger peripherer Herd und das Magma mußte der stofflichen Zu-
sammensetzung der gespannten Masse (im wesentlichen Gneis) nach ein
Biotitgranit mittlerer Azidität sein.
Die Frage der peripheren Herde wird damit in ein ganz neues
Licht gesetzt. Da wir doch für alle vulkanischen Erscheinungen — Lava-
ergüsse ebensowohl wie Tiefenintrusionen — irgendwo einen flüssigen
Herd annehmen müssen, der den Vulkan oder die Intrusion speist,
da wir aber aus der wechselnden Zusammensetzung einerseits, aus geo-
physikalischen Beobachtungen andererseits keine Persistenz solcher
Herde annehmen können, so müssen sie an beliebigen Stellen
zu verschiedener Zeit entstehen können.
Für die Möglichkeit einer solchen Herdentstehung, die für Geo-
logen und Vulkanologen ein notwendiges Postulat ist, die aber von
vielen Geophysikern geleugnet wird, gab es bisher keine Erklärung.
Aber aus den recht einfach gewonnenen physikalischen
Bewegungsgesetzen haben wir durch genaues Vergleichen der
Druckänderungen innerhalb der Schwingungsphase hier eine
Stelle gefunden, die diese Möglichkeit bietet und sogar
bieten muß, wenn die Bewegung genügende Tiefe erreicht.
Durch die Druckverteilung einerseits, durch die infolge der Be-
wegung entstandene Spaltentektonik andererseits ist nun dem neugebil-
deten Magma seine Tätigkeit genau vor gezeichnet.
Es dringt aktiv aufschmelzend in breiter Front empor und wir
sehen in seinen außerordentlich großartigen Kontaktwirkungen alle Er-
scheinungen seiner Intrusionsmechanik heute in wunderbarer Treue
erhalten.
Da dieser Granit bei weitem die Hauptmasse aller Westodenwälder
Gesteine ausmacht, so nenne ich ihn im Gegensatz zu den anderen
Graniten den Hauptgranit, eine Bezeichnung, die ich der bisher
üblichen, älterer Biotitgranit oder grobkörniger Biotitgranit, vorziehe,
da dadurch seiner geologischen Stellung Rechnung getragen wird und
 
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